Milliardenzukauf sorgt für Skepsis

Morphosys übernimmt US-Biotechfirma – Aktie verliert

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Berlin -

Das Biotechunternehmen Morphosys bringt sich mit einer Milliardenübernahme in Stellung für weiteres Wachstum in den USA. Die Bayern kaufen die auf Krebstherapien spezialisierte US-Biotechfirma Constellation Pharmaceuticals, wie Morphosys am Mittwoch in Planegg bei München mitteilte. Sie bewerten das Eigenkapital von Constellation dabei mit 1,7 Milliarden US-Dollar, oder rund 1,4 Milliarden Euro. Konzernchef Jean Paul Kress sprach auf einer Telefonkonferenz von einem „transformativen“ Geschäft. Mit dem Zukauf sichere sich Morphosys die Chance, sein Wachstum „dramatisch“ zu steigern.

Morphosys bietet den Constellation-Aktionären 34 Dollar je Aktie in bar – dies entspricht nach Unternehmensangaben einem Aufschlag von etwa 70 Prozent auf den volumengewichteten Durchschnittskurs der vergangenen fünf Handelstage. Da sich die Führungsgremien beider Unternehmen bereits einig sind, ist der Abschluss der Übernahme für das dritte Quartal geplant.

Finanziert wird der Zukauf mit Geld von Royalty Pharma, einem US-Finanzunternehmen, das Morphosys Unterstützung im Umfang von rund 2 Milliarden Dollar zugesagt hat. An der Börse kamen die Nachrichten jedoch nicht gut an, denn zu der Vereinbarung mit Royalty Pharma gehört auch eine Barkapitalerhöhung von Morphosys ohne Bezugsrecht bestehender Aktionäre. Die Papiere des Konzerns rutschten am MDax-Ende auf ein Tief seit 2017, zu Handelsschluss betrug der Abschlag rund 13 Prozent. Aktien von Constellation hingegen zogen an der Wall Street um fast 70 Prozent an und notierten zuletzt nahe dem Angebotspreis.

Kopfzerbrechen bereiteten am Markt einigen Beobachtern auch andere Aspekte der umfangreichen Vereinbarung mit Royalty Pharma. Das US-Finanzunternehmen sicherte Morphosys eine Vorabzahlung von knapp 1,43 Milliarden Dollar zu und räumt dem deutschen Konzern zudem Entwicklungsfinanzierungsanleihen in Höhe von 350 Millionen Dollar ein. Hinzu kommen 150 Millionen Dollar, wenn Morphosys bei einigen Medikamentenkandidaten bestimmte Meilensteine erreicht. Im Gegenzug sicherte sich Royalty Pharma eine kleine Umsatzbeteiligung an den beiden Constellation-Mitteln sowie unter anderem den Großteil künftiger Lizenzeinnahmen aus den beiden Prüfmedikamenten Gantenerumab (Alzheimer) und Otilimab (Rheumatoide Arthritis). Die beiden Medikamente werden derzeit in Kooperation mit den Pharmakonzernen Roche beziehungsweise GlaxoSmithKline (GSK) in klinischen Studien getestet.

Besonders schwer aber dürfte wiegen, dass Royalty Pharma nach Abschluss des Deals mit Constellation künftig auch Anspruch auf sämtliche Lizenzgebühren aus dem Schuppenflechtemittel Tremfya hat. Die Umsatzbeteiligung am Medikament des dänischen Pharmaherstellers Janssen war bislang ein wichtiger Erlösbringer für Morphosys – zumal die Umsätze mit dem hauseigenen Krebsmedikament Monjuvi zuletzt hinter den Erwartungen des Marktes hinterhergehinkt waren.

Morphosys erhofft sich mit dem Constellation-Deal nunmehr eine Stärkung seiner Pipeline. Der Konzern expandiert nach eigenen Angaben mit der Übernahme in das Therapiegebiet der sogenannten soliden Tumore und stärkt damit seine Position in der Hämatologie-Onkologie. Kress betonte, mit Constellation sichere sich der Konzern zwei Medikamente, die womöglich federführend werden könnten. Damit könne Morphosys auch Wert für seine Aktionäre schaffen. Die beiden wichtigsten Produktkandidaten des Epigenetik-Spezialisten aus den USA befinden sich derzeit noch in der klinischen Entwicklung. Am weitesten vorangeschritten ist Pelabresib, das derzeit in einer späten Phase-3-Studie an Patienten mit Myelofibrose, einem Knochenmarkskrebs, getestet wird.

Morphosys hatte in den vergangenen Jahren für sein erstes eigenes Krebsmedikament und wichtigsten Hoffnungsträger Monjuvi eine eigene Vertriebsorganisation in den USA aufgebaut. Mit Constellation stärke Morphosys seine Präsenz am US-Markt weiter, sagte Kress. Zudem eigne sich Morphosys „Entwicklungs- und Vermarktungskompetenz perfekt dazu, die Programme von Constellation zu beschleunigen“, um sie auf den Markt zu bringen, hieß es in der Mitteilung weiter.

Der eigentliche Deal dazu ist komplex. Das Übernahmeangebot für alle im Umlauf befindlichen Constellation-Anteile erfolgt in einem ersten Schritt über eine indirekt gehaltene hundertprozentige Morphosys-Tochter. In einem zweiten Schritt will das Unternehmen dann im Rahmen einer Fusion auch den Rest übernehmen, Halter zuvor nicht angedienter Anteile sollen ebenfalls 34 Dollar pro Aktie erhalten. Morphosys will auch nach Abschluss der Transaktion seinen Hauptsitz in München behalten, mit Constellation komme nun aber ein für die Vermarktung und Forschung bedeutender Standort in Boston im Bundesstaat Massachusetts hinzu.

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