Pfusch-Prozess

Vater des Zyto-Apothekers in Andacht für Betroffene

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Essen -

Bisher erschien Peter S., Angeklagter im Zyto-Skandal, von den Geschehnissen unbeeindruckt. Jetzt zeigte er erstmals eine Gefühlsregung, wurde laut anwesenden Augenzeugen sogar blass. Der Grund: Sein Vater war überraschend im Kreise Betroffener aufgetaucht.

Heike Benedetti, Nebenklägerin im Prozess, erzählte im Gerichtssaal ein Erlebnis und alle hielten inne. „Wir hatten am Mittwoch eine Andacht für Betroffene. In der letzten Reihe saß ein älterer Herr. Wir haben ihn dann nach vorne geholt. Er tat mir sehr leid, er war sehr betroffen. Es war der Vater von Herrn S., in sich versunken. Ich bin danach auf ihn zugegangen. Er gab mir die Hand, ich habe mich bedankt, dass er da war. Er hat sich wiederum bedankt, sagte, dass es ihm leid täte, was uns widerfahren ist.”

Am 15. Januar sind die Eltern von S. als Zeugen vor Gericht geladen. Bislang geht man davon aus, dass sie von ihrem unbeschränkten Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen werden. Ein Anwalt der Nebenklage forderte, dass das Ereignis mit dem Vater in der Beweisaufnahme berücksichtigt werden solle. Dies wurde im Gerichtssaal sogleich mit einem Kopfschütteln eines der Verteidiger von S. quittiert.

Nach der Weihnachtspause geht der Prozess in Essen am Montag, den 8. Januar weiter. Für diesen Tag sind zwei Zeugen geladen. Der eine ist ein Fahrer, der für die Alte Apotheke auslieferte, der andere eine ehemalige Mitarbeiterin. Läuft alles nach Plan, soll der letzte Verhandlungstag im Zyto-Prozess am 13. März 2018 stattfinden.

Im Prozess um mutmaßlich gestreckte Krebsmedikamente sollten gestern sechs Mitarbeiter der Alten Apotheke in Bottrop als Zeugen gehört werden. Allerdings machten die Richter laut Correctiv-Bericht gleich zu Beginn der Sitzung klar, dass den Angestellten ein umfassendes Aussageverweigerungsrecht zustehe. Bereits bei der Polizei hatten fünf von ihnen die Aussage verweigert. Im Gerichtssaal verweigerten schließlich alle Mitarbeiter die Aussage.

Als erste Zeugin berief sich PTA Jutta S. auf ihr Recht zu schweigen. „Ich mache keine Angaben“, wird sie von Correctiv zitiert. Auch die zweite Mitarbeiterin verweigerte die Aussage. Als Marc F. – laut Whistleblowerin Marie Klein „rechte Hand und Kopf“ des angeklagten Apothekers Peter S. – an der Reihe war, intervenierte die Nebenklage.

Denn die Mitarbeiter wurden vom selben Anwalt vertreten – ein Verstoß gegen berufsrechtliche Vorschriften, wie die Vertreter der Opfer beziehungsweise ihrer Angehörigen fanden. Denn es sei nicht klar, ob die Mitarbeiter dieselben Interessen hätten. Alle Nebenkläger schlossen sich laut Correctiv dem Antrag an, der Staatsanwalt enthielt sich. Die Richter lehnten es schließlich ab, den Rechtsanwalt aus dem Saal zu verweisen.

Zwischenzeitlich stellten laut Correctiv Anwälte der Nebenklage infrage, dass es ein vollumfängliches Verweigerungsrecht gebe. Der Nebenklage dürfe nicht das Recht genommen werden, die Zeugen zu einzelnen Sachverhalten zu befragen. Es gebe keinen Grund, Fragen nach dem Betriebsklima oder ob es einen Hund in der Apotheke gegeben habe, nicht stellen zu dürfen, zitiert Correctiv einen der Anwälte. Nun wollen die Richter entscheiden, ob die Anwälte der Nebenklage ihnen im neuen Jahr einige Fragen stellen dürfen.

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