Falkenstein/Vogtland

Apotheker baut Hospiz

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Berlin -

In der ehemaligen Fabrikantenvilla in Falkenstein/Vogtland will Apotheker Robert Herold sterbenskranken Patienten und deren Angehörigen „Zeit zum Abschiednehmen“ ermöglichen. Neben dem Hospiz sollen sechs Wohnungen in die Thorey-Villa integriert werden. Die Mieter sollen sich gegenseitig helfen.

Seit seiner Approbation übernimmt der Falkensteiner Apotheker pharmazeutische Versorgung von Krebspatienten. Seit 2009 versorgt er außerdem auch ein Hospiz im bayerischen Naila. „Ich habe mich dort oft mit Patienten unterhalten. Diese Gespräche haben mich sehr geerdet“, berichtet Herold. In seiner Arbeit habe er oft erfahren müssen, dass in der heutigen Gesellschaft das Thema Sterben und Tod gern verdrängt werde. Durch diese Erfahrung sei in ihm mit den Jahren der Wunsch gereift, ein Hospiz zu eröffnen.

Bei der Suche nach den geeigneten Räumlichkeiten fiel die Wahl auf eine alte und stark heruntergekommene Fabrikanten-Villa in Falkenstein. Das Haus an der Bahnhofstraße war Wohnsitz der Familie Thorey. Dieser Name ist untrennbar mit der Gardinenweberei verbunden, die in der Stadt ab Ende des 19. Jahrhunderts ihren Aufschwung nahm. Zu DDR-Zeiten waren dort – unter dem Namen VEB Falkensteiner Gardinen- und Spitzenwebereien (Falgard) – nahezu 2000 Frauen und Männer beschäftigt. Als Falgard einige Jahre nach der Wende im Jahr 1995 insolvent ging, brach man sämtliche Betriebsgebäude ab. Stehen blieben nur das sogenannte Geschäftshaus und die Villa.

Heute ist die Villa an der Bahnhofstraße eine Baustelle. Mehr als 20 Jahren Leerstand haben deutliche Spuren hinterlassen. Als er das Gebäude im Jahr 2011 gekauft hat, war noch nicht klar, ob sein Vorhaben wirklich eine Chance hat, berichtet Herold. Viel Zeit habe man allein dazu gebraucht, das Gebäude eingehend zu sichten, zu eruieren, ob sich der Umbau überhaupt realisieren lasse, welche versteckte Schäden noch ans Tageslicht kämen.

Umfangreiche Renovierungsarbeiten mussten durchgeführt werden. So sei beispielsweise die Dachkonstruktion komplett erneuert worden. Da aufgrund der Förderbedingungen die geplanten zwölf Bewohnerzimmer für das Hospiz ebenerdig eingerichtet werden müssen, ließ der Pharmazeut einen neuen einstöckigen Anbau errichten, der sich an das Erdgeschoss der Fabrikantenvilla anschließt.

„Tief im Inneren habe ich aber immer gewusst, dass das funktionieren wird“, sagt Herold. Eine andere Verwendung für das Haus sei ohnehin zu keinem Zeitpunkt in Frage gekommen. Das Hospiz bezeichnet der 37-Jährige als „Herzensprojekt“.

Unterstützt werde er von seinen Eltern Helga und Hans-Rainer und Ehefrau Susanne, die ebenfalls Apotheker sind. „Wäre das nicht so, könnte ich dieses Projekt nicht realisieren“. Denn die Umsetzung des Projektes erfordere nicht nur einen hohen finanziellen, sondern auch zeitlichen Einsatz. „Rund sechs Stunden meines 18 Stunden-Tages widme ich dem Hospiz“, berichtet Herold. Rund 3,2 Millionen Euro, davon 700.000 Euro Förderung, hat der Apotheker eigenen Angaben nach bisher in das Projekt reingesteckt. Trotz der hohen Investitionen, für die er sich nach eigenen Angaben für 25 Jahren verschuldet hat, ist er der festen Überzeugung, das Richtige zu tun.

„Die alte Villa ist im Bewusstsein der Falkensteiner tief verwurzelt,“ erklärt Herold. Wie hoch die Identifikation ist, habe sich deutlich am Tag des offenen Denkmals 2014 gezeigt. „Wir haben mit rund 100 Besuchern am Tag gerechnet“, sagt er. Sie seien aber bereits in den ersten zwei Stunden gekommen. Insgesamt habe man an diesem Tag rund 1000 Gäste begrüßen dürfen. 2016 habe es sogar zwei Tage der offenen Tür gegeben. Das Interesse sei ähnlich hoch gewesen.

In der hohen Resonanz und dem positiven Feedback sieht Herold, ein Indiz für die Aufgeschlossenheit der Falkensteiner für das Hospiz. „Das war mir sehr wichtig“, betont er. Denn das Hospiz soll nicht als „Sterbehaus“ gemieden werden.

Damit die Villa auch ein Haus des Lebens wird, sollen in den oberen zwei Etagen Wohnungen zwischen 40 und 70 Quadratmetern entstehen. Zwar soll jeder Mieter seine eigene, abgeschlossene Wohnung haben, gleichzeitig aber für die Mitbewohner im Haus in irgendeiner Form Verantwortung übernehmen. „Wir wünschen uns Mieter, die Lust haben, aktiv eine Gemeinschaft zu bilden“, erklärt Herold. Mitte Januar soll ein Informationsabend für Mietinteressenten stattfinden.

Ein weiterer Vorteil der Villa sei die Lage mit guter Verkehrsanbindung. „Das war sehr wichtig. Denn die Angehörigen müssen ja anreisen“, gibt Herold zu bedenken. Das Hospiz werde von allen großen Kliniken der Region innerhalb von etwa 20 Minuten zu erreichen sein. Es sei außerdem gut an den öffentlichen Nahverkehr angebunden. Es gebe Bushaltestellen in 100 Meter Entfernung. Parkplätze seien aufgrund der Struktur des Gewerbegebietes ausreichend vorhanden. Weiterhin gibt es ebenfalls in 150 Meter Entfernung einen Bahnhof mit guter Anbindung nach Zwickau und Leipzig.

Demnächst soll in Kooperation mit der Stadt neben der Villa eine öffentlich zugängliche Parkanlage entstehen. So sollen die Bewohner des Hospizes zusammen mit ihren Angehörigen auch Zeit in der Natur verbringen können. Deshalb habe jedes Zimmer auch einen direkten Zugang nach außen.

Ursprünglich ist die Eröffnung für Anfang Dezember 2016 geplant gewesen. Den Termin konnte man allerdings nicht halten. Nun sollen Baumaßnahmen bis Ende Februar 2017 abgeschlossen sein, sodass einer Eröffnung im April kommenden Jahres nichts mehr im Wege steht. Wenn die Räumlichkeiten an die Diakonie Auerbach, den künftigen Träger des Hospizes, übergeben werden, hat Herold allerdings kaum Möglichkeiten, Einfluss auf die weitere Entwicklung seines „Herzensprojektes“ zu nehmen. Allerdings ist sich der Pharmazeut sicher, einen Partner gefunden zu haben, der seine Vision eines Hospizes teilt.

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