Start-up will größte Indoor-Produktion Europas aufbauen

Demecan: Cannabis vom ehemaligen Schlachthof Tobias Lau, 27.08.2020 08:00 Uhr

Große Ambitionen: Demecan hat einen ehemaligen Schlachthof vom kanadischen Cannabis-Konzern Walyand gekauft und will daraus die größte Indoor-Porduktionsanlage Europas machen. Foto: Demecan
Berlin - 

Demecan ist das einzige deutsche Unternehmen, das im Auftrag des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) medizinisches Cannabis für den hiesigen Markt anbauen darf. Nur eine eigene Anlage hatte das Berliner Start-up noch nicht. Das hat sich jetzt geändert: Demecan hat die Produktionsanlage des kanadischen Cannabiskonzerns Wayland gekauft.

Wo einst Schweine und Rinder zerteilt wurden, wächst künftig ein Kraut für deutsche Patienten: Demecan hat einen ehemaligen Schlachthof in der Nähe von Dresden gekauft. Die Berliner sind mit der Anlage bereits vertraut, bisher hatten sie sie in Teilen vom kanadischen Cannabiskonzern Wayland gemietet und Umbauten vorgenommen, um den hohen Sicherheits- und Qualitätsanforderungen an die Produktion von medizinischem Cannabis gerecht zu werden. Wayland wollte dort eigentlich Nutzhanf anbauen, ging aber Ende vergangenen Jahres pleite. Die Insolvenzverwalter versuchen seitdem, die Reste des Konzerns noch zu Geld zu machen – und Demecan hat einen Teil des Tafelsilbers abgegriffen.

Die 30.000 Quadratmeter große Betriebsstätte sei das wichtigste europäische Asset von Wayland gewesen, so das Unternehmen. Künftig werde es die größte Indoor-Cannabisproduktionsstätte Europas sein. Mit automatisierten Anbaumethoden sollen die Cannabispflanzen in der speziell für Betäubungsmittel hergerichteten und gesicherten Produktionshalle unter künstlicher Beleuchtung nach pharmazeutischen Produktstandards angebaut und weiterverarbeitet werden. Computergesteuerte Wachstumsbedingungen sollen dabei eine gleichmäßige Blütenqualität sicherstellen, sodass Qualitätsschwankungen ausgeschlossen werden.

„Die Produktionsstätte bietet den nötigen Raum für unseren weiteren Wachstumskurs“, sagt Demecan-Geschäftsführer Dr. Adrian Fischer. „Dort können wir nicht nur bei Bedarf schnell und effizient erhebliche Mehrmengen an Cannabisblüten produzieren und damit den gesamten deutschen Markt versorgen, sondern diese auch zu anderen Darreichungsformen, wie zum Beispiel Cannabisextrakten, weiterverarbeiten.“ Auch Forschung zu Einsatz und der Wirkung von medizinischem Cannabis sei in der Produktionsstätte möglich. „Damit wird die Anlage das Fundament, um zum führenden Hersteller von medizinischen Cannabisprodukten in Deutschland und Europa zu werden.”

Der mögliche Ausbau der Kapazitäten am Standort dürfte schon eingeplant sein. Denn es herrscht weitgehende Einigkeit, dass die vom BfArM ausgeschriebene Menge von 10,4 Tonnen Cannabis innerhalb von vier Jahren keineswegs ausreichen wird, um den deutschen Markt zu versorgen. Wie seine beiden Mitbewerber hofft deshalb auch Demecan darauf, dass die Menge künftig angehoben und damit näher an den realen Bedarf gebracht wird. „Wenn der politische Wille dafür besteht, die Bedarfsmenge zu erhöhen, steht Demecan bereit, um auch erheblich mehr medizinisches Cannabis zu produzieren und somit Deutschland unabhängiger von Importen zu machen sowie Arbeitsplätze zu sichern“, erklärte das Unternehmen bereits zuvor.

Vertrieben wird das deutsche Cannabis, das neben Demecan auch von den beiden kanadischen Konzernen Aphria und Aurora kommt, künftig von Cansativa. Vergangene Woche war bekannt geworden, dass der Cannabisgroßhändler aus Mörfelden-Walldorf bei Frankfurt am Main bei der Vertriebsausschreibung des BfArM den Zuschlag erhalten hat. Wie genau die Apotheken an die Ware kommen, steht noch nicht abschließend fest, Cansativa und das BfArM erarbeiten derzeit die Modalitäten für den Direktvertrieb. „Ich gehe davon aus, dass der Vertrieb an Apotheken problemfrei laufen wird. Wir werden unsere erprobten, seit über zwei Jahren eingespielten Abläufe bei Cansativa als Basis nehmen und diese für die Cannabisagentur entsprechend modifizieren“, erklärte Co-Geschäftsführer und Mitgründer Benedikt Sons dazu.

Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Geldnöte dürften indes nicht zu Demecans größten Problemen gehören. Mit dem BfArM-Zuschlag in der Tasche ein attraktives Investment, konnte das Start-up erst im Mai wieder einen Millionenbetrag einfahren. Seit Anfang des Jahres ist Demecan außerdem auch selbst im Cannabis-Großhandelsgeschäft vertreten, unter anderem mit Ware von Bedrocan und dem australischen Produzenten Little Green Pharma. Seit Anfang August vertreibt Demecan das Cannabis auch über einen eigenen Onlineshop direkt an die Apotheken.