Versandhandel

Amazon, der Rest sind Peanuts

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Berlin -

Wenn Amazon ins Arzneimittelgeschäft einsteigt, wird es ernst. So sieht es Fabian Kaske, Geschäftsführer der Marketingagentur Dr. Kaske. Bei VISION.A, der Digitalkonferenz von APOTHEKE ADHOC und Apotheken Umschau, skizzierte er, mit welchem Giganten es die Apotheken zu tun bekommen würden.

Laut Kaske setzt Amazon in Deutschland 13,2 Milliarden Euro um, von Dritten über die Plattform generierte Erlöse inklusive. Zum Vergleich: Alle Versandapotheken zusammen kommen gerade einmal auf 877 Millionen Euro. Anders ausgedrückt: Um unter die Top-10 der Versandapotheken zu kommen, müsste der Konzern gerade einmal 0,2 Prozent seines Umsatzes mit Apothekenartikeln erzielen. Der Branchenprimus Shop-Apotheke macht gerade einmal 1 Prozent des Umsatzes von Amazon.

Für seine potenziellen Partner bringt der Gigant laut Kaske gewaltiges Kundenpotenzial mit: 44 Millionen Deutsche kaufen regelmäßig bei Amazon. Zum Vergleich: Bei allen anderen Webshops wie Zalando, Otto und Conrad kommen nur 7,6 Millionen regelmäßige Käufer zusammen. Und das Beste für Amazon: 17 Millionen Kunden sind mittlerweile bei Prime – haben sich also mehr oder weniger fest an den Konzern gebunden.

Den Apothekenmarkt sieht Kaske in einer vulnerablen Situation: Ab einem Versandhandelsanteil von 20 Prozent geraten seinen Erfahrungen nach die stationären Händler nämlich unter Druck. Beispiel Buchmarkt: Als Amazon die kritische Schwelle nahm, ging 2011 die US-Buchhandelskette Borders in die Knie, die immerhin doppelt so groß wie Thalia und Hugendubel zusammen war. Beispiel Elektronikfachhandel: Radioshack, zweimal größer als Mediamarkt, musste 2015 Insolvenz anmelden.

Nach Kaskes Zahlen ist der Wendepunkt im Apothekenbereich ebenfalls bereits überschritten. Während IMS einen OTC-Versandhandelsanteil von 15 Prozent ausweist, kommt GfK bereits auf 21 Prozent. Der Markteintritt eines neuen, übermächtigen Konkurrenten wäre für die Branche nur schwer zu verdauen, so Kaske.

Auch die Versender machen sich bereits Sorgen. Zwar sei das Wachstum im Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten ungebrochen, gab DocMorris-Chef Olaf Heinrich gegenüber den Aktionären zu Protokoll. „Der hoch attraktive deutsche Markt zieht jedoch auch neues Kapital an, was zu neuen Modellen führt.“ Da der Rx-Bereich stark reglementiert sei, müsse man alles daran setzen, die Kosten tief zu halten. „Die Marktbelebung dank des Gerichtsentscheids hilft uns jetzt, die Mengen auszuweiten“, so Heinrich mit Blick auf das EuGH-Urteil zu Rx-Boni.

Auch die Shop-Apotheke lebt ganz gut im derzeit kleinteiligen und hoch regulierten Markt. Eine Deregulierung könne den eigenen Wettbewerbsvorsprung abschmelzen lassen, da der Marktzugang dann für Dritte erleichtert würde, so das Management. Das Risiko, auf kurze Sicht mit neuer Konkurrenz konfrontiert zu werden, wird in Venlo aber gleich Null eingeschätzt: Selbst wenn es zu einer Deregulierung kommen würde, wären Konzerne wie Amazon nicht sofort startbereit.

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