Flüchtlingsapotheker

Multikulti in der Riga-Apotheke

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Berlin -

Der syrische Apotheker Rabia Alhasan ist 2013 mit seiner Familie aus der Isis-Hochburg Rakka nach Deutschland geflohen. Nun hat er wieder Hoffnung, schon bald als Apotheker zu arbeiten. Auf dem Weg dahin absolviert er sein einjähriges Praktikum als Pharmaziepraktikant in der Riga Apotheke von Michael Steinhoff in Soest.

„Rabia Alhasan stand eines Tages einfach in der Apotheke und fragte, ob er bei mir ein Praktikum machen kann“, erinnert sich Steinhoff an das erste Treffen mit dem syrischen Flüchtling. „Für unser Team stand schnell fest, dass wir ihn unterstützen wollen“. Zunächst war es aber notwendig, dass Alhasan besser deutsch lernt und alle erforderlichen Unterlagen einreicht. Auch musste er die Fachsprachenprüfung bestehen, da sie eine Voraussetzungen für das Praktikum ist.

Seitdem ist ein Jahr vergangen. Steinhoff hat das Versprechen gehalten und gab seinem syrischen Kollegen die Chance, in seiner Apotheke zu arbeiten. Denn jetzt geht es für Alhasan mit dem Lernen erst richtig los. „Zwar wollen die Kunden auf der ganzen Welt gleichermaßen beraten werden. Ein Apotheker in Deutschland übernimmt aber weit mehr Aufgaben als in Syrien“, erklärt Steinhoff. So gebe es hierzulande eine in Syrien unbekannte Vielfalt in der Selbstmedikation. Auch müsste syrische Apotheker beispielsweise keine Rezepturen herstellen, sondern lediglich fertige Arzneimittel abgeben, ergänzt Alhasan. Von deutschen Besonderheiten wie Rabattverträgen ganz zu schweigen.

Zwölf Jahre lang führte der Vater einer Tochter und eines Sohnes im syrischen Rakka eine Apotheke – genauso wie sein Vater zuvor. Anfang 2013 hat sich Alhasan mit seiner Familie auf den Weg gemacht, um vor dem Krieg zu flüchten. Denn inzwischen ist seine Heimatstadt zu einer Isis-Hochburg geworden. Die Kämpfer haben seine Wohnung besetzt und die Apotheke geschlossen, erzählt er.

Ein Jahr lang lebte er in der Türkei. Allerdings hätte er dort aufgrund der gesetzlichen Lage nie wieder als Apotheker arbeiten dürfen, berichtet Alhasan. Von seinen Brüdern, die bereits in Deutschland lebten, habe er gehört, dass die Bundesrepublik Flüchtlingen vergleichsweise viele Möglichkeiten biete.

Die Hoffnung, irgendwann wieder in seinem Beruf arbeiten zu können, habe er nie aufgegeben, auch wenn es ihm zwischendurch sehr schwer gefallen sei. Man müsse aber immer nach vorn schauen und für seine Ziele hart arbeiten. „Wie die Deutschen so treffend sagen: Es gibt nicht Gutes, außer man tut es“, sagt Alhasan und lacht.

Seiner angenommen hat sich in der Ring-Apotheke Dr. Nasli Melner, eine Apothekerin, deren Familie aus dem Iran stammt. „Mein Vater, ebenfalls Apotheker, ist vor vielen Jahren nach Deutschland gekommen. Damals hatte er Glück und wurde von vielen Menschen unterstützt, sodass er wieder in seinem Beruf arbeiten und sich gut integrieren konnte“, erzählt Melner. Jetzt möchte sie ihrerseits Alhasan auf seinem Weg zur deutschen Approbation begleiten und unterstützen.

Bevor es soweit ist, müsse er sich allerdings viele Fertigkeiten und eine Menge Wissen aneignen. Da wäre die rechtliche Ebene mit dem Apothekenrecht, der Apothekenbetriebsordnung, und Betäubungsmittelvergabe-Verordnung. Auf der anderen Seite müsse er die leitliniengerechte Beratung von Patienten, das Kassenprogramm, die Handhabung von Rabattverträgen und viele andere für eine eigenständige Ausübung des Apothekerberufes unabdingbaren Aufgaben beherrschen. Alhasan lernt nun, begleitet durch praxisunterstützenden Unterricht an der Universität Düsseldorf, die Abläufe in der Apotheke kennen. „Es funktioniert auch schon ganz gut“, berichtet Melner. Alhasan sei bereits in der Lage, unter Aufsicht die Kunden der Apotheke zu betreuen, lobt seine Mentorin.

„Die deutsche Politik hat es mir ermöglicht, nach Deutschland zu kommen. Ich habe eine Wohnung bekommen und eine Krankenversicherung. Meine Kinder können in die Schule gehen“, lobt Alhasan. „Auch ich tue alles in meiner Macht stehende, um mich zu integrieren und zu zeigen, dass Flüchtlinge nicht nur vom Staat leben, sondern hier arbeiten und als vollwertige Mitglieder der deutschen Gesellschaft leben wollen.“

Die Bemühungen der Politik und der Flüchtlinge alleine würden aber nicht reichen. Eine immense Bedeutung für die Integration der Flüchtlinge haben nach Auffassung von Alhasan die Arbeitgeber. „Hätte Michael Steinhoff mir nicht die Chance gegeben, das Praktikums in seiner Apotheke zu absolvieren, hätte das alles nicht viel genutzt“, ist er überzeugt. „Wenn wir aber alle zusammenarbeiten, kriegen wir das auch hin“.

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