Wenn Fortbildung zu werblich wird

Infectopharm: Ärger mit Lomaherpan-Schulung

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Berlin -

Schulungs- und Fortbildungsangebote der Hersteller sind laut einer aktuellen OTC-Studie von aposcope für jeden zweiten Apothekenmitarbeiter wichtig. Insbesondere PTA wünschen sich Informationen zu den Produkten. Über das Ziel hinausschießen sollten Unternehmen dabei aber nicht, entschied jetzt das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) im Fall von Lomaherpan.

Der Hersteller Infectopharm hatte für seine pflanzliche Herpescreme eine Schulung bei Apothekia gebucht. Die Kurse der Agentur sind so aufgebaut, dass zunächst allgemeine Aspekte der relevanten Indikation besprochen werden, bevor das jeweilige Produkt in den Fokus genommen wird.

In diesem Fall wurden Studienergebnisse zu den zellschützenden Eigenschaften von Melissenextrakt aus dem Jahr 2012 vorgestellt: Die Fähigkeit des Herpesvirus, sich an Wirtszellen anzuheften, wurden demnach um 98 Prozent reduziert, und entsprechend auch das Infektionspotenzial. Von einem „Schutzschild auf der Zelloberfläche“ war in der Schulung die Rede, von einer Blockade der Kontaktstellen und anderem mehr.

Weil jedoch auf den Folien vielfach die Verpackung beziehungsweise das Logo des Produkts zu sehen waren, ging der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) gegen die Schulung vor. Aus seiner Sicht war die Präsentation als irreführende Werbung einzustufen, weil der Eindruck erweckt werde, Infektionen könne vorgebeugt werden. Dafür sei das Produkt aber nicht zugelassen.

Das Landgericht Frankfurt (LG) wies die Klage noch ab: Die Werbeangaben entsprächen der Fachinformation, die Werbung gehe nicht über das zugelassene Anwendungsgebiet hinaus. Doch in zweiter Instanz sah das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) die Sache anders. „Die Beklagte kann nicht mit dem Argument gehört werden, sie habe lediglich Studienergebnisse wiedergegeben und nur die Fachkreise informieren wollen. Alleine schon durch die prominente Einblendung des Produktnamens auf den Folien ist ein eindeutiger Produktbezug hergestellt.“

Die Präsentation diente aus Sicht der Richter nicht der wissenschaftlichen Auseinandersetzung oder der gesundheitlichen Aufklärung, sondern der Produktwerbung für Lomaherpan. Angesichts der Aussagen, dass Viren blockiert und gesunde Zellen geschützt würden, stelle sich der Nutzer eine über die Linderung der Beschwerden hinausgehende Wirkung vor. „Die Zulassung des Arzneimittels beschränkt sich jedoch auf die Linderung von Beschwerden von Herpes Simplex; hiermit ist eine vorbeugende Wirkung, also vor Auftreten der Symptome nicht vereinbar.“

Zwei Aussagen, gegen die der VSW vorgegangen war, sind aus Sicht der Richter dagegen zulässig: So darf der Hersteller behaupten, dass Studien eine starke Wirksamkeit belegen, weil der entsprechende Unterlagen vorgelegt hat, die die Verminderung der Virusausbreitung beweisen. „Nur deshalb ist eine Zulassung erfolgt. Der von der Klägerin vorausgesetzte Bezug zur Vorbeugung ist in dieser Aussage nicht enthalten.“

Und ganz allgemein darf sogar vor einer „sinnvollen Vorbeugung“ die Rede sein. Fachkreise würden dieser Behauptung nämlich nur entnehmen, dass eine sorgfältige Pflege und Schutz der Lippen das Entstehen von Herpesbläschen verhindern können. Dies sei korrekt und daher nicht irreführend.

Dr. Markus Rudolph, Geschäftsführer von Infectopharm, nimmt die Sache sportlich: „Unsere gute Positionierung am Markt und der beständige Zuspruch ruft die Neider auf den Plan“, sagt er. „Immerhin ist Lomaherpan das einzige pflanzliche Arzneimittel zur Behandlung von Lippenherpes. Mit der bewährten Wirkung des Melissenextraktes überzeugt das Arzneimittel seine treuen Anwender schon seit Jahrzehnten.“

Klinische Studien belegten, dass Lomaherpan die Symptome des Lippenherpes wie Bläschen und Rötungen effektiv lindere. „Zur Aufklärung des Wirkmechanismus wurde in In-vitro-Studien gezeigt, dass Melissenextrakt die Bindung von Herpes-simplex-Viren an Wirtszellen blockieren und dadurch das Eindringen der Viren verhindern kann.“

Genau diese Daten seien in der Schulung gezeigt worden. „In erster Instanz wurde die HWG-konforme Darstellung dieser Daten vom Gericht bestätigt, jedoch zweitinstanzlich untersagt. Um den Wirkmechanismus von Melissenextrakt bei Lippenherpes zu erklären, liefern diese Studienergebnisse allerdings wichtige Erkenntnisse.“

 

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