Verleihung am 1. Oktober

Drosten, Putsch, Broemme: Bundesverdienstkreuze für Corona-Helden

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Berlin -

Anfang des Jahres kannte außerhalb des Wissenschaftsbetriebs kaum jemand den Namen Professor Dr. Christian Drosten. Kein halbes Jahr später zählte er zu den bekanntesten Deutschen überhaupt – auch weil er von Beginn an nicht in seiner akademischen Blase blieb, sondern sich bemühte, die Öffentlichkeit mit fundierten Informationen zu versorgen. Dafür erhält er jetzt gemeinsam mit mehreren Mitstreitern im Kampf gegen die Pandemie das Bundesverdienstkreuz.

Charité-Chefvirologe Professor Dr. Christian Drosten erhält den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland. Anlässlich des Tags der Deutschen Einheit verleiht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die höchste zivile Auszeichnung des Landes am 1. Oktober im Schloss Bellevue an acht Männer und sieben Frauen, darunter Drosten. Zur Begründung führt das Präsidialamt aus, der 48-Jährige gehöre national wie international zu den führenden Wissenschaftlern, „denen eine herausragende Rolle bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie zukommt“. Es sei ihm nach Bekanntwerden der ersten Erkrankungsfälle in Wuhan sehr schnell gelungen, den Erreger als Sars-Virus zu identifizieren und einen Nachweis zu entwickeln, der bereits im Januar verfügbar war. Drosten habe „wichtige und weltweit anerkannte Erkenntnisse zum Infektionsgeschehen“ geliefert.

Außerdem habe er sein Wissen „auch mit innovativen Formaten der Öffentlichkeit vermittelt“, schreibt das Präsidialamt: „Dass sein wöchentlicher Podcast ‚Coronavirus-Update‘ mehr als 60 Millionen Mal abgerufen wurde, zeigt, wie groß gerade zu Beginn der Pandemie das Bedürfnis nach fundierter und verständlicher Erläuterung und Aufklärung in der Bevölkerung war.“ Tatsächlich war Drostens Podcast gerade zu Beginn der Pandemie nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für Medien, Unternehmen und Verwaltung eine der wichtigsten Informationsquellen überhaupt. Auch Drostens rege Aktivität auf Twitter, wo er neben Studienergebnissen auch Einschätzungen zur aktuellen Lage abgibt und sich in öffentliche und wissenschaftliche Debatten einschaltet, brachte ihm bereits viel Lob ein. Stets unumstritten war er dabei keineswegs.

Ebenfalls im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie ausgezeichnet wird Stephan Pusch, Landrat der Stadt Heinsberg, dem ersten großen Ausbruchsherd von Sars-CoV-2 in Deutschland. „Als sich im Februar das Coronavirus in Heinsberg als erstem Landkreis in Deutschland rasant ausbreitete, wurde in den Medien der Begriff ‚das deutsche Wuhan‘ geprägt“, so das Präsidialamt. Pusch habe als Landrat „mit seinen so schwierigen wie souveränen Entscheidungen Pionierarbeit bei der Eindämmung der Pandemie geleistet“, heißt es weiter. Viele seiner Maßnahmen seien in den folgenden Monaten von anderen Kreisen in der ganzen Bundesrepublik übernommen worden.

Auch bei ihm gelte, dass es ihm von Anfang an ein besonderes Anliegen gewesen sei, über die getroffenen Maßnahmen sofort zu informieren und diese zu erklären. Fast täglich habe er sich mit Videobotschaften an die Bewohner seiner Stadt gewendet. „Sein beherzter Appell ‚das Medikament heißt Solidarität‘ hat über den Landkreis hinaus den Menschen Mut gemacht und wurde weltweit vernommen.

