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Obama verlangt Bonus in Apotheke

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Berlin -

US-Präsident Barack Obama ist auf Abschiedstour. Bei seinem letzten Deutschlandbesuch als „mächtigster Mann der Welt“ war er etwas verschnupft. Nicht wegen Bundeskanzlerin Angela Merkel, die beiden verstehen sich inzwischen sehr gut, sondern ganz unpräsidial erkältet. Als er deshalb eine Apotheke im Regierungsviertel aufsuchte, kam es fast zum Eklat.

Als hinter ihm die freundliche Glocke der Automatiktür geläutet hatte, wartete Obama hinter der Diskretionslinie, bis er an der Reihe war. Ein höflicher, ein zurückhaltender Gast. Und als die Dame im weißen Kittel den Mann aus dem Weißen Haus bediente wie jeden anderen Patienten, war der angenehm überrascht.

Zum ersten Missverständnis kam es, als Obama „Vicks“ verlangte. Die Mitarbeiterin hinter dem HV-Tisch hat sich zwar das Erröten abgewöhnt, kam aber nicht gleich darauf, dass der hohe Besuch die amerikanische Version vom Wick verlangte. Dass ihm dann auch noch davon abgeraten wurde, zusätzlich Nasenspray und ein Schmerzmittel zu kaufen, irritierte den scheidenden Präsidenten. Das kennt er so nicht aus dem Land der unbegrenzten Freiwahlregale.

Wovon er aber gehört hatte, war die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH). Die Apotheken dürften doch jetzt Boni gewähren, sagte er. Da sich die Apotheke mittlerweile mit Schaulustigen gefüllt hatte, fragte Obama augenzwinkernd, ob er nicht auch einen kleinen Discount erhalten könne. Die Apothekerin erklärte freundlich, warum das nicht geht und aus ihrer Sicht auch nicht richtig wäre. Mr. President ignorierte seinen Terminkalender, blieb noch eine halbe Stunde und setzte am Ende seine Unterschrift auf die Liste zum Erhalt der wohnortnahen Apotheke. Und daneben: Yes you can!

Wäre Obama nicht in Berlin, sondern in München in die Apotheke gegangen, hätte er vielleicht noch eine größere Überraschung erlebt. Zwar laufen im Schaufenster keine Pornos mehr, doch Apothekerin Alexandra Cleemann hat den Hacker-Angriff von vor einigen Wochen ins Positive umgekehrt: Sie wirbt jetzt recht offensiv für ein besonderes Kondom-Sortiment.

Die Aufregung in Wolfsburg wegen einer neuen Apotheke hätte Obama vermutlich auch nicht nachvollziehen können. Weil es in den USA kein Mehrbesitzverbot gibt, wäre eine fünfte Apotheke auch überhaupt kein Problem; Stefano Pessina hat sich mit Walgreens genau diese Quote ausgeguckt. Doch auch in Niedersachsen stellte sich heraus, dass die Umstände von außen zwar merkwürdig erscheinen mögen, alles aber offenbar seine Ordnung hat.

Die Maximalzahl von vier Apotheken führt auch Dr. Philipp Hoffmann. Das Besondere daran: Er ist erst 31 Jahre alt. Dafür hat er nur zwei Gesundheitszentren. So will er junge Ärzte aufs Land locken und die Versorgung sicherstellen. In der Stadt ist das natürlich alles einfacher: In Berlin zum Beispiel können sich die Kunden von Apoeno ihre Arzneimittel demnächst in den Kofferraum ihre Kleinstwagen liefern lassen, wenn sie denn durchaus wollen.

Zur Rose sammelt derweil weiter Geld ein: Die Unternehmerfamilie Frey kauft sich über ihre Beteiligungsfirma Corisol bereits zum zweiten Mal ein Stückchen des Versenders für 20 Millionen Franken (18,5 Millionen Euro). Nach Abschluss entspricht das insgesamt 22 Prozent der Anteile. Die Shop-Apotheke hat den Börsengang gerade absolviert und dabei Zahlen vorgelegt – ziemlich aufschlussreich.

Kaum vorstellbar für Apotheken, die sich im Alltag mit dem Anpassen von Kompressionsstrümpfen herumschlagen. Und wer aus der Nummer ohne Retaxation herauskommen will, sollte lieber sehr genau aufpassen.

Natürlich ging sie auch in dieser Woche weiter – die Debatte um ein mögliches Rx-Versandverbot. Die Grünen entdecken alte Leidenschaften für sich. Cordula „Biggi“ Schulz-Asche wettert gegen die ABDA-Kampagne und gegen Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), denn der spiele falsch mit den Apothekern.

Die Grünen wollen dagegen einen ehrlichen Showdown: ABDA-Präsident Friedemann Schmidt gegen DocMorris-Vorstand Max Müller. Beide können gut reden. Doch Müller bekommt noch ein paar Sekundanten beim „öffentlichen Fachgespräch“. Kai Vogel, Gesundheitsexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen, Professor Dr. Reinhard Busse von der TU Berlin und Dr. Klaus Holthoff-Frank von der Monopolkommission werden an der Diskussion teilnehmen.

Vielleicht ist es wirklich Zeit für ein Fachgespräch. Denn die Debatte läuft allmählich Gefahr, ins Groteske abzugleiten. Die ABDA lobbyiert jetzt mit den Bedürfnissen funktionaler Analphabeten für die wohnortnahe Versorgung und DocMorris ist sich nicht zu schade, „den kleinen Mann“ zu zitieren. Jetzt wenden sich sogar ehemalige Familienmitglieder ab.

Eine andere Idee: DocMorris nicht den Rx-Versand wegnehmen, sondern die Kassenpatienten. Weil sich die Versandapotheke wie auch die Europa Apotheek Venlo (EAV) nicht an den Rahmenvertrag hält, könnten die Kassen sie für zwei Jahre die Versorgung ihrer Versicherten ausschließen. Ob die Kassen dabei allerdings mitspielen…

Die Noweda wollte offenbar auch gerne mehr mitspielen und hat sich zur Generalversammlung eine Satzungsänderung verordnet, die ihr politische Beinfreiheit verschaffen soll. Die Apothekerverbände fanden das gar nicht so witzig. Hoffentlich wird das nicht noch stürmisch auf der Generalversammlung.

Bei der Genossenschaft nicht mehr mitspielen sollen dagegen Apotheker, die sich nicht genossenschaftlich genug verhalten. Wer nicht bestellt, fliegt. Vielleicht will Noweda-Chef Wilfried Hollmann mit einem großen Paukenschlag abtreten, damit es sein Nachfolger zum Start etwas leichter hat.

Was sonst noch wichtig war: Blutzuckermessgeräte gibt es jetzt zu Alibipreisen für Apotheker, denn umsonst wäre unzulässig. Rowa versucht es mit einem Bestellterminal im Einkaufszentrum und bei Omega gab es einen doppelten Abgang. Hier nur einen einfachen: Schönes Wochenende!

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