TK-Studie

Leiharbeiter häufiger krankgeschrieben dpa, 11.08.2017 11:27 Uhr

Macht Zeitarbeit krank? Eine große Krankenkasse sagt, die ständigen Jobwechsel in fremden Unternehmen bergen körperliche und seelische Risiken. Sie erntet damit Widerspruch bei einem Teil der Arbeitgeber. Foto: Elke Hinkelbein
Hamburg/Frankfurt - 

Leiharbeiter fehlen nach Einschätzung einer Krankenkasse häufiger am Arbeitsplatz als andere Arbeitnehmer. 20,3 Tage seien sie im vergangenen Jahr im Schnitt krankgeschrieben gewesen, berichtete die Techniker-Krankenkasse (TK) auf der Grundlage der 4,8 Millionen bei ihr versicherten Erwerbspersonen. Das waren 5,6 Tage mehr als bei den übrigen Beschäftigten, die auf 14,7 krankheitsbedingte Fehltage gekommen seien. Zuerst hatten die Zeitungen der Funke-Gruppe über die Auswertung berichtet.

Vor allem von Erkrankungen der Psyche und des Muskel-Skelett-Systems seien Leiharbeiter überdurchschnittlich häufig betroffen. Die körperlichen Beschwerden seien auch darauf zurückzuführen, dass häufig körperlich schwere Arbeiten zu verrichten seien.

Ein rundes Drittel der zusätzlichen Fehlzeiten sei aber den spezifischen Belastungen der Zeitarbeit zuzuschreiben, erklärte TK-Experte Albrecht Wehner unter Hinweis auf frühere Befragungen. „Die Beschäftigten empfinden vor allem eine Arbeitsplatzunsicherheit und ihre begrenzten beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen als Belastung. Sie leiden unter der teilweise großen Diskrepanz zwischen ihrer fachlichen Qualifikation und dem Aufgabenfeld, in dem sie eingesetzt sind.“ Auch die Einkommenssituation sei für viele belastend.

Heftiger Widerspruch kam von Thomas Hetz, Hauptgeschäftsführer des Bundesarbeitgeberverbandes der Personaldienstleister (BAP). Die TK mache die Branche zum Sündenbock und zeichne ein Zerrbild. Zeitarbeiter seien sozio-ökonomisch besser mit der Versichertenschaft der AOK vergleichbar, bei der alle Versicherten im Schnitt schon auf 19,5 Fehltage im Jahr kämen. Ein Vergleich mit den TK-Versicherten gehe fehl. Eine Sprecherin der Kasse forderte den Arbeitgeberverband auf, endlich eine eigene Studie zum Krankenstand in der Branche vorzulegen.

Der zweite Arbeitgeberverband IGZ räumte hingegen spezifische Probleme ein. 54 Prozent der in der Zeitarbeit Beschäftigten seien ungelernte Hilfsarbeiter, die an ihren wechselnden Arbeitsplätzen schon aus Unerfahrenheit höheren Unfallgefahren ausgesetzt seien, sagte der Sprecher des Interessenverbands Deutscher Zeitarbeitsunternehmen, Wolfram Linke. Ständig vor neuen Aufgaben zu stehen, könne auch psychisch belasten. Die Zeitarbeitsfirmen seien aber gemeinsam mit den Entleihfirmen bestrebt, die Situation zu verbessern und präventiv zu wirken.