Verhütung

Kondom-Beratung in der Apotheke

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Berlin -

„Zu Risiken und Nebenwirkungen unpassender Kondome fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ – mit diesem Claim wirbt derzeit der Kondomhersteller R&S Consumer Goods für seine Marke „My.Size“. Die Kondome sollen sich durch sieben verschiedene Größen von der Konkurrenz abheben und im stationären Handel nur in Apotheken vertrieben werden.

Die Idee für Kondome in verschiedenen Größen hat der Unternehmer und „Kondomberater“ Jan Vinzenz Krause entwickelt. Er setzte sich bereits in seiner Jugend mit passenden Kondomgrößen auseinander und betrieb aus der elterlichen Wohnung heraus einen regen Kondomhandel. Lange suchte er nach einem Partner für seine Idee und kam schließlich 2008 mit dem Hersteller R&S Consumer Goods ins Geschäft.

Die My.Size-Kondome gibt es in sieben Größen: 47, 49, der Standardgröße 53 sowie 57, 60, 64 und 69. Die Größen orientieren sich am Penisumfang, sind also für Größen zwischen 9,5 und 15 Zentimetern geeignet. Die Penislänge spielt laut Thomas Hahn, Sozialpädagoge und Vertriebschef, bei My.Size-Kondomen keine Rolle.

Der Hersteller bietet auf seiner Website einen Kondom-Guide, die Messschablone „My.Sizer“ und eine Erklärung zur richtigen Messung mit einem Lineal an. Dabei arbeitet My.Size auch mit Beratungsstellen wie Pro Familia zusammen. Die Mitarbeiter dort informieren inzwischen hin zum passenden Kondom – inklusive Messhilfe „Kondometto“. Außerdem will sich Pro Familia dafür einsetzen, dass es die passenden Kondome auch in Drogerien gibt – „und das ohne peinliche XS- bis XXL-Verpackung“.

Hahn sieht allerdings eher die Apotheken als Partner im stationären Bereich. „Denn nur die Apotheken können die nötige Diskretion bieten“, ist er überzeugt. Die My.Size-Kondome soll es daher im Internet und in Apotheken geben, aber nicht in Drogerien. Die Kondome verfügen bereits über eine PZN, sind laut Hahn bei Sanacorp und Phoenix gelistet und werden auch in immer mehr Gehe- und Alliance-Lagern vorrätig gehalten.

Der OTC-Switch der „Pille danach“ ist für Hahn ein guter Anlass, für die Kondome zu werben: „Ich denke, es kann einem Kernmotiv der gesamten Apothekerschaft begegnen, statt der ‚Pille danach‘ nun das ‚passende Kondom vorher‘ anbieten zu können“, so der Sexualpädagoge. Aus seiner Sicht sind die meisten Kondompannen Anwendungsfehler. „Der Pearl-Index differenziert ja nicht nach Größen und hat demzufolge einen Index von 2 bis 12, manchmal sogar bis 14“, erklärt Hahn.

Mit der 2015 gestarteten Initiative „Das Maß aller Dinger“ will My.Size mit Beratern und ärztlichen Partnern im deutschsprachigen Raum den Dialog über Penisgrößen und passende Kondome eröffnen. Für die Apothekenschaufenster hat der Kondomhersteller eine „‚Stehlampe‘ im besonderen Sinn“ entwickelt, die verschiedene Penisgrößen darstellt. Apotheken könnten die Lampe für einen bestimmten Zeitraum buchen und damit auf ihre Beratungskompetenz und -bereitschaft zu passenden Kondomen aufmerksam machen.

Dass die Idee von Kondomen in verschiedenen Größen durchaus Potenzial hat, zeigt die bisherige Entwicklung: Innerhalb von sechs Jahren haben sich die Kondome dem Hersteller zufolge in elf Ländern Europas über den Onlinehandel und Fachgeschäfte etabliert. Sucht man bei Amazon nach „Kondom“ ist die Großpackung der Größe 64 unter den Top Ten. Ohnehin gehen laut Hahn die überdurchschnittlich großen Größen bei My.Size am besten.

Insgesamt werden in Deutschland pro Jahr rund 220 Millionen Kondome vertrieben, Tendenz seit Jahren gleichbleibend. Nach Zahlen des Marktforschungsunternehmens Nielsen hält Branchenprimus Mapa (Billy Boy, Fromms, Blausiegel), der zum US-Konzern Jarden gehört, auf rund ein Drittel des Marktes. Es folgen Reckitt Benckiser (RB) mit Durex (24 Prozent) und Ritex mit 14 Prozent. Ansell (Condomi) kommt mit seinem Vertriebspartner Klosterfrau auf 8 Prozent. 21 Prozent entfallen auf Eigenmarken und so genannte Preiseinstiegsmodelle.

Weltweit ist Durex nach Firmenangaben mit einem Marktanteil von mehr als 30 Prozent die führende Kondommarke. Für umgerechnet rund 3 Milliarden Euro hatte RB 2010 SSL gekauft, das Unternehmen war 1999 aus den Unternehmen Seton Scholl (Scholl) und London International Group (Durex) entstanden. RB wiederum hatte hierzulande lange mit Klosterfrau kooperiert; der Kölner OTC-Hersteller war damit vorübergehend die Nummer 1 in diesem Segment. Vor einem Jahr hatten sich die Wege getrennt.

Ansell ist mit seinen Marken international der zweitgrößte Kondom-Hersteller. Im Februar 2007 hatten der australische Konzern, der außerdem Gummihandschuhe und Haushaltsprodukte (Vileda) herstellt, Condomi übernommen. Die damals angeschlagene Firma war 1988 durch einen Kölner Studenten gegründet worden und arbeitet seit 2001 mit Klosterfrau zusammen.

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