Zweitälteste Apotheke Deutschlands

Seit 760 Jahren: „Wir leben den Heilberuf“

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Berlin -

Deutschlands zweitälteste Apotheke feierte Geburtstag. Stolze 760 Jahre wurde die Engel Apotheke in Regensburg alt. Inhaberin Antje Bullmann beging das Jubiläum mit einer Festwoche und zahlreichen Aktionen. In die Zukunft soll es auch weiter auf eher untypischen Wegen gehen: Ohne Ärztehaus oder Parkplätze in der Nachbarschaft, aber dafür mit einem klaren Fokus auf Beratung. „Wir wollen den Heilberuf leben“, macht Bullmann klar.

An Werbemaßnahmen habe sie sich bisher nicht ausprobiert, sagt die Pharmazeutin, die 2006 in der Apotheke arbeitet und diese seit mittlerweile vier Jahren leitet. Zum Apothekenjubiläum sei es dann aber doch so weit gewesen. Bullmann ließ Flyer drucken und verbreitete die frohe Geburtstagskunde in den regionalen Medien. Der Aufwand sollte sich lohnen: „Viele Kunden kamen in der Festwoche zu uns und lobten, was für Aktionen wir uns ausgedacht hatten“, berichtet die Apothekeninhaberin.

Unter anderem hatte die gebürtige Cottbusserin ein Gewinnspiel aufgesetzt. Auf einem Flyer waren Bilder der zehnköpfigen Belegschaft zu sehen – eines aus Kindertagen, eines aus aktuellen Tagen. Wer die Kinderfotos dem jeweiligen Mitarbeiter richtig zuordnete, hatte die Chance auf einen Reisegutschein. Doch auch Vorträge über Naturheilkunde, Kosmetikaktionen, ein Glücksrad oder ein Dufträtsel für Kinder gehörten zum bunten Programm während der Festwoche.

Das hohe Alter sei der Engel Apotheke heute aber nur noch bedingt anzusehen. „Einer der Vorbesitzer hat die historische Einrichtung in den 70ern herausreißen lassen und durch eine moderne ersetzt“, erklärt Bullmann. Deutlich traditioneller komme hingegen die Fassade der Apotheke daher: „Wir befinden uns in einem Altbau aus dem 15. Jahrhundert mit einem historischen Gewölbe“, so die Inhaberin. Zu sehr will Bullmann den Fokus jedoch nicht auf den Titel „zweitälteste Apotheke Deutschlands“ lenken: „Bei uns steht vielmehr der Engel als Symbol für den Heilberuf im Vordergrund.“

Mit einem klaren Bekenntnis zum Beratungsgespräch will die Inhaberin die Apotheke in die Zukunft führen: „Wir gehen einen eher untypischen Weg. Es gibt keinen Arzt oder gar ein Ärztehaus in der Nähe, sodass unser Arbeitsalltag nicht so stark aus Rezepte einlösen besteht“, erläutert Bullmann. Das sei Fluch und Segen zugleich. „Aber mir als Apothekerin macht unser Weg deutlich mehr Freude. Und die Kunden honorieren das auch“, freut sich die Apothekeninhaberin. Die Entscheidung, die Engel Apotheke zu übernehmen, war dennoch mehr Bauch- als Kopfentscheidung: „Ein Externer hätte die Apotheke wohl nicht genommen. Für mich war es nach all den Jahren halt eine Herzensgeschichte.“

Denn auch die Engel Apotheke kämpfe mit den branchenüblichen Schwierigkeiten. „Die Kundenfrequenz in der Altstadt nimmt ab. Aber das betrifft ja nicht nur uns, sondern alle Geschäftstreibenden“, so Bullmann. Ob sich Apotheken langfristig halten können, will die Pharmazeutin nicht vorhersagen: „Wer weiß das schon? Vielleicht kommen die Medikamente bald nur noch mit der AOK-Drohne. Vor zwanzig Jahren konnte sich ja auch noch niemand vorstellen, dass alle Menschen mit Handys rumlaufen.“

Auch das Kundenverhalten habe sich geändert. „Die Patienten glauben einem nicht mehr alles. Gerade, wer eine seltene Krankheit hat, weiß doch darüber viel besser Bescheid als wir“, so die Apothekerin. „Es braucht deshalb einen Dialog auf Augenhöhe mit den Kunden, dann wissen diese unseren Beruf auch zu schätzen.“ Für ihren Berufsstand wünscht sich Bullmann künftig mehr Stabilität: „Wir bräuchten aus der Politik ein klares Signal, wo es hingeht. Es gibt zu viel hin und her und zu viele Kompromisse.“ Doch auch die Apotheker selbst seien in der Verantwortung. „Wir müssen den Heilberuf leben und unseren Mehrwert für den Patienten spürbar machen. Schließlich sind wir Tag und Nacht für sie da“, so Bullmann.

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