Effect Pharma

Generikafirma aus dem Elbtunnel Gabriele Hoberg, 14.05.2018 08:02 Uhr

Berlin - 

Es gibt eine Menge Gründungsgeschichten über Pharmaunternehmen, aber nur Effect Pharma aus Berlin kann von sich behaupten, tatsächlich im Hamburger Elbtunnel zustande gekommen zu sein. Das Start-up kann anderthalb Jahre nach seiner Gründung Ende 2016 bereits mit zahlreichen Rabattverträgen aufwarten.

Kaspar von Wedel erinnert sich noch gut an die Geburtsstunde von Effect Pharma. „Der Anruf von Steven erreichte mich quasi unter Wasser, ich fuhr gerade durch den Elbtunnel und rechnete damit, dass die Verbindung jederzeit abbricht. Aber die Leitung war stabil und ich hörte Steven sagen, dass er ein eigenes Pharmaunternehmen gründen will. Was ich davon hielte? Da war ich doch eher skeptisch.“ Steven, das ist der heutige Firmenchef von Effect Pharma, Reinhold mit Nachnamen. Und seine Antwort beim Telefonat war: „Egal, ich mache es trotzdem. Machst du mit?“ Also sagte sein Freund zu, was er bis heute nicht bereut.

Reinhold wurde Geschäftsführer, er hatte acht Jahre lang als Produktionsleiter bei Unitax-Pharmalogistik in Berlin gearbeitet. Von Wedel leitet das operative Geschäft, er ist Ingenieur und hat Erfahrungen bei Schering und dem Lohnhersteller Tiefenbacher gesammelt. Mit Michael Stein und Mike Kämmerer sind mittlerweile zwei Apotheker mit an Bord, die ebenfalls Industrieerfahrung haben. Was die vier in der kurzen Zeit aus dem Boden gestampft haben, kann sich sehen lassen.

Die Geschäftsidee ist nicht neu, denn Effect Pharma vertreibt rezeptpflichtige Arzneimittel, deren Patentschutz gerade ausgelaufen ist – insbesondere von Herstellern, die auf dem deutschen Markt noch nicht aktiv sind. Das machen andere auch. Das Besondere an Effect Pharma ist die Fokussierung auf Nischenprodukte, die im Wettbewerb nicht so umkämpft sind. Die andere Besonderheit ist, dass das Unternehmen die gesamte Supply Chain in Deutschland abbilden kann, von der Bewerbung um Rabattverträge über die Verpackung bis hin zu Distribution und Vertrieb.



Rabattverträge gibt es unter anderem für Zoledronsäure, Azathioprin, Imatinib, Calciumfolinat und 5-Fluoruracil, neben AOK, DAK und TK sind viele Betriebskrankenkassen an Bord. So deckt Effect Pharma nach Angaben von Reinhold 80 Prozent aller Kassen in Deutschland ab. So kann man eben auch rechnen.

Effect Pharma hat sich nicht auf bestimmte Indikationen fokussiert, ausschlaggebend für das Produktspektrum ist, dass es sich um Nischenprodukte handelt. „Wir haben uns darauf spezialisiert, Lücken zu schließen – wir springen als schlankes, flexibles Unternehmen dort ein, wo die großen Anbieter passen“, fasst Reinhold zusammen. Mittlerweile beliefern die Berliner auch führende Pharmagroßhändler in Deutschland.

Reinhold weiß, welche Zutaten er braucht, um mit seiner Geschäftsidee Erfolg zu haben: „Glück, ein gutes Netzwerk und Bekanntheit.“ Durch die lange Erfahrung und Tätigkeit in der Pharmabranche seien viele tragfähige Kontakte entstanden, auf die er und sein Team aufbauen könnten. „Wir arbeiten auf verschiedenen Ebenen“, erklärt von Wedel. „Bei der ersten Ebene erwerben wir die Lizenz zur Herstellung. Mit der zweiten und dritten Ebene erweitern wir unser ursprüngliches Geschäftskonzept: Bei der zweiten Ebene haben wir ein Mitvertriebsrecht und stellen unsere Supply Chain und unsere Marktkenntnis zur Verfügung. Bei der dritten Ebene bieten wir ausschließlich unser Know-how an, um andere Hersteller bei Rabattverträgen zu beraten und zu unterstützen.“

Da solche Start-ups nicht gerade 9-to-5-Jobs sind, ist die Zeit für Privates manchmal knapp. Von Wedel nutzt sie vor allem als gemeinsame Zeit mit seiner Frau und den drei Kindern und der Familienhund ist natürlich auch dabei. Reinhold erdet sich beim Fußball und auf Reisen. Die Frage, was denn das Quartett auf der menschlichen Ebene verbindet, beantworteten sie mit zwei rezeptfreien Zutaten: Humor und italienisches Essen.