Versandapotheken

Neuer Chef für Apo-Discounter Patrick Hollstein, 12.04.2021 08:37 Uhr

Berlin - 

Bei Apo-Discounter gibt es einen Führungswechsel: Firmenchef Helmut Fritsch zieht sich aus dem operativen Geschäft zurück und übergibt die Leitung an Dr. Oliver Scheel. Als Gesellschafter und Berater bleibt Fritsch der Gruppe aber erhalten.

Seit Anfang April ist Scheel neuer CEO von Apologistics, der Kapitalgesellschaft hinter der Versandapotheke sowie ihrem Ableger in den Niederlanden. Fritsch, der das Unternehmen aufgebaut und unter anderem durch Zukäufe zu seiner heutigen Größe gebracht hat, wird das Unternehmen aus Beirat mit seiner Expertise unterstützen. Auch als Gesellschafter bleibt er an Bord; aktuell gehören seiner Holding mit Sitz in der Schweiz noch 35 Prozent der Anteile. Mehrheitseigentümer ist die Beteiligungsfirma THI der Industriellenfamilie Hagenmeyer.

„Ich freue mich sehr auf die neue Aufgabe, gemeinsam mit einem starken Team das nächste Kapitel der Apologistics-Gruppe aufzuschlagen“, so Scheel. „Im wachsenden Markt der Online-Apotheken ist das Unternehmen mit seinen hochautomatisierten Logistikprozessen das mit Abstand innovativste und verfügt über alle Grundlagen, um in den kommenden Jahren überproportional zu wachsen und die eigenen Marktanteile deutlich zu erhöhen.“

Scheel ist von Hause aus Biochemiker und begann seine Karriere in der Entwicklung bei Beiersdorf (Nivea). Ende der 90er-Jahre war er bei L‘Oréal als Senior-Produktmanager für die Marken Garnier und Jade sowie den zugehörigen Außendienst verantwortlich. Von 2000 bis 2017 betreute er als Partner den Gesundheitsbereich bei der Unternehmensberatung A.T. Kearney. 2018 setzte ihn der Finanzinvestor EQT als CEO beim Prothesenhersteller Ottobock ein, übertrug ihm jedoch wenige Monate später den Posten des Chief Transformation Officer (CTO) bei der gerade übernommenen Zahnarztkette Curaeos mit Sitz in den Niederlanden.

Apologistics ist mit Apo-Discounter und ihren diversen Webshops sowie dem niederländischen Ableger Apo.com nach eigenen Angaben aktuell die drittgrößte Versandapotheke im deutschen Markt hinter DocMorris und den diversen Ablegern sowie Shop-Apotheke. Der Umsatz von 200 Millionen Euro entspricht nach Unternehmensangaben einem Marktanteil von 8 Prozent. Das hochautomatisierte Logistikzentrum in Markkleeberg bei Leipzig liegt in der Nähe zum DHL-Hub und versorgt Kunden in Deutschland, Polen und Österreich. Auch in Duiven hinter der niederländischen Grenze wurde ein vollautomatisiertes Logistikcenter in Nähe zu DHL errichtet – hier liegt die Ausbaukapazität nach Unternehmensangaben bei mehr als einer Milliarde Euro Jahresumsatz.

Durch den „intelligenten Verbund“ beider Logistikzentren kann die Gruppe Kunden in bestimmten Regionen mittlerweile ein Angebot der „Same-Day-Delivery“ machen. Durch Kooperationen mit führenden Partnern – beispielsweise den Telemedizinanbieter Kry – fühlt man sich bei Apologistics außerdem bestens für den „rasch wachsenden Anteil der rezeptpflichtigen Bestellungen“ gerüstet. Das Unternehmen rechnet mit einem nochmals beschleunigten Wachstum durch die Einführung des E-Rezeptes ab Sommer. So werde sich bis 2025 der deutsche Online-Apothekenmarkt auf mehr als 12 Milliarden Euro verfünffachen.

