Streit um Markenrechte

Nach Gerichtsurteil: Alliance bald nicht mehr Alliance?

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Berlin -

Weltweit treten die Großhandlungen von Stefano Pessina unter dem Namen Alliance Healthcare auf – auch die deutsche Traditionsfirma Anzag wurde vor einigen Jahren umbenannt. Doch jetzt hat ein hierzulande unbekannter Generikahersteller vor dem Bundespatentgericht erfolgreich seine Markenrechte geltend gemacht. Ausgerechnet Konkurrent Gehe könnte davon profitieren.

Pessina hatte die Anzag Ende 2010 mehrheitlich übernommen und zwei Jahre später von der Börse genommen. Seit April 2013 tritt der traditionsreiche Großhändler aus Frankfurt unter dem Namen Alliance Healthcare Deutschland (AHD) auf. Ähnlich rigoros war der Konzernchef schon in anderen Ländern vorgegangen – so waren etwa Unichem in Großbritannien oder Holtung in Norwegen zwangsumgetauft worden. Auch das deutsche Kooperationskonzept Vivesco musste dem paneuropäischen Alphega weichen.

Heute trägt der Konzern die drei Säulen im Namen: Walgreens Boots Alliance (WBA) steht für die beiden Apothekenketten in den USA und in Europa und für das Großhandelsgeschäft.

Doch hierzulande hat Pessina jetzt ein Problem, denn das Bundespatentgericht hob die Eintragung der Markenrechte auf. Der britische Hersteller Alliance Pharmaceuticals hatte sich die Rechte an der Wortmarke „Alliance“ schon 2006 gesichert und fristgerecht Widerspruch gegen die Eintragung beim Deutschen Patent- und Markenregister eingelegt.

Die Markenstelle sah zunächst keine Verwechslungsgefahr: Der Bestandteil „Alliance“ im Namen des Großhändlers trete nicht selbständig kennzeichnend hervor, sondern verschmelze mit dem nachstehenden Wort „Healthcare“ zu einem Gesamtbegriff. Daher seien die beiden Marken hinreichend voneinander abgegrenzt.

Doch das Bundespatentgericht entschied anders: Der Zusatz stelle nur eine beschreibende und damit schutzunfähige Angabe dar – die angesprochenen Verkehrskreise würden den eigentlichen Hinweis auf die Herkunft alleine in dem Wort „Alliance“ sehen, was sich auch in der entsprechend verkürzten mündlichen Wiedergabe widerspiegele. Den „zur Vermeidung einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr gebotenen Abstand“ halte die jüngere Marke daher nicht ein.

Weil der Hersteller hinreichend nachgewiesen habe, dass er die Marke seit Jahren auch tatsächlich benutze, gelten die Rechte laut Bundespatentgericht nicht nur für den Bereich der pharmazeutischen Produkte (Klasse 5), sondern auch für den für AHD deutlich relevanteren Bereich des Groß- und Einzelhandels in den Bereichen Pharmazie, Medizin, Gesundheit und/oder Kosmetik (Klasse 35).

Laut Bundesgerichtshof (BGH) sei nämlich schon dann von einer Ähnlichkeit auszugehen, wenn „sich die Dienstleistungen auf die entsprechenden Waren beziehen und die angesprochenen Verkehrskreise auf Grund dieses Verhältnisses annehmen, die Waren und Dienstleistungen stammten aus denselben Unternehmen“. Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.

Pessinas Anwälte müssen sich nun also vermutlich mit dem Hersteller einigen – oder einen Joker ziehen: WBA und der US-Konkurrent McKesson wollen ihr Deutschlandgeschäft in ein Gemeinschaftsunternehmen einbringen. Unter welchem Namen und wessen Führung das Gemeinschaftsunternehmen auftreten soll, wurde bislang genauso wenig verraten wie Details dazu, wo es seinen Hauptsitz haben wird. Weil die Anteile 70:30 verteilt sind, waren der Name AHD samt gelber Wanne eigentlich gesetzt. Möglicherweise bleibt den deutschen Apotheken nun doch ihr Traditionslieferant erhalten – weil ein hierzulande unbedeutender britischer Hersteller seine Rechte durchgesetzt hat.

WBA will sich dazu nicht äußern. „Wir nehmen die jüngste Entscheidung des Bundespatentgerichts zur Kenntnis“, kommentiert eine Sprecherin die Entscheidung auf Nachfrage. „Es stellt unsere langjährigen Rechte an unseren Alliance Healthcare-Marken in keiner Weise in Frage.“

Die Entscheidung beziehe sich lediglich auf eine geplante Verwendung der Marke Alliance in Verbindung mit bestimmten Produkten der Markenklasse 5 in Deutschland. „Wir überprüfen derzeit diese Entscheidung und bewerten alle uns zur Verfügung stehenden Optionen.“

Die Umbenennung wäre freilich das kleinste Problem. Die Fusion solle die Wettbewerbsfähigkeit stärken, die Qualität sichern und Skaleneffekte im deutschen Pharmagroßhandel ermöglichen, hieß es. Gemeinsam verfügen AHD und Gehe über 42 Standorte, davon gehören Gehe 17 und AHD 25. Einige Vertriebszentren liegen nur wenige Kilometer auseinander. Ein Kahlschlag könnten den gesamten Großhandelsmarkt durcheinander wirbeln.

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