Sars-CoV-2

Wucher: Wie sich Ebay-Verkäufer an der Epidemie bereichern APOTHEKE ADHOC, 01.03.2020 16:55 Uhr

Berlin - 

Krisen ziehen fast immer auch Gewinnler an, die sich an den Sorgen der Menschen bereichern wollen. Die aktuelle Epidemie des neuen Coronavirus Sars-CoV-2 ist da nicht anders – sie bringt sogar besonders drastische Fälle hervor. Speziell die Engpässe bei Desinfektionsmitteln und Atemmasken nutzen viele, um beides zu teils absurden Preisen zu feilzubieten. Und manche Anbieter werden sogar noch dreister.

Sterilium ist zur heiß begehrten Ware geworden. In den meisten Apotheken vergriffen, weichen besorgte Menschen zunehmend auf teils dubiose Angebote im Internet aus. Die Geschäftemacher waren wie immer schnell: Schon vor Wochen war beispielsweise die Seite corona-schutz24.de online, die schon Panik vor einem Ausbruch schürte, als es hierzulande nur den gut kontrollierten Infektionscluster in Bayern gab, und gleichzeitig zu überhöhten Preisen Atemschutzmasken verkauft. Die Seite ist nach wie vor online, scheint aber nicht mehr mit den Aktualisierungen der Nachrichtenlage hinterherzukommen. Kaufen kann man trotzdem noch. Eine einzelne FFP3-Maske kostet „nur 59,99 Euro“, wie die Seite bewirbt. Für 20 Euro mehr gibt es noch eine Plastikbrille obendrauf und für „nur 199,99 Euro“ gibt es das „Family“-Paket: drei Masken und drei Brillen. Wohlbemerkt: Die Seite wirbt damit, dass sie auf alle Angebote 35 Prozent Rabatt gebe.

Ebay: AVP mal 20

Laut Impressum stehen hinter der Seite zwei Kleinunternehmer aus Passau. Die wenigsten Händler machen sich jedoch die Mühe, eine eigene Website zu launchen: Es ist die Stunde der Marktplatzhändler auf Ebay und Amazon. Sucht man beispielsweise bei Ebay nach Atemschutz, fällt einem neben den generell überhöhten Preisen vor allem die große Preisspanne auf: Die aufgerufenen Preise reichen von relativ moderaten Summen bis hin zu Mondpreisen. Mittlerweile nicht mehr ungewöhnlich ist, dass Anbieter um die 50 Euro für eine FFP3-Maske nehmen.

Zum Vergleich: Der Listenpreis von FFP3-Masken des Herstellers FarStar Medical beträgt 51 Euro – für eine 20er-Packung. Selbst manche Wucherer legen dabei anscheinend Wert auf Mengenrabatt: Ein Anbieter auf Ebay bietet eine Zehnerpackung FFP3-Masken für 389,99 Euro an – und wirbt dabei noch mit einem „Multi-Rabatt“. Aber auch die normalen chirurgischen Atemschutzmasken scheinen noch sehr nachgefragt zu sein – obwohl sich mittlerweile herumgesprochen haben dürfte, dass sie gegen das Virus nutzlos sind. So verkauft ein weiterer Anbieter auf Ebay eine 50er-Packung der dünnen Stoffmasken für 99,99 Euro. Um solche Angebote zu finden, muss man aber nicht erst ins Internet. Ein Apotheker aus Frankfurt entdeckte kürzlich ein Angebot eines Großhändlers aus Hessen, über das er sich aufregte. Es waren die gleichen Masken zum gleichen Preis wie bei Ebay.

Bei Desinfektionsmitteln wiederum scheint sich der Preis auf Ebay auf hohem Niveau einzupendeln. „Normal“ sind um die 40 Euro für eine 500ml-Flasche Sterilium, es gibt aber einzelne Anbieter, die bis zu 95 Euro für eine einzelne Flasche wollen. Allerdings scheint sich dort noch stärker als bei den Atemschutzmasken die Grundidee von Ebay durchzusetzen: die Auktion. Viele Angebote haben auf den ersten Blick einen recht moderaten Preis – was daran liegt, dass sie noch ersteigert werden müssen. Wer genug Angst um seine Gesundheit hat, bietet lange genug mit, ist die Logik dahinter.

Geld gegen Information

Es geht aber immer noch perfider. So stand zuletzt ein Angebot online, das mit mehreren Flaschen und einem 5-Liter-Kanister Sterilium bebildert war. Preis: 5,99 Euro. Das Angebot hatte jedoch einen massiven Haken, der direkt im Artikelnamen zu lesen war: Für 5,99 Euro erhielt der Kunde nämlich nur die „Information, wo Sie Bode Sterilium Virugard Desinfektionsmittel günstig kaufen“.

Ein derartiges Spiel mit der Angst erzürnt zunehmend auch aufrichtige Apotheker. „Wir haben eine Notsituation, klar, aber ich finde es nicht in Ordnung, dass man sich daran bereichert und die Not der Menschen ausnutzt“, sagt zum Beispiel Murat Baskur, Inhaber der beiden Seeapotheken in Konstanz. Es gehe solchen Anbietern ausschließlich darum, eine maximale Gewinnmarge herauszuziehen. Dabei kennt er die Situation selbst nur zu gut: „Bei uns fragt zurzeit auch jeder nach Atemschutz und Desinfektionsmittel, beides gibt es aber nichts mehr“, erzählt er. „Auch als wir noch welche hatten, haben wir die weiter zu normalen Preisen verkauft. Als die Einkaufspreise für uns gestiegen sind, wurden sie natürlich auch teurer. Den Aufschlag haben wir aber trotzdem nicht erhöht.“ Aus seiner Sicht ist die aktuelle Entwicklung übrigens das beste Argument für die Preisbindung.