Menstruation

Tasse statt Tampon

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Berlin -

In Online-Foren werden sie als Mittel gegen den Watteberg aus Tampons angepriesen. Das Interesse an Menstruationstassen als Alternative zu Binden und Co. wächst. Aber wie funktionieren die eigentlich? Sind sie hygienisch und wirklich sicher?

Zugegeben, die Vorstellung behagt nicht jeder Frau: Das eigene Menstruationsblut in einer kleinen Tasse zu sammeln und diese dann auszuleeren ist eine eigenartige Vorstellung. Trotzdem haben Menstruationstassen den Weg in die Regale der Drogeriemärkte gefunden. In Zeiten ökologisch bewusster Lebensführung fragen sich immer mehr Frauen, ob Tampons und Binden nicht viel zu viel Müll produzieren.

„Die Menstruationstassen sind zwar noch ein Nischenprodukt, aber der Markt reagiert auf eine Nachfrage“, sagt Gabrielle Stöcker. Sie arbeitet in der Pro Familia Beratungsstelle Köln-Zentrum als Gynäkologin. „Vor ein paar Jahren gab es nur wenige Hersteller, inzwischen sind es deutlich mehr.“ Oft seien es umweltbewusste jüngere Frauen, die die Tassen nutzen.

Sabrina Haupt entspricht ziemlich genau dieser Beschreibung. Auf ihrem Blog beschäftigt sie sich mit Nachhaltigkeitsthemen, von der Plastiktüte beim Einkauf bis zum Ei vom Miethuhn. Menstruationstassen entdeckte sie vor drei Jahren auf einer Messe. „Ich musste mich auch erst überwinden“, sagt Haupt. „Man ist direkt in Kontakt mit dem Menstruationsblut – da muss man schon ein sehr gutes Verhältnis zum eigenen Körper haben.“

Die glockenförmigen Tassen – meist aus weichem medizinischem Silikon, werden zusammengefaltet und wie Tampons längs in die Scheide geschoben. Sie entfalten sich dann von allein. „Die Muskeln in der Vagina umschließen die Kappe rundherum“, erklärt Petra Bentz vom Feministischen Frauengesundheitszentrum in Berlin. Die Flüssigkeit sammelt sich im Becher, je nach Modell fassen die Cups 15 bis 40 Milliliter Menstruationsblut.

Sie sollten einige Male am Tag, spätestens aber nach zwölf Stunden, geleert werden. Dazu greift man ans Ende der Tasse, an der sich meist ein Stiel befindet, und zieht sie vorsichtig heraus. Um das Vakuum zu lösen, kann es helfen, den Becher herauszupressen, ihn hin und her zu bewegen oder leicht zusammenzudrücken.

Der Inhalt wird anschließend in die Toilette geschüttet. Danach lässt sich der Becher mit Wasser ausspülen oder unterwegs mit speziellen Reinigungstüchern auswischen. Expertinnen empfehlen, die Tasse regelmäßig nach der Periode zum Sterilisieren in einem Topf mit Wasser auszukochen. Manche Hersteller bieten auch spezielles Reinigungszubehör an.

Bloggerin Haupt stieg auf die Tassen um, weil sie umweltfreundlicher sind. Der Müllberg bei konventionellen Monatshygieneartikeln wachse über die Zeit immer weiter, sagt die Wienerin. Im Laufe ihres Lebens verbraucht eine Frau nach Schätzungen der auf Nachhaltigkeit spezialisierten Online-Plattform „Utopia.de“ bis zu 17.000 Einwegbinden oder -tampons.

Menstruationstassen sind allerdings nicht die einzige Alternative, wenn man weniger Müll produzieren will, erklärt die Gynäkologin Doris Scharrel vom Berufsverband der Frauenärzte. Es gibt auch wiederverwendbare Naturschwämme und waschbare Einlagen als Ersatz für Tampons und Binden.

Im Vergleich zu einer Packung Tampons oder Binden ist eine Menstruationstasse recht teuer: Die günstigsten Varianten sind für knapp 16 Euro zu haben. Spezielle Sets mancher Hersteller können bis zu 50 Euro kosten. Trotzdem ist für viele Nutzerinnen der Preis ein Argument für die Becher. Petra Bentz rechnet vor: „Pro Monatsblutung investiert man etwa drei Euro für Tampons oder Binden.“ Aufs Jahr gerechnet ließen sich mit der Summe sogar zwei Kappen kaufen.

Die sollen je nach Herstellerangaben bei richtiger Pflege bis zu zehn Jahre wiederverwendet werden können. Gynäkologin Stöcker hält das beim verwendeten Material für realistisch. Sie hegt aber Zweifel, ob einzelne Frauen es mit ihrem persönlichen Hygieneempfinden vereinbaren können, jahrelang denselben Becher zu nutzen.

Für Scharrel haben die Tassen bei einer erwachsenen, gesunden Frau weder Vor- noch Nachteile. Gynäkologin Gabrielle Stöcker sieht dagegen einen Vorteil: Die Tassen sammeln die Flüssigkeit, saugen sie aber nicht auf. Das sei für eine gesunde Scheidenflora besser. Gerade für Frauen mit trockenen Scheiden könnten die Becher besser geeignet sein.

Bei vaginalen Infektionen mit Jucken, Brennen und vermehrtem, riechendem Ausfluss sollten sie Scharrel zufolge jedoch nicht angewendet werden. Auch bei anatomischen Besonderheiten wie einer noch engen Scheide bei jungen Mädchen, beim Wochenfluss nach einer Geburt oder einer Senkung der Gebärmutter kommen sie besser nicht zum Einsatz. Im Zweifelsfall können Frauen ihren Gynäkologen fragen, ob die Tassen für sie geeignet sind.

Stöcker verweist darauf, dass es mindestens einen Fall des Toxischen Schocksyndroms (TSS) im Zusammenhang mit einer Menstruationstasse gibt. TSS wird durch eine Infektion mit Streptokokken ausgelöst und kann zum Organversagen führen. Weil TSS immer wieder mit Tampons in Verbindung gebracht wurde, raten die Hersteller, Tampons häufig zu wechseln. Entsprechend regelmäßig sollte auch die Tasse geleert, gereinigt und nach Ende der Periode möglichst sterilisiert werden.

Bloggerin Haupt ist nach einem Jahr mit Tasse zufrieden. Inzwischen treibt die 30-Jährige mit ihr Sport und geht sogar schwimmen. „Es dauert, bis man sich daran gewöhnt, aber ich spüre sie schon gar nicht mehr.“ Auch Stöcker rät Umsteigerinnen zur Geduld. Sie sollten sich Zeit nehmen und beraten lassen, um das von Größe, Form und Material passende Modell zu finden. „Dann muss man es schlicht ausprobieren, nicht immer klappt es beim ersten Anlauf.“

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