Suizidprävention

Alte Männer besonders suizidgefährdet

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Berlin -

Einsamkeit, Krankheit, die Angst vor Abhängigkeiten – im Alter steigt das Suizidrisiko. Mediziner und Therapeuten schlagen Alarm angesichts der großen Zahl von Senioren, die ihrem Leben ein Ende setzen. Eine Gruppe ist besonders gefährdet.

Alte Menschen sind nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention (DGS) besonders stark selbstmordgefährdet. Rund 10.000 Menschen nehmen sich in Deutschland pro Jahr das Leben. Der Anteil der über 60-Jährigen, die Suizid begehen, nehme zu, sagte der Mediziner Reinhard Lindner am Rande der Jahrestagung der DGS. 35 Prozent der Selbsttötungen werden nach Angaben der DGS von über 65-Jährigen verübt. Die Altersgruppe macht einen Anteil von 21 Prozent an der Gesamtbevölkerung aus.

Besonders gefährdet sind Männer im hohen Alter. Im Jahr 2015 setzten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 1065 Frauen und 2715 Männer über 65 Jahren ihrem Leben ein Ende. „Die Suizidraten der hochbetagten Männer sind bis zu fünfmal höher als der Durchschnitt der Normalbevölkerung“, sagte Tagungsleiter Lindner. Von 100.000 Menschen nehmen sich pro Jahr 12 das Leben, bei den Männern über 80 Jahren sind es rund 60.

An dieser Entwicklung habe sich in den vergangenen Jahren nichts geändert. Der Oberarzt für Gerontopsychosomatik und Alterspsychotherapie betonte jedoch: „Das ist etwas, was wir nicht hinnehmen können.“ Er forderte eine psychotherapeutische Fortbildung für Mitarbeiter in altersmedizinischen Einrichtungen. Studien zeigten, dass Patienten eher und offener mit geschulten Mitarbeitern über ihre Nöte und Depressionen sprächen. Es komme darauf an, auch die unscheinbaren Signale der Patienten zu erkennen. Psychotherapeutische Angebote sollten nach Ansicht von Lindner auch besser bezahlt werden. Das Bundesgesundheitsministerium fördere in diesem Jahr immerhin erstmals Forschungsprojekte zur Suizidprävention mit 3,5 Millionen Euro.

Hochbetagte Männer seien besonders gefährdet, weil sie nicht den Weg in helfende Strukturen fänden. „Wenn sie darüber nachdenken, ihrem Leben ein Ende zu setzen, sind gerade die alten Männer eine Gruppe, die kaum Hilfe sucht. Die gehen noch nicht einmal zum Hausarzt“, sagte der Alterspsychotherapeut. Das Risiko ist nach Angaben der DGS besonders groß, wenn die Senioren vereinsamt sind oder auch alkoholabhängig.

Lindner kritisierte die öffentliche Diskussion um Sterbehilfe. Die Sorge von Menschen, durch Pflege in Abhängigkeit zu geraten, manipuliert zu werden oder jemand bösartigem ausgeliefert zu sein, müsse ernst genommen werden. Der Altersmediziner fügte aber hinzu: „Die Not der Menschen, die assistiert Suizid begehen wollen, sollte uns als Helfer wirklich alarmieren.“ Lindner plädierte dafür, von einer „flachen Diskussion eines Freiheitsbegriffs“ wegzukommen und stattdessen zu erörtern, wie es den Menschen eigentlich gehe, „die so verzweifelt sind, dass sie auch im hohen Alter keine andere Idee haben, als ihrem Leben ein Ende zu setzen“.

Die Hilfe könne schon in einfachen Dingen bestehen, etwa in sogenannter Awareness. Im Albertinen-Haus sei es üblich, Patienten mit einer Selbstmord-Neigung nach ihrer Entlassung in regelmäßigen Abständen wieder anzurufen. Er mache das auch selbst, sagte Lindner. Dabei könne er etwa noch eine Therapie vermitteln oder dem Patienten deutlich machen, dass er mit seinen Schwierigkeiten Anerkennung gefunden habe. „Keiner der Angerufenen hat bisher aufgelegt“, berichtete der Oberarzt.

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