EU-Versandapotheke

Kunden-Deal mit Shop-Apotheke

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Berlin -

Die EU-Versandapotheke ist Geschichte. Doch offenbar hat Inhaberin Dr. Bettina Habicht auf den letzten Metern noch einen Deal eingefädelt. Jedenfalls wird Ex-Kunden in einem Schreiben die Shop-Apotheke als neuer „Gesundheitspartner“ und „kompetente Alternative“ empfohlen – inklusive Extra-Rabatt. Es besteht der Verdacht, dass der börsennotierte Versender aus Venlo für diese freundliche Empfehlung gezahlt hat, belegt ist dies aber nicht.

Die EU-Versandapotheke ist seit dem Abend des 22. Februar online nicht mehr zu erreichen. Eine frühere Domain leitet mittlerweile auf eine Art Hilfe- und Beschwerdeseite für geprellte Kunden weiter, offenbar betrieben von ehemaligen Beschäftigten. Am 23. März wurde dann auch die Apotheke am Telering in Cottbus geschlossen. Mehr als 50 Angestellte haben ihren Job verloren.

Und angeblich haben zuletzt tausende Kunden vergeblich auf ihre Arzneimittel gewartet. Auch bei APOTHEKE ADHOC fragen immer wieder verzweifelte Patienten nach, wie sie an ihre bereits bezahlten Medikamente kommen – oder zumindest an ihr Geld. Für diese „Unannehmlichkeiten“ bei der letzten Bestellung entschuldigt sich Habicht jetzt in einem Kundenbrief. Die Apothekerin bedankt sich für die Treue und möchten den Kunden gleichzeitig „einen neuen Gesundheitspartner“ empfehlen: „Für Ihre zukünftigen Bestellungen von Medikamenten, Gesundheits- und Beauty-Produkten steht Ihnen Shop-Apotheke als kompetente Alternative zur Verfügung“, schreibt Habicht.

Die Apothekerin findet viele warme Worte für den bisherigen Konkurrenten: „Bei der führenden Online-Apotheke Deutschlands profitieren Sie zudem von Extra-Leistungen und Services wie zum Beispiel dem Bonus auf rezeptpflichtige Arzneimittel, einer kompetenten pharmazeutischen Betreuung, kostenlose Wechselwirkungs-Checks oder dem RedPoint-Vorteilsprogramm.“

Die ehemaligen Kunden der EU-Versandapotheke werden zusätzlich mit einem Gutscheincode gelockt: „Vertrauen Sie in Zukunft auf die Vorteile von Shop-Apotheke und sichern Sie sich bei Ihrer ersten Bestellung einen Extra-Rabatt von 10 Prozent“, schreibt Habicht. Den Nachlass gibt es allerdings erst ab einem Mindestbestellwert von 29 Euro. Immerhin: Regulär erhalten Neukunden bei der Shop-Apotheke diesen Bonus erst ab 60 Euro Bestellwert.

So viel Empfehlung klingt eher nach Vermittlung. Dafür spricht auch das Design des Gutscheincodes in den Farben der EU-Versandapotheke. Die Kunden sollen offenbar möglichst sanft zur Shop-Apotheke geführt werden, die dank dieser Aktion sehr schnell an Neukunden kommen könnte. Nicht alle Ex-Kunden zeigen sich dankbar, sondern fordern Habicht vielmehr auf, alle Kundendaten zu löschen und unter keinen Umständen an Dritte weiterzugeben. Sollte die Shop-Apotheke die Kundendaten bereits erhalten haben, soll das sofort rückgängig gemacht werden, schreibt ein Kunde an Habicht.

Insider vermuten, dass bis zu einer Million Kunden angeschrieben wurden – und dass die Aktion von der Shop-Apotheke finanziert wurde. Bestätigt ist das allerdings nicht, eine Stellungnahme der Shop-Apotheke steht noch aus. Habicht war nicht zu erreichen, ihr Ehemann Sven Schumacher, der ebenfalls im Management der EU-Versandapotheke aktiv war, wollte auf Nachfrage keinen Kommentar abgeben.

Interessant sind diese Entwicklungen auch vor dem Hintergrund eines möglichen Insolvenzverfahrens: Habicht hat für die Firma Equa Consulting Antrag auf Insolvenz gestellt. Bei dieser Firma waren alle rund 50 Angestellten aus dem Versandbetrieb beschäftigt. Habicht ist Alleingesellschafterin und neben Schumacher Geschäftsführerin. Der vom Gericht bestellte Insolvenzsachverständige soll zunächst prüfen, ob Habicht zahlungsunfähig oder überschuldet ist und ob eine kostendeckende Masse vorhanden ist. Die Berliner Kanzlei macht zum Vorgang vorerst keine Angaben. Fest steht: Der Wert des Kundenstamms wird durch die Aktion mit der Shop-Apotheke nicht gesteigert.

Sehr interessiert werden die Vorgänge rund um die EU-Versandapotheke in Mannheim beobachtet, denn der Großhändler Phoenix macht vor dem Landgericht Cottbus offene Forderungen in Höhe von 5,4 Millionen Euro geltend. Am 17. April wird in der Sache erneut verhandelt.

Im Auftrag von Phoenix hatten sich Anwälte allerdings schon bei potenziellen Kaufinteressenten der EU-Versandapotheke gemeldet. Demnach hat Habicht im Jahr 2013 eine Kaufpreisabtretung unterschrieben. Interessenten für den Kundenstamm müssten sich also zunächst an den Großhändler wenden. Dem Vernehmen nach hat Phoenix wegen der aktuellen Werbeaktion für die Shop-Apotheke jetzt die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Der Großhändler hat dies noch nicht bestätigt.

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