Rats-Apotheke in Esslingen gerettet

Ärger um drei Stufen beigelegt

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Berlin -

Monatelang stand das Schicksal der Rats-Apotheke im baden-württembergischen Esslingen auf der Kippe. Schuld daran sind drei Stufen am Eingang des 500 Jahre alten Fachwerkhauses. Das Regierungspräsidium forderte Barrierefreiheit, der Denkmalschutz lehnte eine Edelstahlrampe ab. Jetzt kam die erlösende Nachricht der Aufsichtsbehörde.

Die Rats-Apotheke ist die älteste in Baden-Württemberg und teilt ihr Problem mit vielen alten Apotheken im Land: Woran vor 500 Jahren beim Bau des Hauses niemand dachte, wird im 21. Jahrhundert zum Problem. Denn eine Offizin muss barrierefrei zugänglich sein – mit den drei Stufen war das unmöglich. Gehbehinderte Kunden können zwar ebenerdig hinter das Haus fahren und in das Büro der Apotheke gelangen, aber eben nicht in die Offizin.

Das Regierungspräsidium Stuttgart allerdings verlangte dies. Ein Riesenproblem für Apotheker Dr. Christoph Mauz, der sich laut Stuttgarter Zeitung an den Landtagsabgeordneten Wolfgang Drexler (SPD) wandte und ihn im vergangenen Sommer um Hilfe bat. Denn mit der Forderung des Regierungspräsidiums stand die Zukunft der Apotheke und die Existenz von Mauz auf dem Spiel.

Drexler brachte fünf Vertreter von Stadt, Denkmalamt und Regierungspräsidium an einen Tisch und vollbrachte ein kleines Wunder. Er überzeugte die Experten vom Regierungspräsidium davon, dass man die drei Stufen des alten Hauses nicht abbauen kann. Darunter befindet sich nämlich ein Sandsteinkeller, der wie das gesamte Haus unter Denkmalschutz steht. Einig war man sich, dass eine Edelstahlrampe aus optischen Gründen keine gute Lösung sei. Handelt es sich um den Platz vor der Rats-Apotheke doch um einen der schönsten Marktplätze Baden-Württembergs.

Drexler sagte gegenüber der Stuttgarter Zeitung: „Wir haben in Esslingen mit unseren historischen Häusern einfach eine besonders Situation. Man muss in den Ämtern verstehen lernen, dass diese Häuser nur mit viel Geld und Engagement der Besitzer erhalten werden und dass man ihnen nicht auch noch die Arbeit zum Lebensunterhalt vergällen darf.“

Die Beamten zeigten sich schließlich verständnisvoll und einsichtig. „Die apothekenrechtliche Forderung nach einem barrierefreien Zugang wird nicht weiter aufrecht erhalten“, steht in einem Schreiben, das der Apotheker gerade erhielt. Die Rats-Apotheke darf mit dem derzeitigen Apothekenzugang weiter betrieben werden.

Noch eine weitere gute Nachricht erfreut den Esslinger Apotheker: Die Ausnahmegenehmigung geht im Falle eines Verkaufes der Apotheke auch an den Nachfolger über. Zwar denkt Mauz mit 65 Jahren langsam an eine Nachfolgeregelung, aber mit der Zukunftsprognose der vergangenen Monate hätte er vermutlich keinen Käufer gefunden. Das hätte das Ende einer 500-jährigen Tradition bedeutet, denn die Apotheke befand sich jahrhundertelang immer im Besitz der Familie. Mauz übernahm sie im Jahr 1986 in fünfter Generation.

Urkundlich belegt ist, dass der Esslinger Stadtrat am 1. April 1517 die Einrichtung einer zweiten Apotheke beschloss. Nach einer Ausschreibung wurde Philipp Horn aus Stuttgart als Inhaber benannt. In den 1530er-Jahren bekam Hans Blattenhardt den Zuschlag als Nachfolger. „Seit Eröffnung war die Apotheke immer im selben Gebäude, umgeben von der historischen Apothekergasse. Auch sämtliche Besitzer sind bekannt“, so Mauz. Seit Blattenhardt sei der Betrieb in der weitläufigen Familie geblieben, wenn auch unter wechselnden Namen: „Durch Inhaberwechsel auf die Witwen oder durch Heirat der Witwen oder der Töchter ergab sich jahrhundertelang eine einzigartige Kontinuität“, erzählt der heutige Besitzer.

Die Apotheke überstand viele Krisen, wie etwa in den 1920er Jahren. „Es gab damals eine gewaltige Schließungswelle, weil zahlreiche große Pharmahersteller einzelnen Apotheken die Belieferung verweigerten“, erzählt Mauz. Großvater Theodor gründete darauf 1924 im Haus der Apotheke zusammen mit Vettern, Freunden und Mitstreitern eine Einkaufsgemeinschaft, die Genossenschaft Egwa. „Später fand diese Idee immer mehr Zulauf und Nachahmer. Der Boykott der Hersteller konnte dadurch durchbrochen werden.“

Aus der Egwa in Esslingen wurde nach der Fusion mit der Wiweda die Sanacorp mit Sitz in München. „Nach weiteren Übernahmen ist sie heute einer der führenden Pharmagroßhändler.“ Von 1994 bis 2011 saß Mauz selbst im Vorstand der Sanacorp.

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