Berlin

Apotheker überführt Rezeptfälscher

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Berlin -

In Berlin sind derzeit besonders geschickte Rezeptfälscher unterwegs. Sie kopieren Rezepte und Arztstempel bis ins Detail, sodass sie in den Apotheken kaum als Fälschung zu erkennen sind. Apotheker Abdalmeneim Zourob, Leiter der Apotheke im Kaufland in Spandau, hat den Betrug bemerkt – und den Tätern eine Falle gestellt. So konnte die Polizei die Fälscher in flagranti festnehmen.

In Zourobs Apotheke begann es vor einigen Wochen: An einem Mittwochmorgen rief ein Mann an, erklärte, dass Tilidin von einigen Herstellern nicht lieferbar sei und fragte, ob der Apotheker ihm das Präparat von Stada bestellen könne. „Genau so war es – nur Stada konnte liefern. Er war sehr gut informiert“, so Zourob. Er vereinbarte mit dem Kunden, dass das Medikament am Nachmittag abgeholt werden könne.

Als der Mann in die Apotheke kam, prüfte Zourob das Rezept sorgfältig und kam zu dem Schluss, dass es echt war. Die AOK war Kostenträger, der Arztstempel sah richtig aus – alles schien in Ordnung. Stutzig wurde der Apotheker, als sich der Vorgang zwei Wochen später wiederholte und der gleiche Mann ihm ein Rezept mit einem anderen Namen und aus einer anderen Praxis überreichte. Es sei für einen Freund, erklärte der Kunde. Zourob prüfte das Rezept erneut, auch die Arztpraxis gab es – sie hatte allerdings keine Sprechstunde mehr. Wieder gab Zourob das Präparat ab.

Als der Mann zum dritten Mal mit einem Tilidin-Rezept in seine Apotheke kam – wieder an einem Mittwochnachmittag –, beschloss Zourob, Nachforschungen anzustellen. Er rief in der genannten Praxis von Dr. Manfred Kraus an und erfuhr, dass die auf dem Rezept genannte Person nicht Patient des Arztes war. Rezepte oder Stempel seien aber nicht gestohlen worden.

Daraufhin schaute sich Zourob das Rezept noch einmal ganz genau an und stellte fest, dass eine Ziffer der Faxnummer des Arztes falsch war. Darüber hinaus konnte er nach wie vor keine Auffälligkeiten entdecken. Alle Felder waren plausibel und an den richtigen Stellen ausgefüllt, selbst die im Stempel angegebene Arztnummer stimmte mit der auf dem Rezeptvordruck überein.

Zourob forderte die zwei bereits eingereichten Rezept von seinem Rechenzentrum zurück und stellte fest, dass auch diese gefälscht waren. Die Versicherungsnummer und die Arztnummer waren ähnlich, auch Dr. Volker Pelz, dessen Stempel ebenfalls gefälscht worden war, gibt es wirklich. Der Apotheker informierte die Polizei und hoffte insgeheim, dass sich der vermeintliche Patient ein viertes Mal bei ihm melden würde.

„Die haben mich und andere Apotheker hereingelegt, und ich wollte Gerechtigkeit“, erklärt Zourob. Am Mittwoch bekam er die Gelegenheit dazu: Der Patient rief erneut an, fragte, ob das Präparat zu bestellen sei und kündigte an, gegen 18 Uhr vorbeizukommen. Um 17 Uhr hatten sich bereits mehrere Polizisten in Zivil vor und in der Apotheke positioniert. Sie beobachteten, wie der Mann das Rezept übergab, die Zuzahlung leistete und mit dem Präparat die Apotheke verließ. Dann griffen sie zu und nahmen nicht nur den Kunden, sondern auch seinen Komplizen fest, der vor der Apotheke gewartet hatte.

Davon, wie echt die gefälschten Rezepte aussahen, ist Zourob nach wie vor beeindruckt. Hätten die Männer nicht nach Tilidin verlangt, wo man ohnehin aufhorche, und hätte er sich das Gesicht nicht gemerkt, hätte er die Fälschung vermutlich gar nicht bemerkt. Das macht den Apotheker wütend: „Die wollten uns beklauen, und das habe ich nicht mit mir machen lassen.“

In anderen Fällen ist die Fälschung erst viel später aufgefallen: Die AOK als vermeintlicher Kostenträger hatte sich bereits in der Arztpraxis gemeldet, weil eine Versichertennummer nicht korrekt war. Die Praxis von Dr. Manfred Kraus muss sich bereits seit dem vergangenen Jahr mit Rezepten herumschlagen, für die ihre Daten missbraucht werden. Von mehr als 20 Rezepten wissen die Praxismitarbeiter – es sind vermutlich deutlich mehr. Meistens seien die Rezepte genutzt worden, um Tilidin zu erschleichen, seltener Diazepam, erzählt eine Mitarbeiterin.

Nachdem Anfang des Jahres schon einmal Personen festgenommen wurden, sei kurz Ruhe gewesen – inzwischen seien wieder vermehrt Rezepte mit dem falschen Arztstempel aufgetreten. Zu erkennen sind die Fälschungen einer Mitarbeiterin der Praxis zufolge auch daran, dass die Arzt- und die Betriebsstättennummer nicht korrekt seien. Sie geht davon aus, dass zunächst einzelne Rezepte gestohlen wurden, da am Anfang auch richtige Patientennamen auf den Rezepten gestanden hätten. Die Praxis hat selbst Anzeige erstattet, kann aber selbst nicht viel mehr tun, als Apotheken im Zweifelsfall mitzuteilen, ob ein Kunde tatsächlich Patient in der Praxis ist.

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