Lieferengpässe

Metronidazol komplett defekt APOTHEKE ADHOC, 06.02.2017 14:18 Uhr

Berlin - 

„Nicht lieferbar“ – diese Meldung gab es 2016 häufig in Apotheken. Doch das neue Jahr ist nicht besser, die Defektliste scheint nicht kürzer zu werden. Aktuell betroffen ist das Antibiotikum Metronidazol. Die Großhändler können die Tabletten teilweise von keinem Hersteller liefern.

Metronidazol wird von vielen Generikaherstellern angeboten, darunter Aristo, Aliud/Stada, Ratiopharm/AbZ, Hexal/1A und Heumann. Derzeit scheint kein Produkt über den Großhandel verfügbar zu sein. Stada räumt Rohstoffprobleme eines Lieferanten ein und gibt an, die Liefersituation werde sich voraussichtlich erst Mitte des Jahres wieder entspannen. Auch bei Hexal wird wegen Produktionsschwierigkeiten für die Packung à 14 Stück und 400 mg kein Nachschub vor Ende April erwartet; für die 20er-Packung wird derzeit kein Liefertermin genannt.

Heumann meldet auf Nachfrage, mit allen Normgrößen lieferfähig zu sein. Eine Information zu Problemen liege nicht vor. Auch Aristo gibt an voll lieferfähig zu sein, Ausnahme sei die Packung zu 24 Tabletten. Caelo kann seine Rezeptursubstanz ebenfalls liefern, es sei „ausreichend vorrätig“, so das Unternehmen.

Auch beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sind die Probleme noch nicht angekommen: „Bislang wurde von den Zulassungsinhabern weder beim BfArM noch bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) ein Lieferengpass bei Metronidazol-haltigen Arzneimitteln gemeldet.“ Probleme müssten auf freiwilliger Basis durch die Zulassungsinhaber übermittelt werden. „Derzeit wird dieses bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, die überwiegend zur Behandlung lebensbedrohlicher oder schwerwiegender Erkrankungen bestimmt sind und für die keine Alternativpräparate verfügbar sind, gesehen. Beispiele hierfür sind die Gruppe der Onkologika, Antibiotika, Notfallarzneimittel und Arzneimittel, die in Zusammenhang mit Operationen verwendet werden.“

Auf der Liste des BfArM ist derzeit außerdem Sultamicillin-Ratiopharm in der Stärke 375 mg zu finden. Ein Ende des Engpasses sei für das zweite Quartal in Sicht. Grund sei eine Änderung im Herstellungsprozess. Captimer (Tiopronin 250 mg, MIT Gesundheit) ist zur Zeit ebenfalls nicht lieferbar. Der Produktionsstandort sei nicht länger verfügbar, eine Genehmigung für eine neue Produktion sei aber bereits beantragt. Ende Februar/Anfang März wird Ware erwartet. Der Arzneistoff ist ein Chelatbildner und wird zur Behandlung von Schwermetallvergiftungen eingesetzt.

Bei Depocyte (Cytarabin, Pacira Limited/Mundipharma) wird ein Engpass in der Herstellung für März erwartet, der eine unbekannte Zeit andauern wird. Das Zytostatikum dient der intrathekalen Behandlung von Meningeosis lymphomatosa eingesetzt. Die Krebserkrankung mit Tumoren in den weichen Hirnhäuten geht mit einer schlechten Prognose einher.

Ultiva (Remifentanyl, GlaxoSmithKline) wird voraussichtlich im Februar eingeschränkt lieferbar sein. Verzögerungen in der Herstellung sind die Ursache für den Engpass. Das Analgetikum wird während der Einleitung und Aufrechterhaltung der Anästhesie und zur Schmerzbehandlung von künstlich beatmeten Patienten in der Intensivmedizin eingesetzt.

Für die Kombination Piperacillin/Trazobactam wurde im Januar der Notstand ausgerufen. Ursache war ein Betriebsunfall im größten Herstellungsbetrieb des Wirkstoffes. Bereits im Dezember schlugen die Fachgruppen Alarm. Ärzte mussten auf Alternativen ausweichen, die ein anderes Wirkspektrum aufweisen und zum Teil Resistenzen verursachen können. Noch vorhandene Ware wurde von Herstellern wie Hexal kontingentiert. Einziger Hersteller auf der aktuellen BfArM-Liste ist Teva: Der Konzern gibt an, aktuell keine verfügbare Ware zu haben, jedoch eine mögliche Zwischenlieferung zu klären.

Experten mahnten, das Medikament sei hochwirksam und unentbehrlich. Das bestätigte auch das Bundesgesundheitsministerium (BMG): „Insoweit wird festgestellt, dass es sich bei piperacillinhaltigen Arzneimitteln um Arzneimittel handelt, die zur Behandlung lebensbedrohlicher Erkrankungen benötigt werden, und dass ein Versorgungsmangel mit diesen Arzneimitteln vorliegt. Eine alternative gleichwertige Arzneimitteltherapie steht, insbesondere im Hinblick auf die Vermeidung von vermehrt auftretenden Resistenzen durch die Verwendung anderer Antibiotika, nicht zur Verfügung.“