Phytopharmaka

Dr. Kade übernimmt Hexal-Produkte Patrick Hollstein, 13.01.2017 13:45 Uhr

Berlin - 

Dr. Kade hat wieder zugeschlagen: Der Berliner Hersteller übernimmt sechs pflanzliche OTC-Präparate von Hexal. Die vergessenen Schätze sollen zu neuem Glanz gebracht werden und mittelfristig 10 Prozent des OTC-Umsatzes ausmachen.

Zum übernommenen Portfolio gehören die Marken Femikliman, Silicur, Prostaforton, Luvased und Vitaferro. Die Gesamtumsätze lagen nach Zahlen von Insight Health zuletzt bei 1,3 Millionen Euro auf Basis der Apothekenverkaufspreise (AVP). Keins der Produkte hat in seiner Indikation derzeit einen Marktanteil von viel mehr als 1 Prozent.

In Holzkirchen waren die Produkte in den vergangenen Jahren in Vergessenheit geraten; die Indikationsbereiche spielten keine allzu große Rolle mehr. Aus diesem Grund und wegen der geringen wirtschaftlichen Bedeutung hat sich Hexal entschieden, die Marken zu verkaufen. Das soll aber keine Abkehr vom Bereich der pflanzlichen Arzneimittel sein – im Gegenteil: Mit Solvohexal und Gingium will der Konzern auch in der Phytotherapie ganz vorne mitspielen.

Bei Dr. Kade sollen die neuen Produkte den OTC-Bereich stärken, der seit der Übernahme von Marken wie Riopan, Faktu, Sanostol und Pantozol von Nycomed vor drei Jahren eine ganz neue Bedeutung hat. Femikliman passt perfekt zur Kernkompetenz Gynäkologie; hier ist Kade mit dem Antimykotikum Kadefungin Marktführer. Femikliman wurde 1997 eingeführt, das Präparat mit Traubensilberkerze ist eine pflanzliche Alternative zur Behandlung von Beschwerden in den Wechseljahren. Allerdings gibt es mit Remifemin, Klimadynon und Cimicifuga von Aliud etablierte Konkurrenzprodukte.

Mit den anderen Produkten werden neue Indikationen besetzt: Das erst 2009 eingeführte Mariendistel-Präparat Silicur dient dem Schutz der Leber und erweitert das Gastroenterologie-Portfolio von Dr. Kade. Hier konkurriert Kade mit Silymarin-Generika, aber auch Artischocke-Präparaten wie Hepar-SL forte.

Prostaforton enthält Brennesselwurzelextrakt und wird seit 2001 zur Behandlung von Prostatabeschwerden eingesetzt. In diesem Bereich sind ansonsten vor allem Kürbiskern- und Sägepalmpräparate wie Granufink verbreitet.

Bei nervöser Unruhe beziehungsweise zum Einschlafen indiziert sind Luvased mono (Baldrian) und Luvased Nacht (Baldrian/Hopfen). Das Monopräparat war 2001 von der damaligen Hexal-Phytotochter Biocur eingeführt worden. Die Kombination geht auf eine uralte Teezulassung zurück und kam 2006 dazu. In diesem Segment werden neben Baldrian und Hopfen außerdem Mono- und Kombinationspräparate mit Melisse (Baldriparan), Passionsblume (Lioran), Lavendel (Lasea) oder Johanniskraut (Sedariston) eingesetzt.

Vitaferro wird wie Ferro-sanol bei Eisenmangel eingesetzt und war 1984 unter dem Namen Lösferron von Beiersdorf eingeführt worden. Über Lilly kam das Produkt 1994 zu Hexal.

Pflanzliche Arzneimittel sind für Dr. Kade kein gänzlich neues Terrain. Zur Behandlung von Hämorrhoidalleiden bietet der Mittelständler mit Posterine und Faktu lind bereits Phytopharmaka an. Beim Ausbau der jetzt übernommenen Marken setzt die Firma insbesondere auf den Apotheken-Außendienst. Die Vertriebstochter Dr. Kade Avenda ist auf beratungsintensive Themen spezialisiert und wird den Apotheken auch zu den neuen pflanzlichen Präparaten einen umfassenden Service anbieten.

Dr. Kade wurde 1886 gegründet und beschäftigt etwa 400 Mitarbeiter. Im Geschäftsjahr 2014/2015 verzeichnete der Hersteller einen Umsatz von etwa 113 Millionen Euro. Die Berliner sind traditionell in den Indikationsbereichen Proktologie, Gynäkologie, Andrologie und Schmerz aktiv. Mit der Übernahme der OTC-Sparte von Nycomed kamen Gastroenterologie und die Bereich Vitamine/Aufbaupräparate dazu. Seit 1992 gibt es ein Joint Venture mit dem belgischen Hersteller Besins, das das Hormonprodukt Testogel vertreibt.

Geschäftsführer von Dr. Kade ist Felix König, Sohn des langjährigen Firmenchefs Detlef König. Den Bereich Marketing und Vertrieb verantwortet in der Geschäftsleitung Ute Wynands. Dr. Norbert Marquardt ist für den technischen Bereich zuständig; er folgte Ende 2015 auf Hans-Gisbert Ott, der in den Ruhestand ging. Annett Schubert verantwortet den medizinischen Bereich.