Abseits vom HV

Blick hinter die Kulissen: PTA bei Tilray

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Berlin -

Nicht alle PTA möchten ihr Leben lang im HV stehen und Kund:innen beraten. Die Gründe, weshalb man sich gegen die Offizin entscheidet, können vielfältig sein. Bürokratie, Arbeitszeiten, Gehalt, Themenschwerpunkte – jede/r, der die Apotheke verlässt, hat andere Beweggründe hierfür. Ab und an ist es einfach die Lust auf etwas Neues, so wie bei Adrian Raav, der als PTA bei der Firma Tilray super zufrieden ist.

Adrian Raav ist gelernter PTA. Bei Tilray arbeitet er als Koordinator im Bereich Verarbeitung/Herstellung. Er steuert und koordiniert die praktische Durchführung der Herstellungsschritte und sorgt dafür, dass alles optimal läuft.

ADHOC: Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
RAAV: Mein Arbeitsalltag besteht zum einen aus Bürotätigkeiten in Form von Planung und Dokumentation sowie auch aus praktischer Arbeit und Teilnahme an den Verarbeitungsprozessen inklusive dazugehöriger Dokumentation.

ADHOC: Warum brauchen Unternehmen wie Tilray PTA und Apotheker?
RAAV: Das liegt wohl auf der Hand, wir sind ein pharmazeutischer Hersteller welcher Betäubungsmittel produziert. Der einzige Unterschied zu den meisten anderen pharmazeutischen Herstellern ist wohl, dass wir unseren Ausgangsstoff direkt vor Ort selbst anbauen. Pharmazeutisches Fachwissen sowie Kenntnis über die Regularien und den korrekten Umgang mit Betäubungsmitteln sind unverzichtbar.

ADHOC: Wie kam es dazu, dass Sie sich bei Tilray beworben haben?
RAAV: Die Produktionsanlage von Aphria Rx, die hundertprozentige Tochtergesellschaft von Tilray, wurde unweit meines Wohnortes erbaut, sowas bekommt man mit. Mir war klar, dass pharmazeutisches Personal benötigt würde und dort spannende, echte Pionierarbeit auf mich wartet. Die Geburt einer pharmazeutischen Produktionsstätte dieser Art mitzuerleben und zu unterstützen wollte ich mir nicht entgehen lassen.

ADHOC: Wie war es, die Apotheke zu verlassen?
RAAV: In der Apotheke habe ich bereits ein paar Jahre vorher nicht mehr gearbeitet, die Industrie ist für mich persönlich deutlich attraktiver und bietet Möglichkeiten zur Weiterentwicklung. PTA in Apotheken sollten für die zu tragende Verantwortung und die zu erbringenden Leistungen besser entlohnt werden, um im Vergleich zu Arbeitsplätzen in der Industrie konkurrenzfähiger zu sein.

ADHOC: Was macht Tilray attraktiv?
RAAV: Die Aphria Rx / Tilray ist ein familienfreundlicher Arbeitgeber, und sogar ich als alleinerziehender Vater mit einem Kindergartenkind kann hier Familie und Beruf gut miteinander vereinbaren. Meine Tätigkeiten sind sehr abwechslungsreich, aber wiederholen sich natürlich auch in Teilen, langweilig ist es dennoch nie.

ADHOC: Aus PTA-Sicht: Was müsste sich ändern, damit Cannabis-Rezepturen in der Apotheke noch beliebter werden und Apotheker weniger Scheu vor Cannabis in der Rezeptur haben?
RAAV: Es muss mehr Aufklärungsarbeit erfolgen und mehr Fortbildungsmöglichkeiten müssen geschaffen werden. Es besteht häufig noch zu große Unklarheit, fehlendes Wissen und somit auch eine Hemmung zur Verschreibung seitens vieler Ärzte. Kein Arzt verschreibt Medikamente deren Wirkungen/Nebenwirkungen und potenzielle Einsatzgebiete er noch nicht genau genug kennt. Apotheker:innen und PTA benötigen genauso mehr Kenntnis, um den Patienten ausreichend zu informieren, beraten und Wissen weitergeben zu können. Mit steigenden Verschreibungszahlen würde auch die Festigung des Wissens in den Apotheken im Umgang mit Cannabisrezepturen steigen.

ADHOC: Das heißt die Rezepturherstellung an sich ist nicht das Problem?
RAAV:Die praktische Herstellung der Rezepturen stellt den geringsten Aufwand dar, das korrekte Taxieren ist häufig die größte Hürde für Apotheken, die sich damit nicht tagtäglich beschäftigen. Für diese Apotheken gibt es inzwischen als Serviceangebot auf der Tilray Webseite einen sogenannten Taxierungsrechner, anwendbar für Cannabisblüten, Cannabisextrakte und Dronabinol. Der Rechner vereinfacht die Taxierung und kann so helfen Formfehler zu vermeiden. Zur Vereinfachung der Plausibilitäts- und Ausgangsstoffprüfung gibt es inzwischen ebenfalls viele Hilfsmittel wie Schnelltests und Prüfprotokoll-Vorlagen, die finden sich auch bei Tilray auf der Internetseite.

ADHOC: Wie war das nach Ihrem Einstieg bei Tilray? Gab es Vorurteile bei Freunden oder Familie?
RAAV: Nein, gar nicht. Meine Tätigkeit weckt generell eher Neugier und Interesse. Die Stigmatisierung ist meiner Meinung nach auch durch den „CBD- Hype“ nahezu verpufft. Zusätzlich gibt es inzwischen so ziemlich alles mit oder aus Hanf/ Cannabis. Ich habe den Eindruck das immer klarer wird, dass Cannabis eine Pflanze mit viel Potenzial ist, nicht nur als Medikament oder Betäubungsmittel. Die Pflanze war einfach zu lange negativ behaftet.

Übrigens: Für die Arbeitnehmer:innen, die es wünschen, stellt Tilray eine Bescheinigung aus, dass im Job mit Cannabis gearbeitet wird. Aber dem PTA ist kein Fall bekannt, wo es in der Freizeit mal einen Zwischenfall aufgrund von Rückständen gegeben haben soll (beispielsweise am Flughafen). Dennoch: „Wer möchte bekommt diese Bestätigung seiner Tätigkeit. Sichtbare Produktrückstände sind durch ein strenges Sicherheits-, Bekleidungs- und Hygienekonzept allerdings ausgeschlossen. Da der typische Geruch, und somit molekulare Bestandteile, trotz mehrfachem Kleidungswechsel und der Möglichkeit zu Duschen nicht zu 100 Prozent ausgeschlossen werden können, gibt es diese Bestätigung. Bisher gab es allerdings keinen echten Bedarf für diese.“

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