Versandapotheken

DocMorris-Automat: OTC aus Hüffenhardt

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Berlin -

DocMorris hat den Automaten im baden-württembergischen Hüffenhardt wieder in Betrieb genommen. Allerdings werden derzeit nur nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel verkauft. Die Versandapotheke sieht sich rechtlich auf der sicheren Seite – und hat parallel Klage gegen das Verbot der Ausgabe von Rx-Medikamenten eingereicht.

DocMorris hatte am vergangenen Mittwoch den Automaten eröffnet, am Freitag verbot das Regierungspräsidium Karlsruhe die Ausgabe. Der Verkauf mit digitaler Beratung sei nicht von der Versandhandelserlaubnis umfasst, so die Begründung. Zusätzlich werde bei der Abgabe von Rx-Medikamenten bei der Prüfung der Rezepte am Terminal gegen Formvorschriften der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) verstoßen, die aus Gründen der Arzneimittelsicherheit von jeder Apotheke einzuhalten seien.

Am Montag hat die Versandapotheke beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage eingereicht. Damit wurde der Sofortvollzug im Rx-Bereich zwar nicht gestoppt. Laut Regierungspräsidium hat die Klage bis zu einer gerichtlichen Klärung aufschiebende Wirkung für OTC-Arzneimittel.

Nun muss die Klage der Aufsichtsbehörde zugestellt werden, danach müssen beide Parteien sich gegenüber dem Gericht erklären. Das Regierungspräsidium wird einem Sprecher zufolge in der Zwischenzeit vor Ort kontrollieren, ob tatsächlich nur OTC-Arzneimittel am Automaten abgegeben werden.

„Wir sehen unser Angebot nach wie vor als sinnvollen und gewünschten Beitrag zur Sicherung der Daseinsvorsorge in Hüffenhardt“, sagt DocMorris-Chef Olaf Heinrich. „Wir werden daher in Abstimmung mit der Gemeinde und dem Bürgermeister alle Schritte unternehmen, die für die vollständige Umsetzung unseres alternativen und digitalen Versorgungskonzeptes für die Hüffenhardter notwendig sind. Es ist vollkommen unverständlich, dass Gerichte über Innovationen entscheiden müssen, die zum Wohle der Menschen sind.“

In den Geschäftsräumen der 2015 geschlossenen Brunnen-Apotheke können sich Kunden per Videochat von pharmazeutischen Mitarbeitern in Heerlen beraten lassen. Optional konnte der Bildkontakt ausgeblendet werden. Die Apotheker und PTA am Sitz der Versandapotheke können Medikamente freigeben, die dann vom Automaten ausgegeben werden. Kontrolliert wird die Packung ebenfalls per Videoübertragung.

Vor Ort sind sogenannte „Welcome-Managerinnen“ präsent und stehen den Interessenten mit Rat und Tat zur Seite. Sie nehmen die Kunden in Empfang, zeigen ihnen die Beratungskabine und holen die erforderlichen Unterschriften für die Datenverarbeitung ein. Außerdem helfen sie am Kassenterminal.

Der Automat hat 8000 Lagerplätze, 500 Medikamente können gekühlt gelagert werden. Auch wenn nur ein schmales Sortiment für die Akutversorgung vorrätig gehalten werde, könnten die Rabattverträge bedient werden, so ein DocMorris-Sprecher. Nachgefüllt wird bei Bedarf, wer die Ware bringt, wollte der Sprecher nicht verraten. Auch zum Automaten wollte er keine Angaben machen; nach Information kommt der Kommissionierer von Riedl. Die Technik für die Telekommunikation kommt von der Telekom, die seit zwei Jahren auch den Livechat via Website unterstützt und auch beim Apothekenbus vor vier Jahren mit an Bord war.

Rechtlich sieht sich DocMorris auf der sicheren Seite. Man habe das Konzept prüfen lassen, so der Sprecher. Mehr über die Position will er nicht verraten; dass keine Rx-Boni gewährt werden, könnte ein Fingerzeig sein, dass es um mehr geht als eine „Spielart des Versandhandels“. Möglicherweise vertritt man in Heerlen den Standpunkt, dass die Abgabe vom Apotheker in den Niederlanden verantwortet wird und die Ausgabe wie ein Abholfach zu bewerten ist.

2010 hatte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) ein Abgabeterminal von Rowa mit dem Namen Visavia verboten, weil das Rezept im Moment der Abgabe nicht im Original vorlag und entsprechend nicht abgezeichnet werden konnte.

Bereits Anfang 2016 hatte sich DocMorris in den Geschäftsräumen der im März 2015 geschlossenen Brunnen-Apotheke eingemietet. Bürgermeister Walter Neff war bereits Ende 2014 von der Versandapotheke angesprochen und mit der Idee konfrontiert worden. Der ergriff die Chance, hatte keine Bedenken. Damals zeichneten sich die Probleme bei der Suche nach einem Nachfolger für die Apotheke im Ort ab. Eigentlich wollte DocMorris den mit Spannung erwarteten Arzneimittelautomaten bereits vor Weihnachten feierlich einweihen.

Auf Ablehnung stieß das Projekt im Vorfeld auch bei Gesundheitsministerin Katrin Altpeter (SPD) sowie deren Nachfolger Manfred Lucha (Bündnis 90/Die Grünen): „Im vorliegenden Fall ist eher die Gefährdung bestehender und funktionierender Strukturen zu befürchten“, ließ er schon im vergangenen Sommer ausrichten. Außerdem sah das Ministerium in Hüffenhardt keinen Versorgungsengpass.

Vor einem Jahr hatte die Kammer eine neue Rezeptsammelstelle genehmigt, die von zwei Apotheken aus den benachbarten Ortschaften betrieben wird. Der Briefkasten wurde nur 50 Meter entfernt vom DocMorris-Lokal installiert.

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