Abrechnung

Rezeptgeld: Vorschlussleistung überholt? Carolin Ciulli, 14.10.2021 14:41 Uhr

Aufgrund der aktuellen Zinslage muss das Modell der Vorschusszahlungen angepasst werden. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Apotheken gehen bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in Vorleistung. In der Regel können sie sich bei ihrem Rechenzentrum vorzeitig auszahlen lassen, um kurzfristig Geld zu erhalten. Das Geschäftsmodell steht aus verschiedenen Gründen vor neuen Herausforderungen.

Apotheken können in Absprache mit ihren Rechenzentren auf Wunsch einen Großteil der Abrechnungssumme als Abschlagszahlung erhalten. Die vorgezogenen Auszahlungen sind dabei in der Regel günstiger als ein gewöhnlicher Dispositionskredit bei der Bank und liegen bei 8 oder 9 Prozent. Weil die Papierrezepte zweimal pro Monat abgeholt und erst überprüft werden, etablierte sich die verzögerte Auszahlung in der Branche.

Das ARZ Haan vereinheitlicht aktuell den Sollzins für die vorzeitige Auszahlung für alle Apotheken auf 0,02 Prozent. Hintergrund sind gestiegene Zinssätze der Banken. „Wir wollen nichts an der vorzeitigen Auszahlung verdienen, aber auch nicht Geld damit verlieren“, sagt ARZ Service-Geschäftsführer Klaus Henkel. Von der Anpassung ist nur ein sehr kleiner Teil der insgesamt rund 3800 Apothekenkunden betroffen.

Insgesamt sind rund 30 Apotheken betroffen, für die bisher Sonderregelungen galten. Ein Inhaber etwa handelte einen Satz von 0,01 Prozent aus, nutzte die Möglichkeit der vorzeitigen Auszahlung zuletzt jedoch nicht. Mit der Art der Kommunikation der Veränderung ist er nicht zufrieden: Er fühlte sich von seinem Außendienstmitarbeiter des Rechenzentrums „überrumpelt“. Man habe ihm gesagt, es ginge „nur um eine kleine Unterschrift, nichts Bedeutendes und für uns gar nicht weiter relevant“, so der Inhaber. „Da gingen bei mir natürlich die Alarmglocken an.“ Der Mitarbeiter habe von einem „Gesellschafterbeschluss“ gesprochen.

Henkel will dem Apotheker die Lage persönlich erklären und bietet einen Austausch an. Der Fall sei „nicht gut erklärt worden“, sagt er. Generell sei es so, dass das Rechenzentrum das Recht habe, den Zinssatz anzupassen. Der Apotheker könne Widerspruch einlegen. Beide Seiten könnten in diesem Falle von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen. Mit der Anhebung auf 0,02 Prozent komme es zu einem Zinssatz von knapp 8 Prozent. Das ARZ Haan liege damit im Branchenvergleich unter Mitbewerbern, bei denen er knapp 9 Prozent betrage, so Henkel.

Die Einführung des E-Rezepts könnte auch zu einem neuen Auszahlungsrhythmus führen. Denn die digitalen Verordnungen landen dann direkt beim Kostenträger und müssen nicht mehr erst als Papierformat eingesammelt und kontrolliert werden. Die Apotheken sollten dann die Möglichkeit erhalten, täglich ausbezahlt zu werden, fordert Henkel. Dazu müsste der Deutsche Apothekerverband (DAV) den Rahmenvertrag neu aushandeln. „Ich bin ein Befürworter der kurzfristigen Liquidität, da damit die Zinskosten für Apotheken wegfallen würden.“