Sanicare

Anwältin: Schein war psychisch krank

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Berlin -

Knapp einen Monat nach dem Tod des Apothekers Dr. Volkmar Schein gibt es neue Erkenntnisse: Der ehemalige Sanicare-Mitinhaber soll sich in diesem Jahr mehrfach in psychiatrischer Behandlung befunden haben. Wegen daraus resultierender Zweifel an seiner Geschäftsfähigkeit könnte aus Sicht seiner früheren Anwälte der Gesellschaftervertrag über die OHG fraglich sein – womöglich sogar der gesamte Sanicare-Deal.

Schein hat am 28. Juli Suizid begangen. Jetzt äußerte sich Anwältin Roya Comtesse von der Kanzlei Comtesse & Comtesse gegenüber APOTHEKE ADHOC zu den Hintergründen. Die Saarbrücker Kanzlei hat in dem Sanicare-Streit Schein sowie seine Witwe Ingrid Schein vertreten.

Bei Schein habe eine „weitreichende psychische Beeinträchtigung“ zur Selbsttötung geführt, so Comtesse. „Herr Dr. Schein befand sich auch im Verlauf dieses Jahres in kürzeren Abständen in einer langwierigen psychiatrischen Behandlung, unter anderem stationär.“

Angesichts dieser Erkrankung geht die Anwältin davon aus, dass bei Schein eine Geschäftsunfähigkeit bestanden hat. Diese habe spätestens zum Zeitpunkt der jeweils streitigen Vermögensübertragungen vorgelegen, so Comtesse. Unter Umständen sei dieser Zustand bereits gegeben gewesen, als Schein Sanicare aus der Insolvenzmasse erworben habe.

Die Geschäftsfähigkeit ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Dabei handelt es sich um einen andauernden Zustand. Betroffene benötigen einen gesetzlichen Vertreter. Laut BGB ist eine Person unter anderem geschäftsunfähig, die „sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist“.

Laut Comtesse verdichten sich die Anhaltspunkte „in erheblicher Weise“, dass die streitigen Vermögensübertragungen an Scheins ehemaligen Kompagnon Christoph Bertram von vorne herein nichtig waren. „Ein solcher Nachweis hätte natürlich gravierendste rechtliche Auswirkungen, die derzeit noch nicht einmal absehbar wären.“ Dann käme es auf eine eherechtliche Bewertung des Falls gar nicht mehr an, so Comtesse.

Die Gesellschaftsverträge der Offenen Handelsgesellschaft (OHG) sind Comtesse zufolge ungültig, da die Ehefrau der Vereinbarung zwischen ihrem Mann und Bertram im Nachhinein explizit nicht zugestimmt und in einem Schreiben ausdrücklich ihre Einwilligung verweigert habe. Da um den Wert von Sanicare gestritten werde, wollte das Gericht zunächst ein Sachgutachten sehen.

Comtesse zufolge versuche Bertram die Witwe Scheins „in die Knie zu zwingen“. Die Gegenseite betreibe nach wie vor wegen unberechtigter Forderungen die Vollstreckung gegenüber Ingrid Schein. Aus dem operativen Geschäft von Sanicare hat sich der Apotheker bereits vor Monaten zurückgezogen und in seiner saarländischen Heimat in Losheim am See gelebt.

Schein hatte Sanicare im März 2013 übernommen. Nach dem Tod des vorherigen Inhabers Johannes Mönter im September 2012 war die Versandapotheke in die Insolvenz gerutscht. Schein, damals Inhaber der Hirsch-Apotheke in Losheim, kaufte die niedersächsische Apotheke in Bad Laer inklusive Versandhandel.

Bertram stieg im Herbst 2014 offiziell bei Sanicare ein, die Apotheke wurde in eine OHG umfirmiert, an der beide zunächst je 50 Prozent hielten. Im November 2015 übertrug Schein weitere 45 Prozent an den BS-Apotheken an Bertram – offenbar unentgeltlich. Schein hielt damit zuletzt nur noch 5 Prozent an Sanicare. Derzeit firmiert die Versandapotheke noch als OHG mit zwei Inhabern. Sanicare hat nach eigenem Bekunden noch keine Kenntnis über die Erbschaftsregelung. Laut Chefapotheker Heinrich Meyer besteht derzeit gar kein Kontakt zu Comtesse & Comtesse. Bertram war bislang für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

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