Zuweisungsverbot für Plattformen

Gericht verbietet Shop Apotheke plus Zava Patrick Hollstein, 25.10.2021 19:08 Uhr

Zu nah am Arzt: Shop Apotheke darf nicht mehr in der derzeitigen Form für Zava werben. Screenshot
Berlin - 

Das Landgericht Köln (LG) hat Shop Apotheke untersagt, Patient:innen an den Telemedizinanbieter Zava zuzuweisen. Die Apothekerkammern Nordrhein und Westfalen-Lippe hatten gegen die Zusammenarbeit geklagt.

Anliegen des Gesetzgebers sei es, das Vertrauen der Verbraucher in die Unabhängigkeit der Tätigkeit des Apothekers zu schützen, heißt es im Urteil. Inhaber:innen sollten sich beim Kontakt zu anderen Gesundheitsberufen „nicht von sachfremden und vor allem nicht von finanziellen Erwägungen leiten“ lassen. „Eine Zuführung von Patienten [...] liegt daher vor, wenn Apotheker das Aufsuchen eines bestimmten Arztes unmittelbar bewerben.“

Nach § 11 Apothekengesetz (ApoG) seien auch „Verhaltensweisen untersagt, die mittelbar das Vertrauen der Verbraucher in die Unabhängigkeit der Tätigkeit der Apotheker durch das Gebaren des Apothekers stören“. Dazu heißt es im Urteil: „Letzteres ist etwa der Fall, wenn eine Online-Apotheke eine Kooperation mit einer Behandlungsplattform eingeht und diese Behandlungsplattform auf ihrer Internetseite werbend herausstellt, ohne gleichwertig auf die Möglichkeit der Konsultation eines stationären Arztes hinzuweisen.“

Die Darstellung der Leistungen von Zava auf der Internetseite von Shop Apotheke seien als Werbung oder aber jedenfalls als eine klare Präferenz zu bewerten. Die Logos würden durch ein stilisiertes „+“ verknüpft. Im Zusammenhang mit Zava werde herausgestellt, dass Rezepte „einfach online“ zu erhalten seien. Zava sei ein „neuer Service“. Erforderlich wäre mindestens eine „eindeutige, zumindest gleichwertig werbende Empfehlung für den Besuch eines stationären Arzt“.

Daher sei auch das Wettbewerbsrecht (UWG) tangiert – zumal auch nicht nachgewiesen sei, dass die angebotenen telemedizinische Dienstleistungen den anerkannten fachlichem medizinischen Standards genügten. Die Richter äußern sogar explizite Zweifel: „Denn im Grundsatz gehört zu jeder Behandlung nach allgemeinen fachlichen Standards eine Basisuntersuchung, zu der in der Regel Funktionsprüfungen und Besichtigungen des Körpers sowie ggf. der Erhebung weiterer Laborwerte gehören. Dies alles ist im Rahmen der von Zava angebotenen Fernbehandlung nicht möglich.“

Dabei komme es auch nicht darauf an, ob am Sitz der von Zava beschäftigten Ärzte in England oder Irland Fernbehandlungen grundsätzlich dem anerkannten fachlichen Stand der dortigen Erkenntnisse der Medizin entsprechen. „Die Regulierung der Fernbehandlung unterfällt der Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union.“

Hiervon erfasst sei auch die Einschränkung der Werbung für Fernbehandlungen gemäß §9 Heilmittelwerbegesetz (HWG). „Es ist nicht dafür ersichtlich, dass der nationale Gesetzgeber die Öffnung der Werbung für Fernbehandlung nach letztgenannter Norm vom Domizilstaat des behandelnden Arztes abhängig machen wollte.“

Videosprechstunden sollen auf den Plattformen der Versender ein wichtiger Baustein sein. Shop Apotheke kooperiert nicht nur mit Zava, Firmengründer Michael Köhler ist sogar beim Telemedizinanbieter eingestiegen, der zuletzt mit der Deutschen Arzt AG fusioniert war. Zur Rose hat Teleclinic gekauft und präsentiert die Online-Ärzte auf der Website von DocMorris. Apo-Discounter hat mit seinem Ableger Apo.com eine Kooperation mit Kry geschlossen. Auch Noventi, Partner bei Gesund.de, kooperiert mit Zava.

Aktuell drängen weitere Anbieter von Videosprechstunden auf den deutschen Markt: Medgate sucht Ärzt:innen, genauso wie Doktor.de, ein Ableger des gleichnamigen schwedischen Unternehmens.