Patentrecht

Ciclosporin: Kein Extraschutz für Augentropfen

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Berlin -

Die Zulassung eines bekannten Wirkstoffs in neuer Indikation und Darreichungsform genügt nicht, um einen erweiterten Patentschutz zu erhalten. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Fall von Ikervis (Ciclosporin) entschieden.

Ikervis ist seit März 2015 zur Behandlung schwerer Formen der Hornhautentzündung (Keratitis) bei Erwachsenen mit Augentrockenheit zugelassen, wenn Tränenersatz die Beschwerden nicht verbessert und Entzündung entstehen.

Der Wirkstoff Ciclosporin wird dagegen seit Jahrzehnten eingesetzt; erstmals kam 1983 Sandimmun auf den Markt. In flüssiger Form wird der Wirkstoff eingenommen zur Verhinderung von Abstoßungsreaktionen bei Organ- oder Knochenmarktransplantationen. Daneben gibt es weitere therapeutische Anwendungen, etwa die Behandlung der endogenen Uveitis, einer Entzündung der gesamten Uvea, eines zentralen Bereichs des Augapfels, oder eines Teils davon.

Auch wenn sich damit die Anwendung deutlich unterscheidet, lehnte das französische Patent- und Markenamt (Institut national de la propriété industrielle, INPI) den Antrag des Herstellers Santen auf Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats mit Verweis auf die bereits früher zugelassenen Präparate ab.

Der EuGH hatte zwar vor einigen Jahren entschieden, dass ein Schutzzertifikat erteilt werden kann, wenn ein Wirkstoff zuvor als Tierarzneimittel vermarket wurde. Im damaligen Fall ging es um Melatonin, das der Hersteller Neurim unter dem Namen Circadin exklusiv als Humanarzneimittel vermarkten wollte.

Doch im aktuellen Fall entschieden die Richter – unter Abwägung der verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten – anders. Am Ende wollten sie wohl vor allem sicherstellen, dass die Patentämter eine auf Unionsebene einheitliche Lösung umsetzen können: „Die Einführung einer Unterscheidung zwischen verschiedenen therapeutischen Verwendungen, ohne dass dieser Begriff in der Verordnung definiert wäre, könnte nämlich dazu führen, dass die nationalen Patentämter komplexe und divergierende Auslegungen der in dieser Vorschrift aufgestellten Voraussetzung vornehmen.“

Um die pharmazeutische Forschung zu stärken, kann – über den eigentlichen Patentschutz hinaus – ein ergänzendes Schutzzertifikat beantragt werden. Damit soll sichergestellt werden, dass das Patent, das ja bereits frühzeitig in der Entwicklung angemeldet werden muss, nicht abläuft, bevor das Medikament lange genug vermarktet wurde, um die Kosten zu amortisieren. Da gleichzeitig die Interessen des Gesundheitssystems berücksichtigt werden sollen, kann das Zertifikat nur für fünf Jahre erteilt werden; maximal darf ein Hersteller 15 Jahre Exklusivität ab der Zulassung erhalten.

Die Wirkung von Ciclosporin in der Opthalmologie beruht auf immunsupressiven Eigenschaften. Der Wirkstoff hemmt die T-Zell-vermittelten Reaktionen im Auge und erhöht somit die Tränenfilmstabilität. Die Einleitung der Therapie mit Ikveris muss unter Aufsicht eines Augenarztes erfolgen. Einmal täglich wird ein Tropfen in das betroffene Auge geträufelt. Die Anwendung erfolgt abends vor dem Schlafengehen. Auf das Tragen von Kontaktlinsen sollte für die Dauer der Erkrankung verzichtet werden. Der Inhalt einer Ophtiole reicht für beide Augen. Nach der Anwendung sollten Patienten ihre Augen für zwei Minuten schließen und einen nasolakrimalen Verschluss anwenden (Augeninnenwinkel mit den Fingern Richtung Nase zudrücken). Eine systemische Wirkstoffaufnahme und daraus resultierende Nebenwirkungen werden dadurch verringert. Einzeldosen sind nicht zur mehrmaligen Anwendung bestimmt, Restmengen sind zu entsorgen. Werden parallel weitere Augentropfen verwendet, so ist ein zeitlicher Abstand von mindestens 15 Minuten einzuhalten. Frauen im gebärfähigen Alter sollten während der Behandlung mit Ciclosporin eine wirksame Verhütungsmethode anwenden.

 

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