EU-Versandapotheke

Jetzt ist auch die Apotheke dicht Alexander Müller, 28.03.2018 15:31 Uhr

Berlin - 

Nachdem die EU-Versandapotheke bereits Ende Februar ihr Versandgeschäft eingestellt hatte, wurde nun auch das Geschäft vor Ort aufgegeben. Ende vergangener Woche hat die Apotheke am Telering in Cottbus geschlossen. Die rechtlichen Auseinandersetzungen gehen weiter.

Die Internetseiten der EU-Versandapotheke beziehungsweise Berlinda Versandapotheke sind bereits seit dem 22. Februar nicht mehr zu erreichen. Die Aufsichtsbehörde hatte Inhaberin Dr. Bettina Habicht die Versanderlaubnis entzogen. Habicht hatte im Rahmen einer Betriebsversammlung am 28. Februar alle Mitarbeiter des Versandgeschäfts beurlaubt. Diese etwa 55 Beschäftigten waren bei Equa Consulting angestellt. Beim Amtsgericht Cottbus wurden erste Schritte zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens eingeleitet.

Nur etwa eine Handvoll Beschäftigte war seitdem noch in der Apotheke vor Ort beschäftigt. Doch zum 23. März wurde auch das Ladengeschäft geschlossen. Ob oder wie es in Cottbus weitergeht, ist noch nicht klar. Habicht war bislang für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Die Apothekerin streitet parallel mit dem Großhändler Phoenix. Der ehemalige Hauptlieferant macht offene Forderungen in Höhe von 5,4 Millionen Euro geltend. Habicht hat ihrerseits Gegenforderungen in Höhe von inzwischen 6,1 Millionen Euro erhoben. Das Landgericht Cottbus wird am 17. April erneut in der Sache verhandeln.

Während laut Phoenix unbezahlte Rechnungen offen sind, macht Habicht vor allem angeblich unberechtigte Überweisungen an den Großhändler aus ihrer Anfangszeit nach Übernahme der Versandapotheke geltend. Habicht hatte die Apotheke im Januar 2014 von Kurt Rieder übernommen. Mit Phoenix wurde damals ein Lastschriftverfahren vereinbart, das entsprechende Mandat bei der Flessabank in Suhl griff aber erst im Februar. Deshalb mussten die ersten beiden Überweisungen händisch vorgenommen werden. Heute behauptet Habicht, dass ihr damaliger Finanzchef dieses Geld ohne Grund und Auftrag überwiesen habe. Er hat wiederum Strafanzeige wegen Verleumdung gegen Habicht gestellt.

Habichts Anwalt hatte im Streit mit Phoenix noch vorgetragen, dass die Forderungen eigentlich gegen Rieder gerichtet gewesen seien. Mit dem Apotheker habe der Großhändler nämlich noch Geschäfte gemacht, nachdem dieser im Mai 2013 Privatinsolvenz angemeldet hatte. Da mehrere Rechtsgeschäfte eigentlich Rieder zuzurechnen seien, müsste Phoenix nach dieser Logik jede Zahlung an die Insolvenzmasse abführen.

Beim Großhändler hält man das Ganze für eine Nebelkerze mit wenig Aussicht auf Erfolg. Und das liegt vermutlich nicht zuletzt an den früheren Eigentumsverhältnissen bei der EU-Versandapotheke. Dem Vernehmen nach war Rieder nämlich vor dem Verkauf nur treuhänderisch aktiv. Aus apothekenrechtlich naheliegenden Gründen ist dies zwar nicht zu belegen, dem Insolvenzverwalter aber liegen diese Verträge angeblich vor.

Im Auftrag des Großhändlers Phoenix haben sich schon Anwälte bei potenziellen Kaufinteressenten der EU-Versandapotheke gemeldet. Demnach hat Habicht schon 2013 eine Kaufpreisabtretung unterschrieben. Die Nichtbeachtung der Abtretung könne zu einer doppelten Inanspruchnahme auf Kaufpreiszahlung führen, so die Warnung der Anwälte.

Alle Domains der Versandapotheke sind seit Ende Februar tot, der Anbieter wurde auch aus dem DIMDI-Register gestrichen. Doch mittlerweile wurde die Seite euva.net gekapert und leitet auf die Seite www.euva-berlinda.de um. Dahinter steckt nach eigenen Angaben eine Gruppe langjähriger, ehemaliger Mitarbeiter. Betreiberin der Seite ist die Target Print AG aus der Schweiz, die laut Impressum aber nicht für die Inhalte haften möchte.

Die namentlich nicht genannten Ex-Mitarbeiter jedenfalls wenden sich an ehemalige Kunden, deren „bestellten und im Voraus bezahlten Medikamente mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr ausgeliefert“ würden. Trotzdem will das Team potenziell Geschädigten bei der Rückerstattung berechtigter Forderungen unterstützen. Dazu werden E-Mailadressen bereitgestellt, vom Landesgesundheitsamt, der Apothekerkammer, Verbraucherschutz und -zentrale sowie sogar ein Kontakt zur Staatsanwaltschaft Cottbus. Die ermittelt gegen Habicht wegen des Verdachts auf Betrug und Untreue.