Megafusion

Gehe/Alliance: Reine Formsache

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Berlin -

Die Megafusion von Gehe und Alliance Healthcare Deutschland (AHD) ist so gut wie durch. Nachdem die EU-Kommission dem Deal zugestimmt hat, ist die Genehmigung des Bundeskartellamts wohl reine Formsache. Die Prüfung wurde damit Beobachtern zufolge regelrecht durchgepeitscht.

Die EU-Kommission hatte dem Deal am Montag nach nur einmonatiger Prüfung zugestimmt. Die Brüsseler Behörde sieht keine Wettbewerbsbedenken, weder auf nationaler noch auf regionaler Ebene in den Einzugsgebieten der Niederlassungen. Es gebe genügend zuverlässige Wettbewerber, sowohl bundesweit wie auch vor Ort. Zusätzlichen Druck sieht die Kommission durch das Direktgeschäft der Hersteller. Daher habe eine normale Prüfung ausgereicht.

Marktteilnehmer, die in den vergangenen Wochen von der EU-Kommission angeschrieben und um ihre Einschätzung gebeten wurden, wunderten sich über die Fragestellungen. Während Apotheken zu ihren Lieferantenbeziehungen befragt wurden, sei es bei den Mitbewerbern eher um übergeordnete Themen gegangen, etwa die Preisspannen im Arzneimittelbereich. Das hinterließ bei so manchem Betroffenen einen faden Beigeschmack, da die EU-Kommission ja bei Gesetzgebungsverfahren wie dem VOASG eine eigene Agenda verfolgt.

Dass das Bundeskartellamt den Deal noch platzen lässt, ist unwahrscheinlich. Da die Schwellenwerte nach der Fusionskontrollverordnung überschritten werden, sei für die Beurteilung des Zusammenschlusses ausschließlich die EU-Kommission zuständig, erklärt Professor Dr. Hilko Meyer, Experte für Europarecht, europäisches Wirtschaftsrecht und Recht des Gesundheitswesens an der Frankfurt University of Applied Sciences. „Die Entscheidungen der Kommission sind unmittelbar wirksam und bedürfen nicht der Umsetzung in nationales Recht.“ Sofern keine Verweisung vorliege, könne es allenfalls sein, dass zusätzliche Schranken des deutschen Kartellrechts geprüft würden. Dies gilt laut Meyer aber nur für Sonderfälle wie die Freistellung für Mittelstandskartelle oder Zeitungen; hier sieht er keine Anhaltspunkte.

Und tatsächlich prüft man in Bonn nur noch einen nachgelagerten Schritt, nämlich die Beteiligung von McKesson an AHD, wie ein Sprecher erklärt. Der Gehe-Mutterkonzern bringt sein operatives Geschäft inklusive Immobilientochter in AHD ein und übernimmt im Gegenzug 30 Prozent der Anteile am Frankfurter Großhändler. Nur der zweite Teil wird nun noch in Bonn geprüft; hier wäre die Kommission erst ab 50 Prozent zuständig gewesen. Die Fusion selbst ist beim Kartellamt nicht mehr das Thema.

Laut Gehe steht die Zustimmung der Kartellbehörden aus Deutschland und Österreich derzeit noch aus. Doch offenbar rechnen die beiden Konzerne damit, dass auch hier die Prüfung nicht vertieft und über einen Monat hinaus ausgeweitet wird: „Der Zusammenschluss wird voraussichtlich im Herbst erfolgen“, so eine Sprecherin.

Wie die EU-Kommission die sogenannten „relevanten Märkte“ abgegrenzt hat, ist nicht bekannt. Laut Meyer verfolgt die Behörde aber einen eher wirtschaftlicheren Ansatz – das heißt, dem Spiel der Kräfte wird ein großzügiger Freiraum gegeben. Generell gilt: Erst ab 40 Prozent wird eine unzulässige Dominanz vermutet – bundesweit kommen Gehe auf rund 15 Prozent und AHD auf rund 13 Prozent. Am Ende geht es um die Position eines Wettbewerbers vor Ort – je größer die Cluster, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass Auflagen gemacht werden oder der Zusammenschluss komplett untersagt wird.

Vor 20 Jahren hatte sich das Bundeskartellamt intensiv mit dem Pharmagroßhandel auseinandergesetzt – seinerzeit hatte es zwar dieselbe Rechtslage, aber eine Arbeitsteilung zwischen EU und den nationalen Behörden gegeben. Damals ging es um die geplante Übernahme der Anzag – also der heutigen AHD – durch die Sanacorp. Die Wettbewerbshüter prüften die Auswirkungen für den Markt äußerst eingehend und intervenierten schließlich wegen Überschneidungen in 9 von 14 Gebieten – hier sei nach der Fusion von einer marktbeherrschenden Stellung auszugehen, so ihr Fazit.

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