Harnwegsinfektionen

Angriff auf Canephron

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Berlin -

In den Markt für Präparate gegen Zystitis kommt Bewegung. Trommsdorff will mit Utipro Plus das Therapiespektrum erweitern. Das neue Medizinprodukt soll Marktführer Canephron von Bionorica Anteile streitig machen. Das OTC-Präparat des bayerischen Herstellers hat im vergangenen Jahr Cystinol von Schaper & Brümmer auf den zweiten Platz verdrängt.

In Apotheken wächst das Geschäft mit Produkten gegen Blasenentzündung leicht: Mit Präparaten für das Harnsystem wurde bis Juli in den zurückliegenden zwölf Monaten ein Umsatz von rund 90 Millionen Euro auf Basis der Apothekenverkaufspreise erwirtschaftet (plus 4 Prozent). Die Zahl der Packungen stieg um 2 Prozent auf rund 7,7 Millionen. Von den insgesamt rund 400 verschiedenen Präparaten erwirtschaften aber nur 25 Erlöse von mehr als eine Millionen Euro. Auf die zehn führenden Hersteller entfallen rund 40,5 Millionen Euro.

Trommsdorff bewirbt Utipro Plus derzeit in Apotheken. Das Medizinprodukt ist seit September erhältlich und soll unkomplizierte Harnwegsinfekte mit einer Doppelstrategie therapieren. Xyloglucan-Gelatine setzt in der Darmschleimhaut an und soll Blasenentzündung auslösende Bakterien fern halten. Mit Hibiskus und Propolis sollen der Harn angesäuert und das Wachstum der Erreger gehemmt werden.

Das Team um den neuen OTC-Chef Rüdiger Hoppe hatte seit April an der Sortimentserweiterung gearbeitet. Da es sich nicht um ein Arzneimittel handelt, konnte das Präparat schnell auf den Markt gebracht werden. Das Produkt kommt von der spanischen Firma Noventure, die wie der nordrhein-westfälische Hersteller zur Ferrer-Gruppe mit Sitz in Barcelona gehört.

In Österreich ist Utipro bereits seit Oktober 2014 erhältlich und wird von Montavit vertrieben. Das inhabergeführte Familienunternehmen hat das Medizinprodukt vor allem bei Urologen und Infektologen vorgestellt. Lizenznehmer ist auch Merck. Der Darmstädter Pharmakonzern hat das Präparat unter der Marke Uricran Forte in Belgien und später unter der Marke Femibion in Frankreich auf den Markt gebracht. Utipro ist außerdem in Rumänien und Bulgarien erhältlich.

Hierzulande ist Canephron seit Mai 2014 Marktführer. Im vergangenen Jahr wurden knapp 600.000 Packungen verkauft. Das entspricht einem Umsatz von rund 10,2 Millionen Euro. Die Dragees wurden 1975 eingeführt, in flüssiger Form gibt es das OTC-Präparat bereits seit den 1940er Jahren. Seit 2008 setzt Bionorica wieder verstärkt auf die Marke.

Dahinter rangiert Cystinol akut. Das Arzneimittel von Schaper & Brümmer enthält den Wirkstoff Bärentraubenblätter-Trockenextrakt und ist seit 1996 erhältlich. Das OTC-Präparat wird über den Außendienst bei Ärzten und Apotheken beworben. Außerdem werden Schulungen für Apotheker und PTA zum Thema phytotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten bei Harnwegserkrankungen angeboten. Cystinol akut ist nach Remifemin und Remifemin plus mit einem Umsatz von rund 8 Millionen Euro eines der wichtigsten Produkte des Herstellers. Die Marke gibt es seit 1925.

Auf dem dritten Platz liegt Heumann Blasen- und Nierentee von Zentiva/Sanofi. Der apothekenpflichtige Arzneitee enthält Goldrutenkraut und Birkenblätter. Dahinter rangieren Cranberry-Präparate wie Cranberola (Arcopharma), Blemaren (Aristo), der Harntee des Generikaherstellers TAD, Cystorenal (Quiris) sowie Biofax (Strathmann).

Auch Medice versucht mit Aqualibra derzeit Anteile zu gewinnen. Der Hersteller aus Iserlohn bewirbt das pflanzliche Arzneimittel derzeit intensiv. Das Familienunternehmen arbeitet dabei etwa mit der Nürnberger Firma Xeomed zusammen, die Crossmedia-Kampagnen und gezielte Ansprachen über die Suchmaschine Google durchführt. Der Marktanteil stieg dadurch von August 2014 bis April von knapp 2 auf 3 Prozent.

Trommsdorff gehört seit 1975 zur spanischen Ferrer-Gruppe mit Hauptsitz in Barcelona. Am Standort in Alsdorf arbeiten rund 250 Mitarbeiter, davon ungefähr 100 in der Produktion. Vom Umsatz von rund 60 Millionen Euro entfallen rund 15 Millionen Euro auf die Lohnherstellung und 3 Millionen Euro auf den Export.Geschäftsführerin ist seit 2007 Dr. Bettina Freischütz. Zum Portfolio gehören Produkte wie Keltican, Tromcardin, Eneas, Escor, Ozym, Quimbo, Rectodelt, Tromphyllin, Zalain sowie das 2013 eingeführte Neuroleptikum Adasuve.

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