Modellprojekt gesucht

Via: Kassen ist Grippeimpfung durch Apotheker zu teuer

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Berlin -

Als erster hat der Apothekerverband Nordrhein ein Modellprojekt zu Grippeschutzimpfungen durch Apotheker vereinbart. In Kürze soll in Bayern eine zweite Testregion verabredet werden. In beiden Fällen ist eine AOK der Partner. Auch der Verband innovativer Apotheken (via) möchte gerne ein Modellprojekt abschließen. Aber es findet sich keine Krankenkasse. Via-Vorstandsmitglied Arndt Lauterbach wirft dem Kassenlager daher vor, unter anderem aus Kostengründen auf der Bremse zu stehen: „Wir stoßen dort auf taube Ohren.“   

 

Circa 300 Via-Apotheken stünden bereit, im Herbst Grippeschutzimpfungen durchführen, Lauterbach: „Bei uns stehen alle Ampeln auf Grün." Aber bei den Krankenkassen gebe es nur „geringes Interesse“. Seit Anfang April stehe Via mit verschiedenen Betriebskrankenkassen in Kontakt, auch mit den BKK-Landesverband Bayern. Seit kurzen habe Via auch mit den bundesweiten Ersatzkassen TK, DAK und Barmer Kontakt aufgenommen. Antworten gibt es noch keine – möglicherweise auch wegen der Sommerpause. Dennoch klagt Lauterbach: „Die Kassen stehen auf der Bremse und reagierten mit Ausreden.“

So warteten einige Kassen auf Musterverträge, andere wollten zunächst das bereits vereinbarte Modellvorhaben abwarten. Wieder andere scheuten die Aufgabenverschiebung vom Arzt zum Apotheker. Eine private Krankenkasse habe sogar auf ihre Kooperation mit einer Versandapotheke verwiesen und argumentiert, dass man sich an keinen Projekten beteiligen wollen, deren Aufgaben Versandapotheke nicht leisten könnten. „Die Kassen sind in keiner aktiven Rolle“, klagt Lauterbach, der die Krankenkassen aber in der Pflicht sieht, Modellvorhaben abzuschließen: „Im Gesetz steht, Krankenkassen haben Modellprojekte anzuschließen“ – entweder mit Apothekerverbänden oder Gruppen von Apotheken. Mit ihrer Verweigerungshaltung untergraben die Kassen aus der Sicht von Via somit den eindeutigen Willen des Gesetzgebers.

Ein weiteres Argument der Kassen will Lauterbach erst recht nicht gelten lassen: In den Gesprächen hätten Kassen durchblicken lassen, dass sie fürchten, dass sich im Rahmen der Modellprojekte auch Versicherte impfen lassen würden, die nicht zu einer Risikogruppe zählten: „Aus Sicht der Kassen kostet Impfen zusätzliche Mittel.“ Dabei sei das Gegenteil der Fall: Eine Studie des Gesundheitsökonomen Professor Uwe May belege, dass eine Steigerung der Impfquote gegen Grippe um 12 Prozentpunkte dazu führen, dass pro Saison rund 900.000 Menschen weniger an Grippe erkrankten. Nach Berechnungen von May könnten so neun Millionen Krankheitsfälle, knapp 2,9 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage und 41 Todesfälle vermieden werden. „Unter dem Strich lässt sich durch die Grippeimpfung in den Apotheken sogar Geld sparen“, so Lauterbach. Andere Kassen hätten sogar gefragt, ob Grippeimpfungen in der Apotheke überhaupt etwas kosten müsse. Immerhin übernähmen die Offizinen hierzulande doch auch viele andere Aufgaben ohne Honorar.

Bei Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ist Via Lauterbach zufolge noch nicht vorstellig geworden. Dafür stehe Via im Austausch mit Apotheker Ralf König, der als Mitglied im Health Innovation Hub (hih) Spahn bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens berät. Für das vom Landesapothekerverband Bayern betriebene Modellprojekt in der Oberpfalz sieht Lauterbach kritisch: Das sei der kleinste Bezirk in Bayern mit der geringsten Bevölkerungszahl. Ein solches Projekt mache man, wenn man etwas eigentlich nicht wolle.

Bereits letzten Herbst kurz nach der Gründung hatte via seine Bereitschaft bekundet, sich an den Modellvorhaben zu beteiligen, sagte damals Via-Vorsitzender Thomas Anthes. Der Guten Tag-Apotheker ist Gründungsmitglied des neuen Verbands mit rund 300 Mitgliedern. Das Gesetz nutze den Menschen sowie dem Gesundheitswesen und hilft gleichzeitig den überlasteten Ärzten. Trotz aller Aufklärungsmaßnahmen über die Gefahren dieser schwerwiegenden Infektionskrankheit lassen sich dem Verband zufolge in Deutschland immer noch zu wenige Menschen gegen Grippe impfen. Jedes Jahr sterben daran allein in Deutschland rund 20.000 Menschen. Erfahrungen auch aus dem europäischen Ausland zeigten, dass die Beteiligung der Apotheken an den Impfungen deutliche Verbesserungen bringen können. Lauterbach: „Unser Angebot bedeutet für die Ärzte eine Entlastung.“

 

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