Interview

Fremdbesitzverbot ist EU-konform

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Sulzbach -

Der Geschäftsführer des Bundesverbandes des pharmazeutischen Großhandels (Phagro), Hermann Ringenaldus, glaubt nicht daran, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) das deutsche Fremd- und Mehrbesitzverbot infrage stellen wird. APOTHEKE ADHOC sprach mit dem Verbandschef über die Zukunft der Branche.

ADHOC: Celesio, der Mutterkonzern des deutschen Pharmagroßhändlers Gehe, versucht die Liberalisierung des deutschen Apothekenmarktes aktiv voranzutreiben. Wie stehen Ihrer Meinung nach die Erfolgsaussichten, dass der EUGH im Fall DocMorris auf eine Liberalisierung drängt?
RINGENALDUS: Ich persönlich denke, dass die Chancen maximal 50:50 stehen, dass der EuGH zugunsten von DocMorris und Celesio entscheidet. Alles andere ist reine Spekulation. Denken Sie an das Versandhandelsurteil vor vier Jahren, als der EuGH sehr wohl nationalstaatliche Einschränkungen bei der Arzneimittelversorgung für zulässig erklärte. Aus meiner Sicht ist das geltende Fremd- und Mehrbesitzverbot vereinbar mit den Römischen Verträgen.

ADHOC: Wie bewerten Sie dann die Übernahme von DocMorris durch Celesio?
RINGENALDUS: Das ist eine rein unternehmerische Entscheidung, die wir als Verband nicht kommentieren. Es sei darauf hingewiesen, dass Celesio auch gar nicht Mitglied im Phagro ist, sondern die deutsche Großhandelstochter Gehe.

ADHOC: Wie steht der Phagro zum Fremd- und Mehrbesitzverbot?
RINGENALDUS: Der Phagro-Vorstand hat sich ganz klar mehrheitlich für das System der selbstständigen Apotheke ausgesprochen.

ADHOC: Rechnen Sie der Vertikalisierung im Pharmahandel keine Bedeutung zu?
RINGENALDUS: Die Diskussion, ob ein Pharmahändler am Ende auch noch Generika herstellen sollte, um seine eigene Ware in den Markt zu drücken, wird seit 20 Jahren geführt. Ich kann nur davor warnen, die eigenen Kernkompetenzen zu verlassen. Schauen Sie sich die Rabattverträge an. Der Generikamarkt ist derzeit das reinste Minenfeld.

ADHOC: Wird es dann andererseits neue Versuche von Pharmaherstellern geben, sich wie in Großbritannien im Vertrieb ihrer Produkte stärker zu engangieren?
RINGENALDUS: Ich nehme keine diesbezüglichen Signale seitens der Hersteller wahr. Diese Gespräche werden derzeit nicht geführt. Mit uns wäre ein solches Modell allerdings nicht zu realisieren.

ADHOC: Alliance Boots, der Partner von Pfizer in Großbritannien, hat sich in der Branche extrem unbeliebt gemacht. Wie würde der Phagro im Falle eines Ausscherens seiner Mitglieder reagieren?
RINGENALDUS: Unsere Satzung ist diesbezüglich eindeutig: Nur herstellerneutrale und vollsortierte Großhändler können bei uns Mitglied sein. In diesen Punkten gibt es für uns kein Weichen und kein Wanken. Übrigens gibt es auch weder in Politik noch bei den Krankenkassen jemanden, der das Prinzip des vollsortierten Großhandels infrage stellt.

ADHOC: Apropos Krankenkassen: Wie sehen Sie die Zukunft der Rabattverträge in Deutschland?
RINGENALDUS: Natürlich hätten wir uns gewünscht, früher informiert worden zu sein. Aber allmählich kühlt sich die Diskussion ab, und das große Einsteigen beginnt. Wir werden weiterhin als Partner der Apotheken dafür sorgen, dass die Ware möglichst ohne Komplikation ausgeliefert werden kann.

Nachtrag:
Der Phagro distanzierte sich am Freitag, 13. Juli 2007, von den Aussagen seines Geschäftsführers, aus denen eine Position zur EU Konformität des Fremdbesitzverbots hervorgehe, und stellte klar, dass es sich bei den zitierten Aussagen um rein persönliche Meinungsäußerungen von Herrn Ringenaldus handele.

Es gehöre nicht zu den Gepflogenheiten des Verbandes, sich öffentlich an Spekulationen zum Ausgang offener Gerichtsverfahren zu beteiligen. Gleichzeitig bekräftigte der Verband die bisherige Position des Phagro gegen die Aufhebung des bestehenden Fremd- und Mehrbesitzverbotes ausdrücklich.

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