Rezeptbuch „Der kochende Apotheker“

„Wir haben eine schlechtere Esskultur als die Neandertaler“

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Berlin -

Ernährung ist eines der Steckenpferde von Apotheker und Präventionsmanager Ralph Olesinski. Seit 25 Jahren betreibt er die Adler-Apotheke im nordrhein-westfälischen Waldbröl und hat mit seinen Mitarbeitern in dieser Zeit ein hohes Anspruchsdenken entwickelt. So möchte es Olesinski nicht bei bloßer Ernährungsberatung belassen. Mit dem „Brain and Food“-Konzept hat der Apotheker ein ganzheitliches Gesundheitscoaching entwickelt, das im Kopf seiner Kunden ansetzt. Zudem hat der Inhaber ein Rezeptbuch geschrieben, das zeigt, wie gesunde Ernährung funktionieren kann.

Von Diäten und Verboten hält Olesinski nichts. „Jedes Jahr im Januar kommen zahlreiche Neuerscheinungen zum Thema Gesundheit. Die Menschen werden regelrecht damit zugeballert“, seufzt der Apotheker. Die in diesen Ratgebern vermittelten Weisheiten hielten dem Praxistest oft nicht stand: „Jeder kennt diese Tipps wie ‚Keine Kohlehydrate nach 18 Uhr‘. Dabei geht es darum, die richtigen Kohlehydrate zu sich zu nehmen.“

Es sei oft ein Kampf gegen die Presse: „Ich muss da echt Aufklärungsarbeit bei den Menschen leisten“, zeigt sich Olesinski kämpferisch. Jemanden zu einem gesunden Lebensstil überzeugen, wolle er dabei nicht: „Ich begleite diejenigen, die es aus eigenem Antrieb wollen.“ Ohne die richtige Einstellung gehe es nun einmal nicht, sonst verpuffe der Effekt seines Konzeptes.

Dieses beinhalte, den inneren Schweinehund nicht zu bekämpfen, sondern diesen zum Freund zu machen. „Wenn ich verstehe, was mich daran hindert, meine Vorsätze umzusetzen, kann ich mich darauf vorbereiten“, erklärt Olesinski. Von diesem Hinweis abgesehen, verzichtet der Apotheker auf allgemeingültige Tipps, wie sie in den Medien oft zu sehen seien: „Wir dürfen Beratung nicht verallgemeinern.“ Irgendwelchen vermeintlichen Trends aus Zeitschriften hinterherzulaufen, bringe nichts. Sein Konzept solle weit über die Beratung hinausgehen und zu Mentoringprogramm werden.

Denn was für den einen Menschen gut sei, müsse bei einem anderen nicht funktionieren. Auch deswegen verzichtet Olesinski auf Verbote oder Diäten. „Wichtig ist ein Gesundheitsbewusstsein, dass es den Menschen ermöglicht, gesund alt zu werden. Das ist das größte Geschenk“, so der Inhaber. Diese Einstellung erläutert er anhand eines Beispiels: „Wenn wir unser Auto tanken, wissen wir, was dort reinkommt. Ein Diesel kriegt kein Benzin. Bei unserer Ernährung greifen wir jedoch oft zu Dingen, bei denen wir über die Zutaten nicht Bescheid wissen.“

Deswegen folge sein Rezeptbuch „Der kochende Apotheker“ einem Grundsatz: Essen, das keine Zutatenliste hat, sondern bei welchem der Kunde alle Bestandteile selbst kauft und zubereitet. „Die Rezepte basieren auf eiweißoptimierter Vollwertkost und Nachhaltigkeit“, erläutert Olesinski. „Ich bin selbst leidenschaftlicher Koch, habe mich aber natürlich von professionellen Köchen inspirieren lassen“, verrät der Apothekeninhaber.

Die Gerichte habe er alle zunächst selbst ausprobiert und danach seinem schärfsten Kritiker vorgesetzt: seinem zehnjährigen Sohn. Sobald das Rezept den Familientest bestanden hatte, kam es ins Kochbuch. „Im Buch werden alle Generationen fündig, auch Vegetarier finden passende Rezepte“, sagt Olesinski. Auch wenn er natürlich für Gesundheit werbe, finden sich auch Naschereien wie Waffeln und Pfannkuchen im Buch. „Ich verbiete nichts, auch Zucker nicht. Aber ich appelliere an die Menschen, ihr Essen selbst zu machen.“

Die deutsche Küche sei reichhaltig und vielfältig. Auch Ausreden wie „keine Zeit“ zählen für Olesinski nicht – alles eine Frage der Vorbereitung. Dann käme auch niemand in die Verlegenheit, sich etwas holen zu müssen. „Diese To-Go-Mentalität ist einfach Mist. Da isst man nur Aromen, keine richtigen Zutaten mehr. Wir haben eine schlechtere Esskultur als die Neandertaler“, kämpft der Apotheker leidenschaftlich für mehr Gesundheitsbewusstsein. „Die Leute sollten nur das essen, von dem sie wissen, was es ist“, appelliert der Inhaber.

Um möglichst viele Menschen zu erreichen, ist Olesinski auf vielen Feldern aktiv. Er hält Vorträge in Schulen, gibt Webinare und hat neben „Der kochende Apotheker“ noch weitere Bücher geschrieben. Mehrmals im Jahr bringt er die Teilnehmer seines Mentoringprogramms zu einem sogenannten „Foodcamp“ zusammen. Auch in seiner Adler-Apotheke etablierte der Inhaber eine entsprechende Einstellung: „Meine Mitarbeiter sind Fans von meinem Engagement. Zusammen haben wir einen hohen Anspruch an uns selbst, wissen um unsere große Verantwortung.“

Umso mehr schmerze ihn die Deklassierung durch die Politik: „Es verletzt mich, so behandelt zu werden. Wir sind Fachleute für Arzneimittel, haben ein umfangreiches Studium absolviert. Wenn wir nicht diese Beratungen leisten, wer dann?“ Ohne Herzblut sei es nicht möglich, Apotheker zu sein. „Aber es ist ein toller Beruf“, stellt Olesinski klar. „Ich wollte eben nur mehr sein als das“, erklärt er sein vielfältiges Engagement. Bei seinen Kunden kommt das an: „Meine Beratungen werden sehr gut angenommen. Und wer einmal das Thema Ernährung als Teil eines ganzheitlichen Gesundheitskonzepts verstanden hat, dem macht es auch Spaß.“

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