OTC gegen Merial

Boehringer tauscht mit Sanofi

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Berlin -

Boehringer Ingelheim und Sanofi tauschen zwei wichtige Geschäftsbereiche. Der deutsche Konzern tritt seine OTC-Sparte an die Franzosen ab und übernimmt im Gegenzug deren Veterinärsparte Merial. Offenbar war die Versuchung so groß, den Wachstumsbereich Tiergesundheit auszubauen, dass dafür auch die ebenso traditionsreiche wie ertragsstarke Selbstmedikation geopfert wurde.

Boehringer und Sanofi haben sich auf den groben Rahmen geeinigt und treten jetzt in die Verhandlungen ein. Der französische Konzern gibt seine Veterinärsparte Merial ab, die mit 11,4 Milliarden Euro bewertet wird. Boehringer überträgt im Gegenzug sein OTC-Geschäft im Wert von 6,7 Milliarden Euro und zahlt zusätzlich 4,7 Milliarden Euro.

Sanofi würde nach der Übernahme mit einem OTC-Umsatz von 5,1 Milliarden Euro die Nummer 1 im Teilmarkt Consumer Healthcare (CHC), das entspricht einem Marktanteil von 4,6 Prozent. Marktführer wäre der Konzern in den Bereichen Frauengesundheit und Verdauungspräparate, die Nummer 2 im Bereich Schmerzmittel. Mit Antiallergika käme Sanofi dann auf Rang 3, mit Erkältungsmitteln auf Rang 6. Vor allem in Deutschland und Japan schließt Sanofi nach eigenen Angaben mit dem Zukauf weiße Flecken.

Deutschland soll ein Kernzentrum für die CHC-Sparte von Sanofi werden. Insbesondere in den Bereichen Gastrointestinal sowie Husten- und Erkältungsmedikamente könne man von den „außerordentlichen Entwicklungsfähigkeiten“ der Boehringer-Teams profitieren. Sanofi wird nach eigenem Bekunden ein besonderes Augenmerk auf soziale Belange, Qualifikationen und Mitarbeiterbindung richten.

Boehringer wiederum würde mit Merial zum zweitgrößten Anbieter im weltweiten Markt für Tiergesundheit aufsteigen und könnte insbesondere im amerikanischen Markt zulegen. Der gemeinsame Umsatz läge 2015 pro forma bei rund 3,8 Milliarden Euro. Lyon soll zum Dreh- und Angelpunkt für den Bereich Tiergesundheit werden; Boehringer hat sich verpflichtet, die Geschäftstätigkeiten sowie F&E- und Produktionsstandorte vor Ort weiterzuführen. Auch hier soll ein besonderes Augenmerk auf soziale Belange, Qualifikationen und Mitarbeiterbindung gerichtet werden. Insgesamt hat Merial 18 Produktionsstandorte in neun Ländern.

Marktführer wäre Boehringer/Merial nach eigenen Angaben in den Bereichen Kleintiere, Schweine und Pferde, Nummer 3 bei Geflügel und Nummer 4 bei Wiederkäuern.

Weltweiter Marktführer ist die von Pfizer abgespaltene Firma Zoetis mit einem Umsatz von 4,8 Milliarden Dollar im Jahr 2014. Dahinter folgen derzeit Intervet (Merck) mit 3,5 Milliarden Dollar und Merial mit 2,1 Milliarden Euro. Sanofi und der US-Konzern hatten Merial 1997 gemeinsam gegründet, sich dann getrennt und nicht wieder zueinander gefunden. 2010 übernahm Merck mit Schering-Plough erneut eine Veterinärsparte. Boehringer erlöst mit entsprechenden Präparaten 1,1 Milliarden Euro. Weltweit werden jährlich mit Tierarzneimitteln und -impfstoffen mehr als 15 Milliarden Euro im Jahr umgesetzt.

Beide Konzerne rechnen damit, in den kommenden Monaten zu einer endgültigen Einigung zu kommen. Vorab sollen auch die Arbeitnehmervertretung eingebunden. Die Transaktion soll nach Einwilligung der zuständigen Behörden Ende 2016 abgeschlossen werden. Mit dem Barerlös will Sanofi eigene Aktien zurückkaufen.

„Die Konzentration auf unsere Kernkompetenzen und auf Geschäftsfelder, in denen wir bereits eine weltweit führende Rolle einnehmen oder sie erreichen können, ist für Boehringer Ingelheim von strategischer Priorität“, sagte Konzernchef Professor Dr. Dr. Andreas Barner. „Unser gemeinsames Geschäft für Tiergesundheit wäre für weiteres Wachstum hervorragend aufgestellt – damit würde ein weltweit führendes Unternehmen entstehen.“ Auf der anderen Seite könne Sanofi mit der CHC-Sparte von Boehringer sein volles Potential ausschöpfen.

Sanofi-Chef Oliver Brandicourt sieht den Beginn der Verhandlungen als zentralen Teil der „Roadmap 2020“, die Sanofi eine wettbewerbsfähige Position in den Bereichen verschaffen soll, in denen der Konzern führend sein kann. „Die Transaktion würde Sanofi ermöglichen, Weltmarktführer im attraktiven Bereich für nicht verschreibungspflichtige Medikamente zu werden und würde das Unternehmen um ein ergänzendes Portfolio mit hoch anerkannten Marken bereichern und damit mittel- und langfristige Wertschöpfung ermöglichen.“ Er sei zuversichtlich, dass Boehringer Merial zur Entwicklung des vollen Potentials im attraktiven und wettbewerbsintensiven Markt für Tiergesundheit führen werde.

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