Eskalation statt Kooperation

easy verklagt easy-Apotheker Alexander Müller, 11.02.2020 10:06 Uhr

Berlin - 

Apotheker Dr. Jochen Krill zählt zu den ältesten Kooperationspartnern von easyApotheke, doch zuletzt waren beide Seiten nicht mehr glücklich miteinander. Als Krill anfing, Vorgaben der Kooperation bewusst zu missachten, eskalierte der Streit. Mittlerweile sprechen nur noch die Anwälte. Sogar wegen eines fehlenden „e.K.“ auf einem eigenen Flyer hat easy das eigene Mitglied verklagt.

Krill hatte 2011 die easy-Apotheke in Bad Vilbel als Filiale eröffnet und zählt damit zu den langjährigen Partnern der 2007 gegründeten Kooperation. Oder zählte – das muss noch vor Gericht geklärt werden. Denn Krill sieht seine Mitgliedschaft als beendet an und hat die Apotheke zum Jahreswechsel in „Apotheke am Bahnhof“ umbenannt. easyApotheke vertritt den Standpunkt, dass eine Kündigung frühestens zum 31.12.2021 möglich ist und fordert die vertraglich geschuldeten Kooperationsgebühren.

Erstmalig wurde Krill von seiner eigenen Kooperation im Juli vergangenen Jahres abgemahnt. Im Auftrag von easy warfen ihm die Anwälte der Kanzlei activeLAW aus Hannover vor, seit einiger Zeit gegen seine Pflichten als Mitglied zu verstoßen. Diese seien in den „Systemhandbüchern“ niedergelegt, auf die wiederum der Kooperationsvertrag verweise.

Erster Stein des Anstoßes: Entgegen der Vorgaben hatte Krill – allerdings schon vor Jahren – den Innenraum umgebaut und damit die charakteristische Wegführung aufgelöst. Die easy-Anwälte erklären, warum dieser Bestandteil des easy-Konzepts wichtig ist: „Die freiwillige Verweildauer eines jeden einzelnen Kunden wird auf diese Weise und im Vergleich zu einer klassischen Apotheke deutlich optimiert.“ Bei Krill gelange der Kunde nun auf direktem Weg zum HV-Tisch. Weil der Inhaber das mit der besonderen Situation seiner Apotheke begründet hatte, wurde sein Ausscheren offenbar jahrelang geduldet.

Doch im März vergangenen Jahres hatte Krill noch mit einem anderen easy-Standard gebrochen: Er hat die Check-Out-Kasse aufgegeben und an den HV-Tisch im hinteren Teil der Apotheke rückverlegt. Laut den Easy-Anwälten ein weiterer Verstoß, denn die Zahlungsabwicklung habe gemäß Vorgaben an der Kasse im Ausgangsbereich zu erfolgen. Und dass Krill über die Neugestaltung seiner Apotheke mit APOTHEKE ADHOC gesprochen hatte, gehe so auch nicht. Denn dabei handele es sich um überregionale Öffentlichkeitsarbeit, „welche einer vorherigen Genehmigung der easyApotheke Systemzentrale bedarf“.

Und als letzter Kritikpunkt: Krill und sein Team sind teilweise zum weißen Kittel zurückgekehrt und haben ihre grünen easy-Poloshirts an den Nagel gehängt. Die einheitliche Firmenbekleidung ist im Rahmen der Corporate Identity aber ebenfalls vorgesehen.

Krill ließ sich von der Systemzentrale nicht umstimmen, betonte laut den easyAnwälten im Juni sogar erneut, an seinem „Sonderweg“ festzuhalten, weshalb er dann wenig später abgemahnt wurde. Die Anwälte von activeLAW kündigten an, dass eine Fortdauer der Vertragsverletzungen zu einer außerordentlichen Kündigung seitens easy führen könnte – inklusive Schadenersatzforderungen in Höhe der ausstehenden Kooperationsgebühren bis zum Ende einer ordentlichen Kündigung des Vertrags. Mit anderen Worten: Krill dürfte nicht mehr Mitglied sein, müsste aber weiterhin bezahlen.

