Arzneimittelskandal

Charité-Apothekerin hatte Nebenjob bei Lunapharm

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Berlin -

Im Arzneimittelskandal um den Brandenburger Pharmahändler Lunapharm kommen immer weitere Details ans Tageslicht. Nach Informationen der Berliner BZ hat eine Apothekerin der Charité für Lunapharm seit 2014 im Nebenjob als „sachkundige Person“ gearbeitet und dadurch den Betrieb ermöglicht. Nach Bekanntwerden musste die Apothekerin ihren Nebenjob sofort aufgeben.

Laut BZ fiel bei einer Lunapharm-Inspektion auf, dass als „sachkundige Person“ Cornelia E., im Hauptberuf Leiterin der Herstellung der Charité-Apotheke, im Protokoll angegeben war. Auch eine weitere Charité-Kollegin arbeitete für Lunapharm. Unklar ist, ob die beiden Mitarbeiterinnen etwas von den Lunapharm vorgeworfen Vorgängen mitbekommen haben oder diese sogar vertuscht haben. Der BZ sagte die Apothekerin nur: „Ich werde auf Fragen sicherlich nicht eingehen“ und legte den Telefonhörer auf. Eine Charité-Sprechern verwies auf den Datenschutz, teilte allerdings mit, dass die Nebentätigkeit im Juli beendet worden sei.

Laut BZ war die Apothekerin auch stellvertretendes Mitglied in der Berliner Ethikkommission, die unter anderem klinische Studien bewertet. Gesundheitssenatorin Dilek Kolat (SPD) beendete auch diese Tätigkeit sofort: Der Zweitjob bei Lunapharm vertrage sich damit nicht. „Es darf nicht einmal ein Schatten eines Zweifels auf die Kommission fallen. Die betreffende Person ist daher auf meine Veranlassung gebeten worden, ihre Mitgliedschaft bis zur Klärung der Vorgänge ruhen zu lassen“, zitiert die BZ die Gesundheitssenatorin.

Wissenschaftssenator Steffen Krach (SPD) forderte absolute Transparenz und Aufklärung von der Charité: „Der Schutz der Patienten hat oberste Priorität. Die Menschen müssen sich auf unser Gesundheitssystem und die Versorgung mit Medikamenten verlassen können.“ Die Charité erklärte unterdessen, zu keiner Zeit Geschäftsbeziehungen zu Lunapharm unterhalten zu haben und somit niemals Zytostatika oder andere Arzneimittel bei Lunapharm gekauft zu haben. Man beziehe Arzneimittel ausschließlich von Originalherstellern.

Nach Angaben des ARD-Magazins „Kontraste“ soll das Ausmaß des Pharmaskandals noch größer sein als bislang bekannt. Danach wurde Lunapharm bereits von 2013 an von einer griechischen Apotheke beliefert, die auch gestohlenen Krebsmedikamente vertrieben haben soll. Bis mindestens März 2018 sei der Handel zwischen den Unternehmen fortgesetzt worden, berichtet das Magazin. Allein in den Jahren 2013 bis 2016 seien Medikamente für mehr als 20 Millionen Euro an Lunapharm geliefert worden.

Brandenburgs Gesundheitsministerium geht bislang davon aus, dass die Geschäftsbeziehungen des Pharmahändlers und der Apotheke von 2015 bis 2017 bestanden. Frühere Geschäftsbeziehungen seien ihrem Haus bislang nicht bekannt, sagte Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) im Interview mit Kontraste. „Wir haben bis jetzt nur den Kenntnisstand der Jahre 2015 bis 2017“, so Golze. „Diese Zahlen liegen uns derzeit vor und stehen aber immer unter dem Vorbehalt des derzeitigen Erkenntnisstands.“

Die von Golze eingesetzte Task Force wird ihren Bericht am 28. August den Gesundheitsausschuss des Landtags vorlegen. Darin sollen die Experten unter Leitung Dr. Ulrich Hagemann, Abteilungsleiter a.D. des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), die pharmakologischen Risiken und die Abläufe der Arzneimittelkontrolle im Lunapharm-Skandal analysieren und bewerten. Mitglied der Task Force ist auch Professor Dr. Martin Schulz, ABDA-Geschäftsführer Pharmazie und Vorsitzender der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK).

Laut Berliner Tagesspiegel gibt es in der Belegschaft des Gesundheitsministeriums und des nachgeordneten Landesgesundheitsamtes (LAVG) massiven Unmut über Golze. Wegen ihres Auftritts in der Sondersitzung des Gesundheitsausschusses im Landtag gehe der Personalrat auf Distanz zur Ressortspitze. Im Intranet widerspreche der Personalrat Golzes Darstellungen im Ausschuss, dass Personalrat und Hauptpersonalrat über die haltlosen Korruptions-Strafanzeigen gegen zwei Mitarbeiter des Gesundheitsamtes informiert waren.

Sie seien erst im Nachhinein informiert worden – „nämlich durch die Presse“, heißt es dort. Erst später sei der Personalrat auch in einem von ihm erbetenen Gespräch informiert worden. Dabei habe der Personalrat den Umgang mit den betroffenen Beschäftigten kritisiert.

Zudem werde ein Fragenkatalog an die Hausleitung erarbeitet. Golze selbst hatte im Ausschuss sogar eingeräumt, dass Mitarbeiter des Ministeriums und des LAVG mit der Task Force zur Aufklärung des Skandals und mit der Hausleitung teils nur über Anwälte kommunizierten. Auch Golze hat nach eigenen Angaben mit den Mitarbeitern noch nicht persönlich gesprochen.

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