Nichts Neues aus Schleswig-Holstein

PKA-Story im Spiegel: „Breaking Bad“ in Norderstedt

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Berlin -

Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ präsentierte seinen Lesern kürzlich eine „Räuberpistole“ aus Norderstedt. Unter dem Titel ‚„Breaking Bad“ in Norderstedt‘ berichtete der Autor von einer PKA aus Schleswig-Holstein, die Teil eines Rings aus Drogenhändlern und -herstellern gewesen sein soll. Die Story lief sogar im Bezahlbereich des Spiegels. Das suggeriert Exklusivität und geldwerten Nachrichtengehalt. Allerdings: Die Geschichte ist längst bekannt und fast ein Jahr alt. 

Bereits im November 2019 verbreitete die Nachrichtenagentur dpa die Ereignisse aus einer Norderstedter Apotheke: Laut Kieler Zollfahndung soll die 43-Jährige jahrelang ihren Betrieb beklaut und damit den Schwarzmarkt beliefert haben. Seit 2012 habe sie Arzneimittel im Wert von 500.000 Euro entwendet und auf dem Schwarzmarkt verkauft. Ihr droht eine mehrjährige Haftstrafe. Der Spiegel-Titel „Breaking Bad“ erinnert an die sehr erfolgreiche Netflix-Serie über einen braven Chemielehrer, der nach seiner Krebserkrankung zum mordenden Drogenkocher wird, um seine Krankenhauskosten zu decken. Ganz so wild liefen die Dinge in Norderstedt aber nicht. Vor allem aber gibt es inhaltlich keine Neuigkeiten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt immer noch und eine Anklage ist nicht absehbar.

Bei ihren Ermittlungen gegen sechs mutmaßliche Drogenhändler haben Kieler Zollfahnder die mögliche Lieferantin der Medikamente ermittelt. Dabei soll es sich um eine 43-jährige pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte aus dem Raum Norderstedt handeln, teilte das Zollfahndungsamt Hamburg mit. Sie soll Arzneimittel im Wert von rund 500.000 Euro entwendet haben, darunter betäubungsmittelhaltige Medikamente, Dopingmittel und Potenzmittel, aber auch Präparate wie Schmerzmittel und die Antibabypille.

Schwerpunkt der vermuteten Diebstähle waren aber Dopingmittel. Mit den gestohlenen Medikamenten soll die 43-Jährige einen schwunghaften Schwarzhandel betrieben haben. Laut Polizei entwendete die Angestellte allein über 1700 Packungen Testosteron und fast 100 Packungen Genotropin. Allein das Wachstumshormon Genotropin hat einen Apothekenverkaufspreis von 3500 Euro prop Packung. Es wird in der Kraftsportszene illegal zur Leistungssteigerung genutzt.

Es sollen aber auch alle anderen, in einer Apotheke erhältlichen Produkte, wie zum Beispiel Kosmetik, Nahrungsergänzungsmittel, Bandagen und Zahnbürsten, gestohlen worden sein. Wie genau der Schwarzhandel funktioniert haben soll, wissen die Beamten noch nicht: Die Ermittlungen im gesamten Tatkomplex sowie zu den Vertriebswegen und Abnehmern sind nicht abgeschlossen.

Die sechs Drogenhändler, die bereits im März festgenommen wurden, sollen mit den Arzneimitteln die Codeinhaltige Partydroge Lean, auch Purple Drank genannt, hergestellt haben. Bei Lean handelt es sich um eine Droge, die aus mehreren verschreibungspflichtigen Medikamenten, Alkohol und Sirup hergestellt wird und von den Konsumenten dann mit Limonade gemischt konsumiert wird. Die Droge ist insbesondere durch die Wechselwirkungen der einzelnen enthaltenen Medikamente untereinander und den zugesetzten Alkohol besonders gefährlich.

Bei der Festnahme konnte die Polizei nach eigenen Angaben unter anderem verschreibungspflichtige Arzneimittel zur Herstellung von 40 Litern der Droge sicherstellen. Durch die umfangreichen Ermittlungen gegen die sechs Verdächtigen war die Polizei auf die Spur der PKA gekommen. Sie soll mit den Diebstählen bereits kurz nach ihrer Einstellung im Jahr 2012 zuerst im kleineren Umfang begonnen und sich dann über die Jahre gesteigert haben. Durch die Unterschlagung der verschreibungspflichtigen Arzneimittel erfüllte die 43-Jährige nach Polizeiangaben den Tatbestand des gewerbsmäßigen Diebstahls, der mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis maximal zehn Jahren bestraft werden kann.

 

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