„Apotheken-Drohnen-App“

ADApp: Pilotprojekt sucht Drohnen-Apotheken APOTHEKE ADHOC, 16.05.2021 12:18 Uhr

Apotheken-Expertise für den fleigenden Botendienst: Das Projekt ADApp sucht Apotheker für die Konzipierung seiner Arzneimitteldrohne. Screenshot
Berlin - 

Das Dessauer Drohnenprojekt um Apotheker Martin Grünthal kommt in Fahrt: Die Projektpartner der „Apotheken-Drohnen-App“ (ADApp) suchen weitere Teilnehmer – die ihnen helfen sollen, zu verstehen, welche Bedürfnisse die Drohnen aus Apothekensicht erfüllen müssen. Läuft alles glatt, könnte die Drohne schon in zwei Jahren standardmäßig zum Einsatz kommen.

Drohnenprojekte gab es schon so einige, aber das Modellprojekt in Sachsen-Anhalt will erstmals das gesamte Spektrum von der praktischen Anwendung bis zur wissenschaftlichen Auswertung zusammenführen – und hat einen konkreten Fahrplan. „Nicht nur die technische Entwicklung ist innovativ, sondern auch unser Vorgehen“, sagt Dr. Franziska Stephan, die an der Universitätsmedizin Halle als wissenschaftliche Mitarbeiterin für das Projekt zuständig ist. Von der Dessauer Bauhaus-Apotheke über Drohnenbauer Diaven bis zum IT-Entwickler Brain-SCC sind viele Player an der praktischen Umsetzung des fliegenden Botendienstes beteiligt, die Hochschule Anhalt und die Universität Halle wiederum betreuen das vom Bund geförderte Projekt wissenschaftlich – und sind nun auf der Suche nach Apotheken, die sich einbringen wollen.

Geplant sind sogenannte Fokusgruppen, die jeweils aus beteiligten Gruppen bestehen: Apotheker, Ärzte. Patienten und Pflegekräfte. Jede einzelne Gruppe wird mit der Drohne umgehen müssen und hat jeweils eigene Bedürfnisse an Handhabung und Funktionalitäten des kleinen Arzneimittelhelikopters. „Die wichtigsten sind allerdings die Apotheker, weil sie diejenigen sind, die die Drohnen am meisten bedienen und mit ihnen arbeiten. Sie sind die Hauptakteure des Projekts“, sagt Stephan. Die Teilnehmer der Fokusgruppen müssen sich dem Projekt dabei keineswegs fest anschließen, betont sie. „Erst einmal wollen wir je eine Gruppe zusammenstellen, die sich untereinander darüber austauscht, was genau gebraucht wird. Wenn es dann Probanden gibt, die am Projekt teilnehmen, freuen wir uns natürlich besonders.“

Und die Perspektive dazu ist da: Aus den Fokusgruppen sollen dann Kerngruppen hervorgehen, die das Projekt längerfristig begleiten und die Drohnen selbst testen. Sechs Termine in den kommenden zwei Jahren sind dafür eingeplant. Besondere Vorgaben an die Apotheken gibt es dabei nicht. „Da sind wir ganz offen für allem möglichen Interessenten“, sagt Stephan. Allerdings konzentriert sich das Projekt vorerst auf zwei konkrete Szenarien: die Palliativversorgung und Corona-Patienten in Quarantäne.

Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Palliativversorgung biete sich besonders an, weil dort zwei Faktoren zusammenkommen, bei denen die Drohnen eine besonders große Hilfe darstellen können: weite Wege und hoher Zeitdruck. „Für einen Palliativpatienten, der auf sein Morphium wartet, kann eine Stunde das halbe Leben sein. Da kommt es auf eine schnelle Versorgung an“, erklärt Stephan. „Gleichzeitig hat nur rund jede 20. Apotheke eine Zulassung für die Palliativversorgung. Das heißt, die Gebiete, die sie abdecken müssen, sind teils sehr groß und die Medikamente auf dem Straßenweg entsprechend lange unterwegs. Wir denken da hauptsächlich an ländliche Regionen, aber auch in größeren Städten mit dichtem Verkehr spielt das natürlich eine Rolle.“

Wegen der Palliativversorgung soll es auch eine Fokusgruppe mit Pflegekräften geben, schließlich sind sie in den meisten Fällen diejenigen, die die Arzneimittel dann in Empfang nehmen müssen. Anders sieht es bei den Corona-Patienten aus. Im Moment ist der Gedanke absolut naheliegend: Wer in Quarantäne ist, sollte so wenige menschliche Kontakte wie möglich haben. Eine schnelle Anlieferung per Drohne macht da Sinn. Aber auch noch in zwei Jahren? „Corona ist spannend, weil es gerade aktuell ist und man schnell eine Kohorte findet“, erklärt Stephan. „Letztlich kann man die Ergebnisse aus diesem Szenario aber später auch auf die Grippe oder andere Infektionskrankheiten übertragen, bei denen man zuhause bleiben sollte oder muss.“

Der Ethikrat der Universität Halle hat das Projekt bereits abgenickt, „wir sind deshalb guter Dinge, dass wir jetzt zügig voranschreiten können“, sagt Stephan. „Wir liegen gut im Zeitplan.“ Bis spätestens Ende Juni sollen die ersten Fokusgruppen stehen, noch dieses Jahr sollen auf dem Flughafen Cochstedt – den die Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt zum größten Drohnenversuchszentrum Europas machen will – erste Testflüge stattfinden. Dazu, dass die erprobte Drohne dann auch wirklich ihren Bedürfnissen entspricht, sollen die teilnehmenden Apotheker selbst beitragen.