Insolvenzverfahren

Apothekerin nach vier Jahren pleite

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Berlin -

Seit knapp 60 Jahren gibt es die Altstädter Apotheke in Hof. Seit vier Jahren gehört sie der Apothekerin Kristi Damhjell. Doch nun ist die Apotheke in Schieflage geraten und musste Insolvenz anmelden. Der Ertrag hat offenbar nicht mehr ausgereicht, um die hohen Bankschulden zu begleichen.

Im Januar 2013 hat Damhjell die Apotheke übernommen und umfangreich modernisiert. Am vergangenen Freitag hat sie beim Amtsgericht Hof Insolvenz angemeldet. „Die Schwierigkeiten rühren von den hohen Bankverbindlichkeiten her, die auf ein großes Darlehen zum Kauf und zur Modernisierung der Apotheke zurückgehen“, sagt Dr. Jochen Zaremba. Der Jurist der Kanzlei Schwartz in Weiden ist vom Amtsgericht beauftragt worden, im Zeitraum der vorläufigen Insolvenz, die bis Ende Mai läuft, die Geschäfte der Apotheke zu führen.

Der Geschäftsbetrieb läuft nach Angaben des Insolvenzverwalters uneingeschränkt weiter. „Für die Kunden der Apotheke ändert sich nichts“, betont Zaremba. Für die Apothekerin schon: In den nächsten drei Monaten wird die Apotheke zwar von Damhjell weiter geführt, aber jede einzelne Verfügung, jede Rechnung und jede Bestellung müssen vom Insolvenzverwalter abgesegnet werden. Dies gefährde aber nicht den reibungslosen Betrieb der Apotheke, versichert er.

Zwar werde jetzt nach konkretem Bedarf bestellt und nicht auf Vorrat. Aber es gebe ja bereits ein nennenswertes Lager. Selbstverständlich könnten auch mehrere Packungen häufiger Medikamente wie beispielsweise Paracetamol vorbestellt werden. Dabei könne man sich an der Anzahl der verkauften Packungen in den vergangenen Monaten orientieren. Seltener nachgefragte Medikamente müssten allerdings tagesaktuell bestellt werden.

Wie es dazu kommen konnte, dass die Bank der Apothekerin einen Kredit gewährte, den sie schon wenige Jahre später nicht mehr bedienen konnte, kann der Insolvenzverwalter noch nicht beurteilen. Da die Insolvenz erst vor wenigen Tagen angemeldet wurde, konnten noch nicht alle Bücher und Zahlen ausgewertet werden. Deshalb sei es beispielsweise ungewiss, von welcher Kalkulationsbasis man bei der Kreditvergabe ausgegangen sei. Ob es weitere Gründe für die Zahlungsunfähigkeit der Apothekerin gebe, müsse ebenfalls noch analysiert werden. Bisher stehe lediglich fest, dass der Ertrag der Apotheke nicht ausgereicht habe, um die monatlichen Darlehensraten zu bezahlen. „Wir versuchen nun in einem ersten Schritt, Löhne und Gehälter der neun Arbeitnehmer sicherzustellen, und analysieren eingehend die Lage“, so Zaremba.

In den nächsten Monaten laufen die Geschäfte unter der Aufsicht des Rechtsanwalts weiter. Dann soll das Hauptverfahren eröffnet werden. Damit beginnt die Phase, die die Juristen als Wohlverhaltensperiode bezeichnen: „Der Geschäftsinhaber oder die -inhaberin muss dann sechs Jahre lang den pfändbaren Gewinn an den Insolvenzverwalter und somit an die Gläubiger abführen“, erläutert Zaremba den Vorgang. Hält die Apothekerin durch, ist sie danach schuldenfrei.

Welchen Betrag Damhjell künftig an ihre Gläubiger zahlen muss, steht ebenfalls noch nicht fest. Für Angestellte gibt es zwar eine Pfändungstabelle, die je nach der Anzahl der unterhaltsberechtigten Personen festlegt, ab welchem Betrag gepfändet wird. Bei Selbständigen entscheiden nach Angaben des Juristen die Gläubiger darüber. „Es ist aber im Interesse der Gläubiger, eine vernünftige Grenze zu wählen“, sagt Zaremba. Ist die Belastung zu hoch, steigt das Risiko, dass der Schuldner ganz aufgibt. In diesem Fall würden die Gläubiger leer ausgehen. Außerdem sei das Insolvenzrecht heutzutage auf die Weiterführung und nicht auf die Zerschlagung des Unternehmens ausgelegt.

Bis Ende Mai müsse sich die Apothekerin entscheiden, ob sie die Apotheke weiterführen oder verkaufen wolle. Gibt sie auf, fällt der Kaufpreis der Insolvenzmasse zu. Will Damhjell weitermachen, kann sie wieder selbständige Entscheidungen treffen und wird nicht mehr bei jeder Bestellung vom Insolvenzverwalter kontrolliert. „Ich werde mich nur noch von Zeit zu Zeit informieren, wie der Gewinn ausfällt, und die Abführung des pfändbaren Gewinns im Auge behalten“, sagt Zaremba.

Alles in allem ist der Insolvenzverwalter zuversichtlich: „Grundsätzlich sieht es gut aus für das Team der Altstädter Apotheke. Wenn die Kunden dem Haus die Treue halten, gibt es durchaus eine Chance.“ Der Jurist hat schon einige Apotheken bei der Insolvenz begleitet. „Alle Apotheken gibt es heute auch noch.“ Die meisten von ihnen werden nach wie vor von ihren ursprünglichen Inhabern geführt.

Eine Insolvenz bedeute für eine Apotheke eine Radikalsanierung, egal wie hoch die Verbindlichkeiten seien. Manch ein Apotheker, der jahrzehntelang unter der Last seiner Schulden ächze, sollte sich ernsthaft mit dem Gedanken befassen, ob ein Insolvenzverfahren unter Umständen ein gangbarer Weg sei, empfiehlt der Jurist. „Es kommt allerdings immer auf den konkreten Fall an.“ Wenn die Bank beispielsweise das eigene Wohnhaus als Sicherheit hat, würden wohl die meisten eine Insolvenz eher vermeiden wollen. Damit laufe man aber Gefahr, sich der Straftat Insolvenzverschleppung schuldig zu machen, warnt der Jurist.

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