Lunapharm-Skandal

Elf Patienten identifiziert – noch mehr Schmuggelware

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Berlin -

Im Skandal um in Griechenland gestohlene und möglicherweise unwirksame Krebsmedikamente sind erstmals betroffene Patienten identifiziert worden. In Brandenburg haben mindestens acht Apotheken gestohlene, möglicherweise unwirksame Krebsmedikamente der Firma Lunapharm weiterverkauft. Das hätten Ermittlungen des Brandenburger Landesamts für Gesundheit ergeben, berichtete der Präsident der Behörde, Detlev Mohr, laut Medienberichten im Gesundheitsausschuss des Brandenburger Landtags.

Die Apotheken hätten die Krebsmedikamente zwischen 2015 und 2018 über Zwischenhändler erhalten, so Mohr, den die AfD inzwischen zum Rücktritt aufgefordert hat. Zudem sei es gelungen, elf Patienten zu identifizieren und zu kontaktieren, die von den Apotheken mit den Medikamenten versorgt wurden. Die Zahl an Apotheken und Patienten, an die von Lunapharm importierte Medikamente weitergegeben wurden, dürfte in den nächsten Tagen aber noch steigen, sagte Mohr.

Fast täglich erhalte sein Amt durch die Rückverfolgung von Lieferketten und durch andere Länderbehörden neue Hinweise. Sein Amt werde alles tun, um weitere belieferte Apotheken möglichst schnell ausfindig machen. Zuerst versuche man aber derzeit, entsprechende Medikamentenchargen aus Griechenland zu ermitteln, die sich noch im Umlauf befinden.

Ein Großteil der Medikamentenproben, die das Landesamt für Gesundheit nach Bekanntwerden des Falls genommen hatte, ist inzwischen untersucht worden. Bei 27 Proben wurde die Qualität der importierten Medikamente laut Mohr nicht beanstandet. Zwölf weitere Proben würden noch untersucht.

Bislang war lediglich bekannt gewesen, dass drei Apotheken in Berlin die womöglich unwirksamen Medikamente von Lunapharm bezogen und an 14 Arztpraxen in Berlin sowie vier Praxen und eine Rehaklinik in Brandenburg geliefert haben. Die Berliner Behörden gingen davon aus, dass mindestens 220 Patienten in der Region vom Skandal um den Handel mit gestohlenen Krebsmedikamenten betroffen sind. Welche Patienten im Einzelnen die Medikamente erhalten haben, konnte bislang nicht nachvollzogen werden.

Die Untersuchungen ergaben außerdem, dass Lunapharm die gestohlenen Krebsmedikamente über lange Handelsketten nicht nur aus Griechenland, sondern auch aus Zypern und möglicherweise aus Italien bezogen hat. Die Zahl der beteiligten Firmen im Ausland steige und sei noch nicht abschließend geklärt, sagte Mohr. „Das Ausmaß des vermutlich illegalen Arzneimittelhandels wächst von Tag zu Tag und von Woche zu Woche.“

Hinzu komme, dass mehr Medikamente als zunächst angenommen vom mutmaßlich illegalen Handel betroffen seien. Man bemühe sich, die Arzneimittel schnell zu identifizieren und aus dem Verkehr zu ziehen. Derzeit werde versucht, das Handelsnetzwerk in enger Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Potsdam und dem Landeskriminalamt aufzuklären, so Mohr. Dazu müssten unter anderem 172 Aktenordner ausgewertet werden.

Der kommissarische Gesundheitsminister Stefan Ludwig (Linke) kündigte indes am Mittwoch im Ausschuss an, dass als Konsequenz aus dem Medikamentenskandal noch in diesem Jahr zwölf zusätzliche Stellen im Gesundheitsministerium und im Landesamt für Gesundheit ausgeschrieben werden sollen. Außerdem solle die interne Kontrolle im Ministerium verbessert werden.

Die Brandenburger Firma Lunapharm soll in Griechenland gestohlene und womöglich unsachgemäß gelagerte Krebsmedikamente an Apotheken und Großhändler in mehreren Bundesländern geliefert haben. Eine vom Gesundheitsministerium eingesetzte Expertenkommission untersucht den Fall. Erste Ermittlungsergebnisse hatten in der vergangenen Woche zum Rücktritt von Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) geführt.

Inzwischen fordert die AfD-Fraktion im Brandenburger Landtag den Rücktritt von Mohr: „Das ist ein Trauerspiel, das Gesundheitsamtschef Mohr uns da immer wieder aufführt. Er hat zugegeben, über die Vorgänge um die Firma Lunapharm informiert gewesen zu sein. Er hat aber auch zugegeben, in keiner Weise gehandelt zu haben, da ihm die Brisanz wohl nicht klar war“ sagte Birgit Bessin, Mitglied im Gesundheitsausschuss: „Das darf nicht sein - und vor allem darf Mohr nicht bleiben.“

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