Auch die Notärztin Dr. Lisa Federle wird für ihren Kampf gegen Covid-19 ausgezeichnet. Bei Ausbruch der Pandemie hatte sie innerhalb kürzester Zeit eine Fieberambulanz eingerichtet. Einen eigenen Pandemieplan hatte sie schon vor vielen Jahren erstellt. „Lisa Federle handelt immer wieder vorausschauend, um anderen zu helfen“, lobt sie das Präsidialamt. 2015 hatte sie als Erste bundesweit eine „rollende Arztpraxis“ entwickelt, damit Geflüchtete in ihren Unterkünften versorgt werden konnten, und später damit Obdachlose versorgt. Die „rollende Arztpraxis“ habe bis heute Modellcharakter. Ohne große Vorlaufzeit habe sie bei Ausbruch der Pandemie mit einer mobilen Teststelle ausgestattet werden und sofort bei Pflegeeinrichtungen, deren Situation besonders schwierig war, eingesetzt werden können.

Für sein ehrenamtliches Engagement während der Pandemie erhält der KfZ-Meister Toralf Herzog eine Medaille. „In der Corona-Krise zeigt sich besonders, wie wichtig und unverzichtbar der Einsatz von ehrenamtlich Engagierten ist“, so das Präsidialamt. Herzog engagiert sich seit 18 Jahren auf Kreis- und Landesebene beim Deutschen Roten Kreuz. Er ist Kreisbereitschaftsleiter des DRK-Kreisverbandes Nordwestmecklenburg und Landesbereitschaftsleiter in Mecklenburg-Vorpommern. „Nachdem im Landkreis kurzfristig ein Corona-Abstrichzentrum eingerichtet werden musste, übernahm er ohne zu zögern die Aufgabe des Teamleiters. In kreativer Eigenregie entwickelte er ein gut strukturiertes System der Probenentnahme. Mit diesem wichtigen Engagement vor Ort hat Toralf Herzog einen bedeutenden Beitrag zur Eindämmung der Pandemie geleistet.“

Auch Albrecht Broemme, ehemaliger Leiter des Technischen Hilfswerks (THW), erhält das Bundesverdienstkreuz. Er hatte im Frühjahr innerhalb von nur sechs Wochen ein Behandlungszentrum für 500 Covid-19-Patienten aufgebaut. „Dabei wäre sein Ruhestand wohlverdient, denn Albrecht Broemme ist schon seit seinem 17. Lebensjahr im Katastrophenschutz aktiv.“ Er war jüngster Leiter der Berliner Feuerwehr, der größten in Deutschland, und von 2006 bis 2019 THW-Präsident. „Ob Hochwasser, Waldbrände, Stürme oder Pandemie – Hilfeleistung ist für Albrecht Broemme nie eine Frage von Grenzen. In Deutschland, Europa und der ganzen Welt ist er bis heute Helfer aus Überzeugung und Leidenschaft.“

Drosten ist nicht der einzige Naturwissenschaftler, der kommende Woche ausgenzeichnet wird. Auch die Chemikerin Dr. Mai Thi Nguyen-Kim erhält das Bundesverdienstkreuz für ihre Tätigkeit als Wissenschaftsjournalistin. „Wissenschaft verständlich zu vermitteln, hat Mai Thi Nguyen-Kim zu ihrem Spezialgebiet gemacht – und das ist heute wichtiger denn je“, heißt es dazu auf der Seite des Präsidialamtes. „Ihre Themen sind so vielfältig wie die Chemie, mit der man, wie sie sagt, fast alles erklären könne, seien es die Folgen von Alkoholgenuss oder die Ausbreitung des Coronavirus.“ Sachlichkeit sei dabei ihre oberste Pflicht.

Neben Drosten, Putsch und Nguyen-Kim geht die Auszeichnung an den ehemaligen Fußballnationalspieler Thomas Hitzlsperger für dessen Engagement gegen Homophobie und für Toleranz im Sport sowie an den Pianisten Professor Dr. Igor Levit und die Poetry Slammerin Leila Younes El-Amaire. Außerdem werden anlässlich des 30-jährigen Jubiläums der deutschen Wiedervereinigung mehrere Menschen ausgezeichnet, die sich um das Zusammenwachsen von Ost und West verdient gemacht haben, darunter Proefessor Dr. Kai Frobel, Sandra Hüller und Elke Schlegel.

 

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