Apothekenkooperationen

Linda ohne Lutsch Lothar Klein, 19.06.2018 10:34 Uhr

Berlin - 

Nach 17 Jahren Mitarbeit im Marketing Verein Deutscher Apotheker (MVDA) zieht sich Jürgen Lutsch nicht nur aus dem Präsidium zurück. Der Apotheker aus Kall in der Eifel legt alle Ämter nieder. Sein Abgang reißt eine große Lücke, darüber sind sich alle an der MVDA-Spitze einig. Lutsch mach persönliche Gründe für seinen Rückzug geltend. Aber es gab auch Meinungsverschiedenheiten und Konflikte im seit drei Jahren bestehenden fünfköpfigen Präsidium.

„Jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen“, sagt Lutsch. „Das MVDA-Feld ist bestellt, jetzt kann ich ein kompletten Cut machen.“ In den letzten Jahren habe die Arbeit im MVDA „viel Zeit gekostet“, jetzt will sich Lutsch wieder intensiv um seine Linda-Flagship-Apotheke in Kall kümmern. Aber eine Rückkehr in die MVDA-Gremien will Lutsch nach einer Ruhephase „nicht ausschließen.“

Von Kontroversen im neuen, vor drei Jahren von zwei auf fünf Personen erweiterten MVDA-Präsidium will Lutsch als Grund für seinen Rückzug nichts wissen. „Klar werden Dinge im MVDA kontrovers diskutiert“, aber dass er sich zu häufig überstimmt fühlte, ist laut Lutsch nicht der Anlass: „Ich habe persönliche Gründe, werde jetzt 53 Jahre und möchte eine Pause einlegen.“

Im Präsidium leitet Lutsch noch bis September die Kommission Kommunikation & Medien. In dieser Funktion war er Mitglied des Redaktionsrats* des in zwischen eingestellten Linda-Magazins. Den Schwenk zur jetzigen Kooperation mit der Apotheken Umschau des Wort & Bild Verlages hat er in die Wege geleitet und gemanagt.

Zum Jahreswechsel stellte Linda das eigene Kundenmagazin ein, dafür erhalten die Kunden jetzt die Apotheken Umschau. Linda steuert – wie andere Kooperationen – einen exklusiven Beileger bei, außerdem gibt es eine eigens gestaltete Titelseite. Und die MVDA-Mitglieder ohne Linda-Apotheke bekommen die Umschau billiger. Eigens für die Linda-Apotheken wird ein eigenes Rätselmagazin vom Wort & Bild Verlag aufgelegt. Das Kinderposter „Medizini“ löst das Magazin „Lindani“ ab.

Nach eigenen Angeben hat Lutsch aber weit darüber hinaus im MVDA gewirkt: „Ich war maßgeblich an der Entwicklung der Marke Linda beteiligt.“ Ein großes Thema sei auch die Digitalisierung gewesen. Zuletzt hat Lutsch die digitale Filiale 24/7 mit auf den Weg gebracht.

2017 kündigte Linda an, Amazon mit den „digitalen Filialen“ Konkurrenz machen zu wollen. Mit Linda 24/7, so der interne Name des Konzeptes, sollen Kunden ihre Medikamente online vorbestellen und dann in der Lieblingsapotheke abholen. Wer will, kann sich die Ware auch nach Hause liefern lassen. Bei der Umsetzung arbeitet die Apothekenkooperation mit Payback, Phoenix und ADG zusammen. Die Vernetzung der Partner bei einem so großen Projekt sei „herausfordernd“, hieß es von Linda. Heute hat Linda mehr als 600 unterschriebene Verträge für das System Linda 24/7. Auch die App ist sowohl für Google als auch für Apple Store online. Jetzt werden die Apotheken nach und nach eingebunden, über 350, sind online.

Schnelligkeit ist der Schlüssel zum Erfolg: Wer bis 12 Uhr bestellt, hält seine Ware ab 16 Uhr in den Händen, so das Versprechen von Linda 24/7. Es steht jeder Apotheke frei, je nach Liefersituation noch schneller zu reagieren. 50 Prozent der Mitglieder könnten vermutlich schon innerhalb von zwei Stunden liefern. Die schnelle Verfügbarkeit der Medikamente soll Phoenix sicherstellen.

Linda hatte mit Orderlinda vor einigen Jahren bereits ein ähnliches Konzept am Start, das allerdings floppte. „Entscheidend ist, dass die Apotheken dem System vertrauen“, so Lutsch. Die Resonanz der Mitglieder sei positiv, weil sie vom Nutzen überzeugt seien. „Wir sind überzeugt, dass Linda 24/7 viele Dinge im Apothekenalltag erleichtern wird.“ Auch am rechtlich gescheiterten Projekt Vorteil24 war Lutsch maßgeblich beteiligt.

Außerdem war Lutsch wegen seiner Nähe zu Köln häufiger als andere in der dortigen MVDA-Zentrale präsent und war Regionalsprecher für Köln. Für diese Position wird in Kürze ein Nachfolger gewählt. Wegen des von ihm geleisteten Arbeitspensums empfiehlt Lutsch künftig seine Aufgaben auf „mehrere Schultern“ zu verteilen.

Als Lutschs Nachfolger im Präsidium ist MVDA-Vorstandsmitglied Norbert Peter im Gespräch. Peter ist Leiter der Gesundheitspolitik und Regionalsprecher für Berlin. Im September soll er als Nachfolger von Lutsch ins Präsidium aufsteigen. Das Präsidium wird vom MVDA-Vorstand gewählt. Die MVDA-Gremien sind auf drei Jahre gewählt.

Im Frühjahr haben die Wahlen der Mentoren bereits begonnen. Diese vertreten für den Zeitraum von drei Jahren jeweils 25 Mitglieder. Jeder Apotheker hat eine Stimme. Die knapp 120 Mentoren bilden die Delegiertenversammlung und wählen ihrerseits die 18 Regionalsprecher des MVDA. Diese stimmen im Vorstand über das Präsidium ab. Außerdem gründen und besetzen sie Ausschüsse und Kommissionen. Deren Vorsitzende sind ebenfalls Mitglieder im maximal 25-köpfigen Vorstand.

Derzeitig gibt es im MVDA einen Ausschuss und zwei Kommissionen, deren Vorsitzende auch Mitglied im Präsidium sind. Der Ausschuss Marketing, zu dem auch die AK Eigenmarke, AK Planogramm und andere gehören, wird durch Klaus Lieske geleitet. Für die Kommission Kommunikation und Medien wurden vor drei Jahren zwei Kommissionen zusammengelegt.

An der Spitze der Kommission Pharmazeutische Kompetenz, dem die Arbeitskreise Disease Management und QMS zugeordnet sind, steht Dr. Sven Simons (Apotheke am Stadttor, Neuenrade). Ansprechpartner für das Schiedsgericht, das direkt von der Delegiertenversammlung besetzt wird, ist Dr. Arndt Fleischer aus der Schloß Apotheke in Königs Wusterhausen. Spätestens im September sollen das Präsidium sowie die Ausschüsse und Kommissionen neu besetzt werden. Im Oktober beginnt die neue Amtszeit.

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*Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Beitrags hatte es geheißen, Lutsch sei Chefredakteur des Magazins gewesen. Tatsächlich war er Mitglied des Redaktionsrats.