Für den Apotheker war damit klar, dass er aus der Kooperation ausscheiden würde. Daher druckte er auch den nächsten Flyer in Eigenregie. Aber das gab wieder Ärger, weil auch Marketingmaßnahmen abgestimmt werden müssten und der Flyer den Markencharakter beschädige. Und diesmal wurde easy geradezu kleinlich: Dass der Rechtsformzusatz e.K. auf dem Flyer fehlte, sei wettbewerbswidrig. Das ist eigentlich ein klassischer Angriffspunkt von Abmahnanwälten oder zwischen wirklich verfeindeten Kollegen.

easy monierte außerdem, dass Krill manche Rabatte auf niemals erstattungsfähige Produkte mit einem AVP (Apothekenverkaufspreis) statt mit einer UVP (unverbindlichen Preisempfehlung) beworben hatte. Der Apotheker hatte zudem vergessen, einen Warnhinweis zu fiebersenkenden Mitteln den konkreten Produkten zuzuordnen. Die activeLAW-Anwälte fanden außerdem, dass die beworbenen Bedingungen für die Gutscheine nicht klar verständlich waren und forderten ihrerseits knapp 1400 Euro Kostenerstattung.

Da Krill nicht zahlte und sich weigerte, die Unterlassungserklärung abzugeben, zog easy vor Gericht. Und der Apotheker musste lernen, dass er bei der Erstellung seines Flyers tatsächlich Fehler gemacht hatte: Das Landgericht Frankfurt erließ Anfang Dezember die von easy verlangte einstweilige Verfügung. Allerdings tadelten die Richter in ihrem Beschluss die Kooperation dafür, die vorgerichtliche Stellungnahme Krills erst auf Nachfrage der Kammer nachgereicht zu haben.

Beim nächsten anstehenden Rechtsstreit geht es um grundsätzlichere Dinge: Krill hat die Kooperation wie angekündigt zum Jahresende verlassen und firmiert jetzt als Apotheke am Bahnhof wieder unter dem roten Apotheken-A. Die Zahlung der Kooperationsgebühren hat er ebenfalls zum Jahreswechsel eingestellt. Während easy auf die Vertragslaufzeit bis Ende 2021 pocht, verweist der Apotheker auf ein Gutachten der Kooperation, das ihm seinerzeit bei Vertragsabschluss vorgelegt worden sei – mit aus seiner Sicht völlig falschen Annahmen bezüglich des Standorts. Teil des Vertrags ist dieses Gutachten allerdings nicht. Kurzum: Die Zahlung der Kooperationsgebühren ist jetzt ebenfalls streitig.

Geeinigt hat man sich Krill zufolge bei der Einrichtung: Die hätte easy zum verbliebenen Bilanzwert zurückkaufen können, verzichtete aber unter der Vorgabe, dass die Markensymbole der Kooperation aus der Offizin verschwinden. Das betrifft maßgeblich die grüne Kapsel. Dem ist Krill nachgekommen, auch wenn man der Apotheke am Bahnhof ihr früheres Leben noch ansieht.

Auch wenn ihn die Auseinandersetzung mit seinen ehemaligen Partnern schon ziemlich viel Geld gekostet hat, bereut Krill seine Entscheidung nicht: „Ich habe auf die wirtschaftliche Situation reagiert“, argumentiert der Apotheker. Und seit der Umstellung spare er Personalkosten und die Filiale schreibe wieder schwarze Zahlen, behauptet der Inhaber. In den vergangenen acht Jahren habe er es dagegen nicht geschafft, das Konzept wirtschaftlich erfolgreich an dem Standort zu etablieren. Die eigenen Zahlen kennt freilich nur der Apotheker selbst. Easy-Vorstand Lars Horstmann hat sich auf Anfrage bislang nicht zu dem Sachverhalt geäußert.