Dr. Ludger Laufenberg, Geschäftsführer „Strategy & Business Development“ bei THI, sieht „ausgesprochen positive Entwicklungs- und Wachstumsmöglichkeiten“ des Unternehmens als digitale „Apotheke für alle“ im Zusammenhang mit dem Start des E-Rezepts. Er sieht Apologistics mit Verstärkung durch Scheel bestens gerüstet, um sich in den nächsten Jahren nachhaltig positiv im Wettbewerb zu positionieren: „Wir freuen uns sehr, dass wir mit Dr. Scheel einen hochkompetenten Experten aus dem facettenreichen Gesundheitsmarkt sowie eine umfassend erfahrene Führungspersönlichkeit für Apologistics gewonnen haben.“

Auch Fritsch blickt mit Vorfreude auf die weitere Entwicklung des Unternehmens und die Zusammenarbeit mit Scheel: „Nach dem erfolgreichen Aufbau und Wachstum von Apologistics in den letzten Jahren stehen wir vor weiteren spannenden Entwicklungsschritten und ich freue mich, Dr. Scheel und das gesamte Team auf diesem Weg unterstützen zu können.“

Scheel führt Apologistics gemeinsam mit Fritschs langjährigem Vize Dirk Wappler. Die Apotheke hinter Apo-Discounter ist die Apotheke im Paunsdorf-Center in Leipzig, die Fritschs Ehefrau gehört. Kirsten Fritsch stammt aus einer Apothekerfamilie aus Bad Wimpfen bei Heilbronn; dank der Kontakte ihres Vater zu einem ehemaligen Vorstand der Schwarz-Gruppe (Lidl/Kaufland) bekam ihr Mann ab Ende der 1990er-Jahre einen Zugriff auf Standorte in Kaufland-Märkten, die er an Apotheker:innen untervermietete. Fritsch selbst betrieb lange die Apotheke im Kaufpark Eiche bei Berlin. 2017 gab er das Geschäft auf, um sich ganz um Apologistics zu kümmern. Die Kapitalgesellschaft wickelt weite Teile des operativen Geschäfts für Apo-Discounter ab und hält außerdem die Marken- und Domainrechte. In den Niederlanden gehört der Apothekenbetrieb direkt zur Gruppe; die Kapitalgesellschaft kann die Umsätze direkt konsolidieren.

Im Februar 2018 war THI bei Apologistics eingestiegen. Auf 60 Millionen Euro summierte sich das Investment der ehemaligen Eigentümer des Getriebebauers Getrag zunächst. Nach einer ersten Kapitalerhöhung im Dezember stockte THI den Anteil für zehn Millionen Euro von 45 auf knapp etwas mehr als 50 Prozent auf – erstmals verfügte Fritsch damit nicht mehr über die einfache Mehrheit, um Gesellschafterbeschlüsse durchsetzen zu können. Im vergangenen Jahr hielt THI vorübergehend sogar eine Dreiviertelmehrheit.

Finanzierungspartner der ersten Stunde war Disko; die Leasingsparte von GE Capital stellte das notwendige Kapital für die Kommissionieranlage zur Verfügung. 2013 stieg Dr. Gerhard Köhler, ehemaliger Banker und Großaktionär beim Fotoanbieter Orwo, mit zwei Millionen Euro zunächst als stiller Gesellschafter bei Apologistics ein. Nach Umwandlung ein Jahr später gehörten ihm bis zur Ablösung durch THI rund 5 Prozent der Anteile.

In den Anfängen von Apo-Discounter 2004 wurden rund 50 Aufträge pro Tag manuell bearbeitet. Später wurden Automaten angeschafft, 2007 wurde das Versandgeschäft ausgelagert: In Markkleeberg am anderen Ende von Leipzig wurde das Logistikzentrum mit 6500 Quadrartmetern eröffnet.

Parallel gab es Zukäufe: 2017 übernahm die Gruppe zunächst Internetseite und Kundenstamm des Konkurrenten Medipolis aus Jena übernommen. 2018 folgte mit der Deutschen Internet Apotheke (DIA) der zweite Versender innerhalb kurzer Zeit. Später wurde außerdem das Versandgeschäft von Juvalis und Apolux übernommen. Apo-Discounter ist außerdem unter Apotheke-online.de und Versandapo.de zu erreichen. Apo-Discounter.pl richtet sich an eine polnische Klientel, Cn.apo.com an chinesische Kundschaft. Verkauft werden Produkte auch über Amazon und Ebay. Bereits 2010 wurde Apo-Discounter außerdem zur offiziellen Lidl-Partnerapotheke.