Arzneimittelkriminalität

Gefälschte Tilidin-Rezepte in Berlin APOTHEKE ADHOC, 18.07.2018 09:47 Uhr

Berlin - 

Schmerzmittel wie Tilidin zählen zu den Klassikern der Rezeptfälschungen: Am HV läuten die Alarmglocken, wenn ein entsprechendes BtM-Rezept aufläuft. Kollegen in Berlin müssen derzeit besonders achtsam sein, das Landeskriminalamt (LKA) informiert „gut gemachte Fälschungen“.

Bei den Fälschungen handelt es sich um Verordnungen über Tilidin Tropfen zu 100 ml. Laut LKA seien vermehrt als gestohlen gemeldete BtM-Rezepte in Berliner Apotheken entdeckt worden. Die „gut gemachten“ Fälschungen seien jedoch an Fehlern zu erkennen. Diese beziehen sich auf die nach § 9 Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) erforderlichen Angaben. Diese seien unvollständig. Dem Vernehmen nach sei die Fälschung in vielen Fällen am Arztstempel zu erkennen. Dieser wird von den Fälschern manipuliert oder kann unvollständig sein. Möglich ist auch, dass die Telefonnummer nicht zur Praxis passt.

Die Rezepte würden vor allem außerhalb der üblichen Praxiszeiten in den Apotheken vorgelegt, was eine Arztrücksprache unmöglich macht. Zudem würden die Betroffenen auf eine sofortige Lieferung drängen. Sie gäben vor, unter starken und akuten Schmerzen zu leiden. Das LKA mahnt pharmazeutisches Personal, sich nicht drängen zu lassen und eine Verordnung bei bestehendem Fälschungsverdacht nicht zu beliefern. In diesem Fall soll eine Meldung beim LKA erfolgen – wobei Patientendaten nicht zu übermitteln sind, so das LKA.

Rezeptfälschungen können unterschiedlicher Natur sein, so können die Dokumente kopiert oder gedruckt sein. Die Kopien werden immer professioneller und sind kaum noch von einem Original zu unterscheiden. Die Fälschungen lassen sich jedoch an Unstimmigkeiten in Bezug auf die Versichertendaten identifizieren. So können Adressangaben ganz fehlen oder das Geburtsjahr des Patienten nicht zweistellig aufgedruckt sein. Im März kam es zu einer Straßennamenretaxation: Die Xantener Straße wird getrennt geschrieben, auf dem Rezept erfolgte die Angabe der Adresse in einem Wort. Der Kasse zufolge hätte der Apotheke das auffallen müssen.

Ein weiteres Fälschungsmerkmal ist der Versichertenstatus. In einigen Fällen passt dieser nicht mit dem Alter des Patienten zusammen. So gilt der Status 1 für Versicherungspflichtige und -berechtigte, 2 für Familienversicherte und 3 für Rentner. Fehlt die Magnetcodierung am rechten unteren Rand des Muster-16-Formulars, kann es sich ebenfalls um eine Fälschung handeln.

Eine Rezeptfälschung ist kein Kavaliersdelikt, sondern Urkundenfälschung. Den Tätern droht laut Strafgesetzbuch (StGB) eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe, in besonders schweren Fällen kann eine Haftstrafe bis zu zehn Jahren verhängt werden. Apotheker müssen Rezepte wie auch Banknoten im Rahmen der Sorgfaltspflicht prüfen.

Erkennt der Apotheker die Fälschung, darf er diese nicht beliefern. Wird eine unerkannte Rezeptfälschung in die Abrechnung gegeben und diese als Plagiat erkannt, droht dem Apotheker eine Retaxation, wenn er die Fälschung hätte erkennen müssen. Gemäß den regionalen Arzneilieferverträgen verlieren Apotheker in diesem Fall den Anspruch auf Vergütung. „Die Krankenkassen sind nicht verpflichtet, Lieferungen aufgrund gefälschter Verordnungen zu bezahlen, wenn die Fälschung bei Wahrnehmung der erforderlichen Sorgfalt erkennbar war. Liegen Anhaltspunkte vor, die den Verdacht einer Fälschung begründen oder ergeben sich sonstige Bedenken, ist die Apotheke verpflichtet, das Mittel vorerst nicht abzugeben und den Arzt zu informieren.“