Bottrop

Pfusch-Skandal: Betroffene gründen Verein APOTHEKE ADHOC, 13.04.2018 13:57 Uhr

Berlin - 

Unter dem Namen „Beag“ schließen sich heute Betroffene des Zyto-Skandals in Bottrop zu einem Verein zusammen. Der Name steht für Beobachten, Erkennen, Aufdecken im Gesundheitswesen.

Zu den Initiatoren gehört der Whistleblower Martin Porwoll, der durch seine Anzeige den Zyto-Skandal öffentlich machte. Der Verein richtet sich an Betroffene und an Menschen, die von Missständen im Gesundheitswesen wissen. Letztere wüssten oft nicht, an wen sie sich wenden könnten, da die traditionellen Patientenschutzvereine diesen Bereich nicht abdeckten. „Wir haben uns oft im Stich gelassen gefühlt“, sagt Porwoll über die Erfahrungen der Betroffenen des Zyto-Skandals.

Die Alte Apotheke ist laut Porwoll nicht der einzige Skandal. „Wir wollen die Taschenlampe sein, die in die dunklen Ecken scheint.“ Thematisch ist Beag breit aufgestellt, auch der Pflegebereich und Umweltschutz, etwa bei gesundheitsschädlichen Belastungen, gehören zum Einsatzgebiet. Als Verein würden die Aktivisten als Gesprächspartner ernster genommen, zum Beispiel wenn es darum geht, die Einhaltung von Versprechen nachzuverfolgen.

Porwoll ist optimistisch, dass die Gründung des Vereins sich relativ schnell in der Branche herumspricht. „Wir sind mittlerweile gut vernetzt.“ Beag will aber nicht nur Missstände aufdecken, sondern auch selbst aktiv werden. So fordert der Verein, dass die Krankenkassen sich ein Beispiel an der AOK nehmen und ebenfalls Vergleichsstudien zu den Krebsmedikamenten aus der Alten Apotheke veröffentlichen sollen.

Schwerpunktstaatsanwaltschaften für den Bereich Medizin sind ein weiterer Punkt, für den sich Beag einsetzt. Der Prozess gegen Peter S. habe gezeigt, dass die Strafverfolgung an ihr Limit gebracht werde, so Porwoll. Da die Themen so komplex seien, falle vieles durch Raster. Das erhöhe die Verlockung, kriminell zu werden.

Porwoll war kaufmännischer Leiter in der Alten Apotheke und kannte den Inhaber S. bereits seit Kindertagen. Als im Winter 2014 zwei Kolleginnen kündigen, erfährt er von den Gerüchten, dass S. Krebsmedikamente unterdosieren soll. Im Januar 2016 sucht er aus den Unterlagen alle Rezepte für das Medikament Opdivo heraus, rechnet zusammen und vergleicht mit den Einkaufsbelegen. Es fehlen 36.000 Milligramm, das sind mehr als zwei Drittel.

Seit er von dem Betrug weiß, wird von Zweifeln geplagt, will am liebsten verdrängen, wie er dem Recherchenetzwerk Correctiv später erzählt. Er erstattet Anzeige, doch es dauert Monate, bis die Ermittler zuschlagen. Als Folge seines Whistleblowings hat Porwoll seinen Job verloren.