Behörde scheitert mit Eil-Anordnung

Katerfly bleibt im Handel Alexander Müller, 28.09.2021 15:04 Uhr

Das Oberverwaltungsgericht NRW hat den Vertrieb des Anti-Katermittels „Katerfly“ vorerst genehmigt. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass für alkoholische Getränke breit in der Öffentlichkeit geworben werden darf, die Behörden bei Mitteln gegen den alkoholbedingten „Kater“ aber rigoros sind. Dass das Mittel „Katerfly“ sofort aus dem Verkehr gezogen werden sollte, ging dem Oberverwaltungsgericht NRW dann aber doch zu weit. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Herstellers Philpharma wurde wieder hergestellt. Die Bezeichnung des Produkts muss nun im Hauptsacheverfahren geklärt werden.

Katerfly wird als Nahrungsergänzungsmittel in Apotheken, Drogeriemärkten, bei Edeka und Amazon vertrieben. Die Brausetabletten enthalten Elektrolyte, Zucker, Kalium, Natrium und Vitamin C. Der Hersteller wirbt damit, dass es besonders nach einer langen Partynacht „medizinisch sinnvoll“ sei „zuerst einmal den Flüssigkeitsverlust und den Elektrolytmangel auszugleichen“. Entwickelt wurde das Produkt von Apotheker Philipp Heift, der auch Geschäftsführer bei Philpharma ist. Beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ist Katerfly nach Herstellerangaben ebenfalls angemeldet.

Philpharma hatte schon wegen der früheren Bezeichnung Ärger: 2014 verbot das Landgericht Köln den damaligen Namen „Katerfrei“. Das Argument: Es handele sich um eine unzulässige krankheitsbezogene Angabe. Es folgte die Umbenennung in „Katerfly“. Damit gab sich der Verband sozialer Wettbewerb seinerzeit zufrieden.

Nicht so die Aufsichtsbehörde, die im Februar 2021 eine Ordnungsverfügung erließ: Spätestens aber innerhalb von vier Wochen sei der Produktname im Zusammenspiel mit der Ergänzung und der Verzehrempfehlung soweit abzuändern, dass dadurch dem Produkt keine Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zugesprochen werde.

Die Begründung: Die mit übermäßigem Alkoholkonsum verbundenen Symptome („Alkoholkater“) seien als Krankheit einzustufen. Der Produktname impliziere, dass der „Kater“ und die mit ihm einhergehenden Symptome praktisch davonflögen. Die Verzehrempfehlung stehe im Widerspruch zu der angegebenen Wirkung von Vitamin C, nämlich der Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung. Wenn das Produkt die angegebene Wirkung haben solle, sei statt vor dem Schlafengehen und nach dem Aufstehen vielmehr eine Einnahme vor oder während der Partynacht angezeigt, um Ermüdungserscheinungen zu begegnen und die weitere Teilnahme an der Party oder dem Nachtleben zu ermöglichen.

Gegen die sofortige Vollziehung der Anordnung hatte der Hersteller geklagt, in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht Köln ohne Erfolg. Doch vor dem OVG hatte Philpharma Ende August Erfolg: Der vorläufige Rechtsschutz wurde wieder hergestellt. Der Bescheid der Behörde genügte den formellen Begründungsanforderungen aus Sicht der Richter nicht.

Die Behörde hätte schon schlüssig, konkret und substantiiert darlegen müssen, warum aus ihrer Sicht in diesem Fall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben ist. Denn das Argument der Behörde, die aufschiebende Wirkung könne dazu führen, dass „der rechtswidrige Zustand“ weiter andauere, beschreibe gerade den Regelfall, so das OVG. Statt die Ausnahme hiervon zu begründen, flüchte sich die Behörde in Allgemeinplätze und Textbausteine: Eine Erläuterung, warum gerade von „Katerfly“ eine Gefahr ausgehe, liefere die Behörde dagegen nicht. „Wegen des Begründungsmangels“ sei die Anordnung aufzuheben, so das Fazit. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, weiter geht der Streit im Hauptsacheverfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln.

Die Wettbewerbszentrale hat eine ganze Reihe von Verfahren gegen Hersteller vergleichbarer Produkte geführt. Denn ob „Katerfrühstück“, „Hang & Over“ oder „Klarkopp“, „Alkorin“, „Doc Bahama“ oder „one:47“ – das Netz ist voll mit Angeboten zu Mittelchen gegen Kater. Abgemahnt werden regelmäßig Verstöße gegen die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV). Danach dürfen einem Lebensmittel keine Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zugeschrieben werden oder auch nur ein solcher Eindruck entstehen. Die Hersteller suggerierten aber gerade, einem Kater könne durch Einnahme der Mittel vorgebeugt werden, so die Kritik der Wettbewerbszentrale.