Computerspiel „Big Pharma“

Die Sims für Apotheker APOTHEKE ADHOC, 06.08.2019 07:59 Uhr

Berlin - 

Anders als Autorennen oder Fußball-Management gilt die industrielle Herstellung von Arzneimitteln gemeinhin nicht als besonders tauglich für Computerspiele. Dass das nicht zwangsläufig stimmen muss, zeigt das Spiel „Big Pharma“ des britischen Spieleentwicklers Tim Wicksteed. Seit 2015 gibt es das Spiel schon für den PC, jetzt hat die polnische Spieleschmiede Klabater für das dritte Quartal 2019 Versionen für Xbox One, Playstation 4 und Nintendo Switch angekündigt.

Die Simulation sei eine „Mischung aus Aufbauspiel und Tetris“, heißt es in einer Rezension auf der Spieleplattform Steam. Dabei muss der Spieler Wirkstoffe entdecken und testen, um sie daraufhin zur Marktreife zu bringen. Bei der Produktion müssen verschiedene Faktoren wie die Konzentration des Wirkstoffs und die Beschaffenheit der Produktionsanlagen beachtet werden. Denn die haben unterschiedliche Formen und Laufzeiten, sodass man sie auf der begrenzten Fläche, die in der Produktionshalle zur Verfügung steht, richtig anordnen muss, um Platz zu sparen. Denn je länger die Produktionsstraße ist, desto mehr kostet ihr Betrieb.

Erst wenn die Arzneimittel im letzten Arbeitsschritt zu Pillen oder Salben verarbeitet worden sind, fließt Geld in die Kasse. Zuvor müssen Ausgaben unter anderem für die Wirkstoffentdeckung und -lieferung sowie die Herstellung, aber auch für Patente eingeplant werden. Jeder Wirkstoff hat eine Haupt- und mehrere Nebenwirkungen, die Auswirkungen auf die Wirksamkeit, Sicherheit und den Preis haben, der mit dem Medikament erzielt werden kann.

Auch mit dem Markt muss der Spieler umzugehen wissen: Da ändert sich die Nachfrage, da gibt es Konkurrenten, die Patente streitig machen und nicht zuletzt können sich Gesetze und Regulationen ändern. Auf all diese Änderungen gilt es dann möglichst schnell zu reagieren. Auch sonst simuliert das Spiel viele Mechanismen, die in der echten Industrie von zentraler Bedeutung sind: So lassen sich einfache Präparate schnell und kostengünstig herstellen, haben aber eine viel geringere Marge, als komplexe und innovative Arzneimittel – die dafür mit größeren Entwicklungs- und Herstellungskosten sowie höheren Risiken verbunden sind.

Die Entscheidungsspielräume sind jedoch weitaus größer und orientieren sich an moralischen Fragen, mit denen es auch die echte Pharmaindustrie oft zu tun hat. Ein Rezensent gibt ein Beispiel: In Südostasien ist ein besonders aggressives Virus ausgebrochen, gegen das das fiktive Unternehmen zufälligerweise bereits einen Wirkstoff hat. Die Produktion könnte also zeitnah losgehen – Themen wie klinische Studien und Zulassungsverfahren lässt das Spiel offenbar außen vor. Allerdings ist die Aufgabe der Spielmission die Gewinnmaximierung und das Unternehmen macht seinen größten Ertrag mit einem Haarwuchsmittel, das eine enorme Gewinnmarge hat.

Beides kann aufgrund der begrenzten räumlichen und technischen Kapazitäten nicht gleichzeitig in ausreichender Menge produziert werden. Eine Umrüstung ist kostspielig – so lange der Preis für das Medikament nicht weiter steigt. Das tut er aber vor allem mit der Nachfrage. Der Spieler kann also weniger verdienen, indem er früh umrüstet und hilft, die Epidemie zu einzugrenzen, oder er wartet, bis die Ausbreitung der Krankheit den Preis in die Höhe getrieben hat.

Die Kritiken, die das Spiel erhielt, waren trotz seiner technisch und grafisch recht simplen Beschaffenheit überwiegend positiv. Vor allem, dass es den Spieler zur kritischen Reflexion seines Handelns inspiriert, wird dabei immer wieder betont. Es sei deshalb, so beispielsweise ein Kommentar bei Steam, „ein gelungenes Beispiel für prozedurale Rhetorik: Es verzichtet auf den erhobenen Zeigefinger und führt Spieler über das Gameplay an moralische Fragen heran“.