Absurde Tipps in der Pandemie

NoCov-Pendel und Geheimzahl gegen Corona

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Berlin -

Wissenschaftler weltweit forschen unter Hochdruck an einer wirksamen Medikation gegen Covid-19 und einen Impfstoff gegen das Corona-Virus. In der Zwischenzeit versuchen Betrüger und Scharlatane mit der Angst der Menschen Geschäfte zu machen. Die Verbraucherzentralen warnen vor angeblichen „Wundermitteln“. Doch auch von offiziellen Stellen gibt es erstaunliche Tipps – wie ein internationaler Vergleich zeigt.

Die Verbraucherzentrale Hessen wurde auf dieses Angebot aufmerksam gemacht: Ein Zahlencode auf einem Aufkleber soll bewirken, dass „Viren und Bakterien gar nicht erst in das menschliche Immunsystem eindringen können“. Die Aufkleber sollen laut Empfehlung des Anbieters überall an öffentlichen Plätzen versteckt angebracht werden, damit sie ihre Schutzwirkung entfalten. Das 12er-Set vegane Outdoor Aufkleber kostet zehn Euro. Es helfe auch, den Zahlencode selbst zu schreiben – sichtbar oder unsichtbar.

Ein Unternehmen aus Weilburg will der Pandemie mit Pendeln begegnen. Hier gibt es das Pendel „Virenkiller“ für 39 Euro und das Pendel „NoCov“ für 25 Euro. Die Inhaberin des Shops schreibt auf Facebook „Man kann den NoCov auch vorbeugend wie eine Impfung verwenden.“ Und weiter: „Während der Virenkiller alle Viren eliminiert, ist der NoCov eher für Corona-Viren gedacht.“ Ein weiteres hessisches Unternehmen bietet aktiviertes Wasser in seiner Urform an. Es soll „Biologisch gegen Keime, Viren, Bakterien, Sporen und Pilze“ helfen.

„Während solche Tipps noch eher in die Kategorie ‚kurios, aber harmlos‘ einzuordnen sind, sind andere durchaus gefährlich – wie beispielsweise der Tipp, Arsen und Chlordiodix zum Schutz vor Ansteckung einzunehmen“, warnt die Verbraucherzentrale. Sie rät deshalb zu besonderer Vorsicht bei Angeboten von angeblichen Wundermitteln. Zurzeit häuften sich die Beschwerden und Nachfragen zu solchen Angeboten. Für Fragen zu Verbraucherrechten in der Corona-Pandemie gibt es eine kostenfreie Hotline.

Der Kampf gegen das Coronavirus führt auch weltweit zu teils abstrusen Ideen. Einige Menschen setzen auf uralte Traditionen, andere auf fragwürdige Praktiken. Und manche Vorschläge sind schlicht absurd.

Pflanzliche Heilmittel sind in vielen Kulturen tief verankert. Der Präsident der Afrika vorgelagerten Insel Madagaskar etwa stellte jüngst einen „Covid Organics“ genannten Gesundheitsdrink vor. Das auf Basis der heimischen Artemis-Pflanze hergestellte Getränk soll nach seinen Worten Immunität stärken, vor zahlreichen Viren und Fieber schützten – vor allem vor Lungenkrankheiten. Der Trank wurde an Schülerinnen und Schüler im Land verteilt, inzwischen haben auch andere afrikanische Länder Lieferungen bestellt. Allerdings warnte unter anderem der Leiter der medizinischen Akademie der Insel, der wissenschaftliche Erfolg des Trunks sei nicht nachgewiesen.

In Indien verkündete das Ayurveda-Ministerium bereits kurz nach dem Bekanntwerden der ersten Corona-Fälle, dass traditionelle Medizin gegen Covid-19 helfen könnte. Doch nach Kritik sagte die Regierung lediglich, dass Alternativmedizin das Immunsystem gegen das neuartige Coronavirus stärken könne, aber keine Heilung sei. Das Ministerium behauptete zunächst auch, dass Prinz Charles durch eine Ayurveda-Behandlung von Covid-19 geheilt worden sei – dies wies Charles Büro aber zurück.

In Venezuela gab es einen ähnlichen Vorschlag von Nicolás Maduro: Der Präsident empfahl zunächst auf Twitter eine Kräutermischung als Heilmittel gegen das Coronavirus. Der Post wurde inzwischen aber wieder gelöscht. Und Chinas Präsident Xi Jinping sagte, 90 Prozent der wieder genesenen Corona-Patienten hätten auch traditionelle chinesische Medizin erhalten.

In etlichen Ländern wird in der Corona-Krise auf traditionelle Medizin gesetzt. Etwa in Bolivien, wo es einen großen Anteil an Indigenen in der Bevölkerung und einen Minister für Traditionelle Medizin gibt. „In Bolivien haben wir Pflanzen, die helfen können“, meinte jüngst der stellvertretende Minister für traditionelle Medizin, Felipe Quilla Muni. Beliebt ist ein Dampf aus Eukalyptus und Kamille. Die Leute atmen diesen ein; etwa in Dampfkabinen, die in der Nähe einiger Krankenhäuser und Banken aufgestellt wurden.

In Indonesien ist seit Beginn der Covid-Krise die Nachfrage nach rotem Ingwer gestiegen, der das Immunsystem besonders stärken soll. Dadurch schossen die Preise in die Höhe. Ähnlich war das auf Sri Lanka bei Kurkuma-Pulver. Daraufhin setzte die Regierung dort eine Preisobergrenze fest.

Doch bei all dem Hype um pflanzliche Medikamente gegen Covid-19 mahnte jüngst die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Vorsicht. Auch bei traditioneller Medizin und Praktiken müsse „die Wirksamkeit und Sicherheit durch rigorose klinische Studien“ getestet werden.

Manche lehnen sich bei Vorschlägen zu Do-it-yourself-Heilmitteln ziemlich weit aus dem Fenster. In Nepal etwa empfahl der Premierminister Khadga Prasad Sharma Oli, dass man sich vor einer Coronavirus-Ansteckung schützen könne, indem man heißes Wasser trinke und Dampf-Therapie mache. Das Video ging viral.

Auch Donald Trump ließ die Öffentlichkeit an einigen ungewöhnlichen Ideen teilhaben: Der Präsident der USA ermunterte bei einer Pressekonferenz Forscher dazu, Möglichkeiten zu prüfen, Menschen Desinfektionsmittel zu spritzen. Außerdem sinnierte er über Optionen, starkes Licht „in den Körper” zu bringen, um Corona-Infektionen zu behandeln. Später betonte er, dies sei nur „Sarkasmus” gewesen.

Wenn all das nicht gegen Covid-19 wirkt, hilft aus Sicht des Präsidenten Tansanias vor allem eins: beten. Im Vergleich zu den meisten anderen afrikanischen Staaten hat John Magufuli in dem ostafrikanischen Land wenig strenge Maßnahmen verhängt. „Es macht keinen Sinn, Kirchen oder Moscheen zu schließen, denn das sind die einzigen Orte, an denen wir Gott um Vergebung bitten können. Wir sollten weiterhin beten, damit Gott uns vor diesem Unheil bewahren kann”, sagte Magufuli jüngst. Auch andere Länder wie Kenia riefen wegen der Corona-Krise einen nationalen Tag des Betens aus; die Bürger wurden aber gebeten, diesen zu Hause zu begehen.

 

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