TI der Gematik

Keine MwSt-Senkung: 19 Prozent für SMC-B-Card Lothar Klein, 20.07.2020 14:58 Uhr

19 Prozent MwSt.: Diese SMC-B-Card öffnet das Tor zur digitalen Apothekenwelt. Screenshot
Berlin - 

Zum 1. Juli hat die Bundesregierung die Mehrwertsteuer (MwSt.) von 19 Prozent auf 16 Prozent gesenkt, um die unter der Corona-Krise leidende Wirtschaft anzukurbeln. Seitdem purzeln nicht nur im Einzelhandel die Preise. Rabattschlachten gibt es auch bei Autohändlern. Nur die Apotheken mussten wegen des Kassenabschlags drauflegen. Jetzt dürfte der Ärger noch größer werden: Denn auch für die für den Anschluss an die TI der Gematik erforderliche SMC-B-Card von D-Trust sinkt die Mehrwertsteuer nicht. Die Tochterfirma der Bundesdruckerei beruft sich auf das Kleingedruckte der MwSt.-Senkung.

Apotheker Dr. Andreas Martin Voß von der Kloster-Apotheke in Horrheim staunte nicht schlecht, als er jetzt die Rechnung von D-Trust öffnete. 378 Euro muss er für die SMC-B-Card bezahlen zuzüglich 71,82 Euro Mehrwertsteuer zu 19 Prozent. Ein Irrtum, dachte er zunächst und rief bei D-Trust an. „Ja das ist völlig korrekt, da die SMC-B-Karte ja mehrere Jahre gültig ist“, teilte ihm ein D-Trust-Mitarbeiter mit. „Da war ich dann einen Moment sprachlos, was selten der Fall ist“, so Voß.

Leider sei die MwSt.-Senkung nicht auf die Zertifikatsprodukte von D-Trust anwendbar, teilte das Unternehmen auf Anfrage mit. Am 29. Juli 2020 sei das zweite Corona-Steuerhilfegesetz verabschiedet worden. Das zugehörige Schreiben vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) sei am 30. Juli 2020 ergangen: „Für die befristete Umsatzsteuersatzsenkung von 19 auf 16 Prozent vom 1. Juli bis 31. Dezember 2020 ist der Zeitpunkt der Ausführung der Leistung maßgeblich: Für Lieferungen zählt der Beginn der Versendung/Beförderung; bei sonstigen Leistungen ist in der Regel der Zeitpunkt der Vollendung der Leistung maßgebend“, so D-Trust.

Die laufzeitabhängigen Zertifikatsprodukte von D-Trust stellten umsatzsteuerlich eine sonstige Leistung dar, eine sogenannte Dauerleistung, welche als Vorausrechnung zu Beginn der Leistung abgerechnet werde, in der Regel ohne Teilleistungen, so das Unternehmen und weiter: „Diese Leistung gilt erst mit Zeitpunkt der Vollendung als ausgeführt.“ D-Trust beruft sich auf § 13 des Umsatzsteuergesetzes. Maßgeblich für die korrekte Steuersatzfindung sei somit in diesen Fällen das „gültig bis“-Datum der Zertifikatsleistung. „Die Mehrwertsteuersenkung ist demnach nicht für unsere Produkte eHBA und SMC-B anwendbar, da die Zertifikate jeweils eine Gültigkeit von 5 Jahren besitzen“, so D-Trust.

Auf der Rechnung für Apotheker Voß ist der Zeitraum der Gültigkeit der SMC-B-Card bis zum 7. Juli 2025 angegeben. Für diese Auslegung des Umsatzsteuerrechts hat Voß wenig Verständnis: „Für einen PKW, der ebenfalls mindestens fünf Jahre hält, gilt doch auch die Senkung. Komischerweise muss ich meine SMC-B-Card ja auch sofort und nicht erst 2025 bezahlen.“

Bis zum 30. September sollen die Apotheken in Deutschland flächendeckend an die Telematik-Infrastruktur (TI) angebunden werden. Apotheken brauchen die TI-Anbindung im ersten Schritt für die Einführung der Fachanwendung zum elektronischen Medikationsplan, später auch für das elektronische Rezept, das ab dem kommenden Jahr sukzessive eingeführt werden soll. Neben der Ausstattung mit Karten wird in den Apotheken auch TI-Hardware zum Einsatz kommen – Kartenlesegeräte und Konnektoren.

Strafzahlungen für einen verspäteten Anschluss an die TI sind, anders als bei der Anbindung der Ärzteschaft, nicht vorgesehen. Die letzte Hürde bei der TI-Anbindung ist derzeit eine technische: Denn noch ist keiner der Konnektoren, die in den Apotheken für eine sichere Verbindung innerhalb der TI sorgen sollen, zertifiziert worden. Hierfür laufen derzeit noch zwei Anwendertests, einer davon mit 15 Apotheken und 75 Arztpraxen in Westfalen-Lippe.