Verantwortungsbewusstsein

Ab 12 Jahren: Spikevax vs. Comirnaty Alexandra Negt, 28.07.2021 08:59 Uhr

Kinder ab 12 können sich in Deutschland aktuell mit zwei Vakzinen impfen lassen. Kinder- und Jugendärzte sehen aber vor allem die Erwachsenen in der Pflicht. Foto: shutterstock.com/Mahsun Yildiz
Berlin - 

Seit vergangener Woche ist nun auch der mRNA-Impfstoff von Moderna für die Altersgruppe ab 12 Jahren zugelassen. Eltern können also wählen, ob sie ihren Sprössling mit Spikevax oder Comirnaty impfen lassen wollen. Eine Impfpflicht besteht nicht, die Stiko gibt darüber hinaus auch keine generelle Impfempfehlung. Kinder- und Jugendärzte sehen vor allem die Erwachsenen in der Pflicht.

Erwachsene sollten sich, solange keine Kontraindikationen vorliegen, mit einem der aktuell zugelassenen Vakzine impfen lassen, so die Meinung der Deutschen Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin (DGKJ). „Die Kinder haben eine viel zu lange Zeit der Zurücksetzung hinter sich. […] Kinder und Jugendliche mussten in den letzten Monaten Rücksicht auf uns nehmen und auf so vieles verzichten. […] Für die große Mehrheit unserer Gesellschaft ist die Impfung mittlerweile sicher, schnell und leicht erreichbar. Ich richte einen dringenden Appell an alle Erwachsenen, ihr Impfangebot anzunehmen und sich impfen zu lassen, um unsere Kinder zu schützen“, plädiert Professor Dr. Jörg Dötsch, Präsident der DGKJ.

Der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) Dr. med. Thomas Fischbach geht sogar noch einen Schritt weiter und mahnt die Erwachsenen vor den Folgen des Lockdowns: „Wir müssen davon ausgehen, dass die Folgen der Lockdown-Maßnahmen für diese Altersgruppe schwerwiegender sind als die Krankheit selbst. Deutlich vermehrt wurden bei Kindern psychische Beeinträchtigungen, Bewegungsmangel und Übergewicht bis hin zu Adipositas sowie Bildungsdefiziten diagnostiziert.“

Kritik an Teilnehmer:innen-Zahl und Nachbeobachtungszeit

Zu den größten Kritikpunkten für skeptische Eltern gehört die geringe Anzahl an Kindern und Jugendlichen, an denen der Impfstoff getestet wurde. Auch die Stiko kritisiert die Studien: „Nach Ansicht der Stiko weisen die in der Zulassungsstudie durchgeführten Sicherheitsanalysen eine zu kurze Nachbeobachtungszeit (bis drei Monate) nach Impfung sowie eine zu geringe Zahl an eingeschlossenen Proband:innen auf“, so das RKI.

In der Zulassungsstudie von Biontech wurde die Sicherheit des Impfstoffs bei 2260 Proband:innen im Alter von 12 bis 15 Jahren untersucht. Die Aufteilung erfolgte etwa 1:1 in Impfstoff- und Placebogruppe. 91 Prozent der Proband:innen klagten über lokale Reaktionen wie Schmerzen an der Einstichstelle. Somit liegt der Anteil der betroffenen Proband:innen hier höher als bei den Erwachsenen. Des weiteren wurden bei 9 Prozent der Impflinge eine Schwellung und Rötung ausgemacht. Nach drei Tagen waren die Symptome bei den meisten Teilnehmer:innen verschwunden.

Auch die systemischen Impfreaktionen halten in den meisten Fällen nur ein bis zwei Tage an. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählten mit 78 Prozent Abgeschlagenheit und mit 76 Prozent Kopfschmerzen. 24 Prozent aller Kinder und Jugendlichen entwickelten Fieber. Nach der ersten Impfdosis nahmen 37 Prozent, nach der zweiten Dosis 51 Prozent Analgetika ein. Somit scheint auch bei Kindern und Jugendlichen die zweite Impfdosis mit einem mRNA-Impfstoff zu mehr unerwünschten Nebenwirkungen zu führen, als die Erstinjektion.

Der Impfstoff von Moderna ist erst seit vergangener Woche für Kinder ab 12 Jahren zugelassen. Die Sicherheit und Effektivität wurde an 3732 Kindern und Jugendlichen überprüft. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehörten auch hier Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, Myalgie und Schüttelfrost. Diese unerwünschten Ereignisse traten vor allem nach der zweiten Impfdosis auf.

Wirksam sind beide Impfstoffe. So kann für die Altersgruppe der 12- bis 18-Jährigen für Spikevax eine Wirksamkeit von 93 Prozent angegeben werden. Für Comirnaty liegt die Wirksamkeit innerhalb der Altersgruppe der 12- bis 15-Jährigen bei 100 Prozent. Aussagen zur Vermeidung von schweren Verläufen können nicht getroffen werden, da weder in der Impfstoff- noch in der Placebogruppe Covid-19-Fälle mit schwerem Verlauf oder Covid-19-bedingte Todesfälle auftraten.

Andere Länder sprechen sich für die Impfung aus

Doch trotz geringerer Teilnehmerzahlen in den zulassungsrelevanten Studien liegen weitere Erkenntnisse und Erfahrungswerte aus der Praxis vor. In anderen Ländern wie beispielsweise Israel und den USA haben bereits zahlreiche Kinder zwischen 12 und 16 Jahren eine Impfung erhalten. In Israel wurden bis Anfang Juli rund 36 Prozent aller 10- bis 19-Jährigen mit Comirnaty geimpft. In Amerika haben bislang über acht Millionen 12- bis 18-Jährige zumindest eine Impfdosis erhalten. Auch in anderen EU-Ländern wird die Immunisierung seitens der nationalen Impfkommission empfohlen. So raten Polen, Italien und Frankreich zur Impfung.